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SCHLUCKAUF/0101: Privilegien sichern jetzt - Nachtisch & Satire (SB)


Privilegien sichern jetzt


Der Vorsitzende des Verbandes deutscher Großunternehmer und Banken, Gierald Raffger, hielt beim Festbankett am vergangenen Samstag vor handverlesenem Publikum eine Rede, deren Manuskript nicht ganz zufällig in den Besitz der SCHLUCKAUF-Redaktion gelangte. Lesen Sie selbst (Kommentar überflüssig):

Sehr verehrte Damen und Herren,

keine Sorge, ich weiß, Sie sind hungrig, und ich werde mich kurz fassen. Wir, die deutsche Führungselite, haben den Atomausstieg durchgesetzt! Und zwar mit Blick auf ganz Europa. Unsere grünen Bürger, die glauben, ihre Menschenketten und Bahngleis-Besetzungen hätten das bewirkt, waren dabei mehr als hilfreich. Ich kann nur sagen: Weiter so!

Es hat sich schon viel geändert, seit wir uns darüber verständig haben, daß unsere wohlverdiente materielle Stellung nahezu vollständig ihren Wert einbüßt, sobald vom Lebensumfeld eine permanente Gesundheitsschädigung ausgeht. Zum Beispiel wurden die Weichen gestellt, um langfristig die Produktionsstätten von Atomstrom sowie die Atommüll-Endlager in weit entfernte Regionen der Erde zu verlagern. Die taktische Bezeichnung "Atomausstieg" für dieses Manöver hat sich bereits als sehr konstruktiv erwiesen.

Aber es muß noch mehr geschehen! Reichtum in Deutschland muß sich lohnen, wenn ich das einmal so direkt sagen darf. Und auch in Europa. Wenn Kapitalakkumulation keinen Sinn mehr macht, weil die Lebenssituation des Wohlhabenden sich aufgrund der allgemeinen Gesundheitsgefährdung im Lande qualitativ nicht mehr wesentlich von der des Nicht-Begüterten unterscheidet, hat der Kapitalismus als Hauptverursacher gesundheitsgefährdender Umweltbedingungen sich selbst abgeschafft. Das, meine Damen und Herren, kann niemand von uns wollen!

Erheben wir also unser Glas auf den erfolgreichen Erhalt der Umweltbedingungen, unter denen privilegierte Lebensentwürfe wie die unsrigen weiterhin realisierbar bleiben. Lassen wir die grünen Bürger unsere Arbeit tun. Damit wir nicht in die mißliche Lage geraten, mit Aristoteles Onassis seufzen zu müssen: "Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit sehr viel Geld." Das zu glauben, wollen wir weiterhin lieber den unbegüterten Bürgern überlassen. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, auf Ihr Wohl und, ja, nun endlich: Guten Appetit!

23. März 2012