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VITA/001: Die Violinistin Gudrun Schaumann (Guido Barth)


Ich liebe die Romantik, sie ist wie ein Rausch

Gudrun Schaumann ist Violinistin. Aktuell gibt es von ihr die Doppel-SACD "The Circle of Robert Schumann": mit Kompositionen von Robert und Clara Schumann, sowie Weggefährten. Die Künstlerin lebt vegan und orientiert sich rohköstlich.

Von Guido Barth, Mai 2011

Gudrun Schaumann - Foto: © Angela & Lutz Stoess

Gudrun Schaumann
Foto: © Angela & Lutz Stoess

Sie wuchs in Ost-Berlin auf, zu einer Zeit, als die Stadt noch geteilt war. Eines Nachts gelang der Familie eine aufsehenerregende Flucht über die Mauer nach West-Berlin. Ihr Weg führte sie später weiter in die USA, wo sie in New York mit einem Stipendium der "Studienstiftung des deutschen Volkes" eine musische Ausbildung erhielt. Augenblicklich lebt Gudrun Schaumann im Umkreis von München.

"Seit frühester Jugend war mir die Liebe zur Pflanzen- und Tierwelt und der "Einklang" mit der Schöpfung das höchste Anliegen."
Gudrun Schaumann im Mai 2011


"Leberwurstbrötchen habe ich schon im Kindergarten abgelehnt." "Intuitiv", wie sie sagt, denn sie habe damals noch gar nicht gewusst, woraus Leberwurst gemacht wird. Gudrun Schaumann war sechs, als sie erlebte, wie die Großmutter - im damaligen Ost-Berlin - das Grünfutter der "Weihnachtsgans" aus deren Magen holte. Sie floh aus der Küche und echauffierte sich: "Die Weihnachtsgans tut mir leid, die esse ich nicht." Wenn es Eier gab, sagte sie: "Da kommen die süßen Küken heraus, die esse ich auch nicht." Früh regte sich offenbar ihr Mitgefühl für die Tierwelt.

Sie ließ ihre Umwelt weiterhin ganz direkt wissen, was sie dachte. Etwas später wählte sie bei einer Mittagsmahlzeit mit Leber, Zwiebeln und Äpfeln, nur die Zwiebeln und Äpfel, dazu ein paar Kartoffeln. "Allein den Leber-Geruch fand ich zum Davonlaufen". Ihre Vorlieben wuchsen alle im Familiengarten in Berlin-Grünau, wo sie mit bestem Appetit die großen Stachelbeerbüsche leer futterte, "war da nichts mehr dran, habe ich, zum Schrecken meiner Eltern, auch den jungen Sauerkirschbaum geplündert", besonders gerne erinnere sie sich auch an die köstlichen Erdbeeren aus den riesigen Erdbeerbeeten.

Gudrun Schaumann - Foto: © Angela & Lutz Stoess

Gudrun Schaumann
Foto: © Angela & Lutz Stoess
Gudrun Schaumann bekam auch schon früh, bereits mit fünf Jahren, ihren ersten Violinunterricht, dazu kam Klavierunterricht und Kammermusik, Fecht-Unterricht an der Oper, sie schwamm, ging zur Leichtathletik und entdeckte ihre Passion für Schwebebalken, Stufenbarren und Ballett. "Meine Musikleidenschaft stand aber immer an erster Stelle - absolut". Dennoch hat sie außerhalb der Schulzeit viel Sport trainiert und auch dort in verschiedenen Disziplinen zahlreiche Auszeichnungen erhalten und Preise gewonnen.

"Ich bin so froh, dass meine Mutter ihrer Zeit weit voraus war". Sie habe nämlich nicht darauf bestanden, "dass ich esse, was auf den Tisch kommt", sondern sie habe damit begonnen, sich mit einschlägiger ernährungswissenschaftlicher Literatur zu beschäftigen, beschreibt Frau Schaumann diese Zeit. Von da ab habe sich die ganze Familie rein vegetarisch ernährt, mit größtem Genuss auch mit besonders viel Rohkost, betont die attraktive Geigerin. "Mein Vater war Solo-Oboist an der Oper in Ost-Berlin und meine Mutter war an der Kunstakademie ausgebildet - sie begann ohne Zögern im eigenen Garten biologisch anzubauen." Sie lacht: "Auf den schlichten Sandböden der Mark Brandenburg wuchs zu unser aller Erstaunen und Begeisterung einfach alles im Überfluss: Äpfel, Birnen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche, Kirschen, Kürbisse, Mandeln, Salate, Kartoffeln etc. etc. Ein wahres "Paradies", und das in der DDR."

"Von da an war das Frühstück mit Haferflocken, Nüssen und geriebenen Äpfeln aus dem eigenen Garten mein Lieblingsessen". Wegen der sehr langen Schulwege in Berlin mit der S-Bahn gab ihr ihre Mutter als Kind immer ein kleines Thermosgefäß mit gekochter Hirse, dazu ein Glas Apfelmus, Äpfel und Mandeln. "Das war mein 'Schulbrot'".


Gudrun Schaumann - Foto: © Angela & Lutz Stoess

Gudrun Schaumann
Foto: © Angela & Lutz Stoess
Die Musik führte Gudrun Schaumann nach New York, an die "Juilliard School of Music". Sie hatte sich für diese renommierte Musikhochschule ein Violin-Stipendium der "Studienstiftung des deutschen Volkes" erspielt und lebte mehrere Jahre in der Welt-Metropole. "Es war eine grandiose Zeit von Begegnungen mit bedeutenden Musikern". Heute ist die Musikerin als Kammermusikerin viel unterwegs: Als Ensemble- Spielerin im Duo, Trio und Streichquartett. In der Musik liege ihr besonders die Romantik, "sie kann wie ein Rausch sein"

Auf ihren Reisen versorgt sie sich am liebsten selbst. Dazu geht sie in Naturkostläden und recherchiert im Internet vegane oder vegetarische Imbisse und Restaurants. "Das ist nicht immer ganz einfach". Über die Jahre sei das Bio-Angebot in der Quantität, aber besonders auch in der Qualität, viel, viel besser geworden, freut sie sich. Auf die Frage nach ihrer alten Heimatstadt Berlin ruft sie: "Phantastisch, was es da heute alles gibt."


Weitere Informationen:
www.gudrunschaumann.de

Doppel-SACD:
"The Circle of Robert Schumann" bei dem Label CAPRICCIO/Wien
Kompositionen von Robert Schumann, seiner Frau Clara Schumann, von Woldemar Bargiel, dem Halbbruder von Clara, sowie des mit dem Ehepaar Schumann befreundeten bedeutendsten Geigers des 19. Jahrhundert, Joseph Joachim.


URL: http://www.vebu.de/menschen/interviews/939-ich-liebe-die-romantik-sie-ist-wie-ein-rausch


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Quelle:
© 2011 by Guido Barth
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2011