Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
Presseinformation, 02.10.2025 | Beate Kittl | WSL News [1]
Vögel helfen bei der Schädlingsbekämpfung
Vögel in Städten können beim Kampf gegen invasive Insekten helfen - aber nur, wenn der Baumbestand genügend gross und möglichst einheimisch ist. Dies ergab eine Studie der Eidg. Forschungsanstalt WSL in Basel, Lugano und Zürich.
Die Zahl eingeschleppter Baumschädlinge nimmt rasant zu. Meistens tauchen sie zuerst in Städten auf, weil dort der Waren- und Personenverkehr am intensivsten ist. Von dort aus können sie sich in die natürliche Umgebung ausbreiten. Bei der Bekämpfung muss man somit als erstes hier ansetzen. Können insektenfressende Vögel hier helfen und so verhindern, dass sich die Schädlinge auch im Wald ausbreiten? Welche Bedingungen brauchen sie? Dies hat der WSL-Forscher Marco Basile in Zürich, Basel und Lugano untersucht. Denn der Flughafen Zürich, der Rheinhafen Basel und das Tessin wegen der benachbarten italienischen Poebene sind mögliche Einfallstore für eingeschleppte Arten.
Basile hat drei Standorttypen angeschaut: Städtische Parks und Friedhöfe, die dem Wald bezüglich Vogelvielfalt und -arten sehr ähnlich sind, Wohngebiete mit viel Grün und naturferne, verdichtete Stadtzentren. An diesen Orten hat er die Vögel bestimmt und gezählt. Ausserdem hat er die Jagdaktivität der insektenfressenden Vögel untersucht. Dazu verwendete er eine gängige Technik, nämlich Raupenattrappen aus Knetmasse, die an Bäumen und Büschen befestigt werden. Basile prüfte jeweils nach zehn Tagen, welche Tiere versucht hatten, die Raupen zu fressen. Vögelschnäbel, Nagetierzähne und Insektenspuren lassen sich gut unterscheiden.
Als Praxisbeispiel für invasive Insekten dienten ihm Rosskastanien und ein auf sie spezialisierter Kleinschmetterling, die Rosskastanienminiermotte. Diese frisst sich durch Kastanienblätter und hinterlässt dabei typische Frassgänge. Es ist bekannt, dass beispielsweise Meisen gut darin sind, die Raupen der aus dem Balkan stammenden Art aus dem Blatt zu picken. Basile untersuchte mehrere tausend Kastanienblätter darauf, ob Raupengänge vorhanden waren und ob Vögel die Raupen gefressen hatten.
Tatsächlich fanden Basile und seine Mitautoren eine höhere Vielfalt an insektenfressenden Vögeln in Gebieten mit höherer Baumkronenbedeckung. Dort wurden auch mehr Angriffe auf die künstlichen Raupen gezählt, berichten sie im Fachjournal Biological Conservation.[2] Dies traf aber nur zu, wenn der Anteil an einheimischen Bäumen hoch war, also Ahorn, Linde oder Schwarz-Erle. Bei der Jagd auf die Kastanienminiermotte spielte weniger die Baumbedeckung als die Raupendichte eine Rolle, um insektenfressende Vögel anzulocken. Das lässt sich damit erklären, dass Rosskastanien in Städten häufig einzeln oder in Reihen stehen und nicht in waldähnlichen Beständen.
Besonders spannend findet Basile das Ergebnis, ab welchem
Schwellenwert von Baumbedeckung genug Vögel da sind, damit sie als
Schädlingsbekämpfer wirksam sind. «Mit 30 Prozent Baumfläche haben wir
eine ziemlich hohe Vielfalt an insektenfressenden Vögeln», sagt
Basile. Dies deckt sich mit dem Richtwert von 30 Prozent
Baumbedeckung, der sich als Ziel in der Stadtentwicklung etabliert
hat. Dabei geht es um das menschliche Wohlbefinden und den
Hitzeschutz. In Schweizer Städten erreichen allerdings nur
Villenviertel mit grossen Gärten diese Schwelle. «Unsere Ergebnisse
zeigen nun, dass es auch der natürlichen Schädlingsbekämpfung
zugutekäme, wenn dieser Wert flächendeckend erreicht wird», sagt
Basile. Es würde schon viel bringen, die leeren Flächen rings um
Einzelbäume in Alleen mit Sträuchern zu bepflanzen.
Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten
Abbildungen der Originalpublikation:
• Hände halten ein Blatt der Rosskastanie mit braunen Flecken, im
Hintergrund weitere Blätter und eine Person in Jeans und gelber
Weste.
Die Rosskastanien-Miniermotte (Cameraria ohridella) ist ein invasiver
Schädling. (Foto: Lisa Bose)
• Mann mit gelber Warnweste nimmt Blattproben von Rosskastanien
an einem Baum in städtischer Umgebung mit Backsteingebäude im
Hintergrund.
Marco Basile nimmt Blattproben von Rosskastanien in Lugano. (Foto:
Lisa Bose)
• Grüne Knetmasse-Raupe auf einem Zweig mit grünen Blättern,
rechts ein Finger, der auf die Raupe zeigt.
Mit künstlichen Raupen aus Knete bestimmte der Forscher die
Jagdaktivität von Vögeln. (Foto: Lisa Bose)
• Hand hält eine grüne Raupe aus Knetmasse an einem Draht, im
Hintergrund eine durchsichtige Plastiktüte und reflektierende
Kleidung.
Frassspuren von Vögeln und Säugetieren auf einer künstlichen Raupe.
(Foto: Lisa Bose)
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Publikationen
Basile M., Augustinus B.A., Brockerhoff E.G. (2025) Urban tree canopy
cover over 30% and native trees enhance bird insectivory and tree
biosecurity. Biol. Conserv. 310, 111387 (9 pp.).
https://doi.org/10.1016/j.biocon.2025.111387
Institutional Repository DORA
https://www.dora.lib4ri.ch/wsl/islandora/object/wsl:41147
Links:
[1] https://www.wsl.ch/de/ueber-die-wsl/news/news/
[2] https://doi.org/10.1016/j.biocon.2025.111387
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Quelle:
Presseinformation vom 02.10.2025
Eidg. Forschungsanstalt WSL
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Tel.: +41 44-739 21 11
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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 10. Oktober 2025
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