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SCHLUCKAUF/0042: Soziale Nachhaltigkeit - Nachtisch & Satire (SB)


Soziale Nachhaltigkeit


Innenminister Schäuble und Familienministerin von der Leyen sind im Begriff, gemeinsam zu verbauern. Sie stehen auf dem Vorfeld einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung und stochern mit den Stiefelspitzen im sozialen Schlamm. Denn nicht zuletzt Jugendgewalt, Amokläufe, Mißhandlungen von Kindern durch die eigenen Eltern und wachsende allgemeine Rücksichtslosigkeit kündigen eine ernste Gefährdung künftiger Ernteerträge an. Experten des sozialen Landbaus wie die Berliner Sozialwissenschaftler Münkler und Wassermann sprechen von einem drohenden Verkümmern "sozialmoralischer Ressourcen" und einer "Erosion gesellschaftlicher Integration". Erosion, das wissen selbst Laien, führt zum Veröden der betroffenen Anbauflächen. Dann geht bald gar nichts mehr.

Um das zu verhindern, sichten Schäuble und von der Leyen die Furchen, wie gesagt, im Vorfeld, und furchen dann die Gesichter, das heißt sie denken über Abhilfe nach. Bauernschlau mutet es denn auch an, was sie dabei aus sich herausarbeiten: Düngen und Jäten! Düngen heißt konkret: Das Innenministerium fördert unter dem Titel "Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Prävention" Gruppen und Vereine, um das Wertesystem der Bevölkerung zu stärken. Jäten dagegen bedeutet, Unternehmungen wie das Leaking-Projekt der Uni Berlin zu unterstützen, das potentiell gewalttätige Jugendliche etwa anhand übermäßigem Konsum gewalthaltiger Medien und fehlenden sozialen Kompetenzen als Unkraut identifiziert. Zwecks Aussonderung. Jäten eben.

Schäuble und von der Leyen kehren schließlich, müde von der schweren Feldarbeit, in ihre Büros zurück. Auf dem Schreibtisch der Familienministerin stapeln sich Angebote von Düngemittelherstellern. Staatstragende Kinderkrippenpädagogik zum Beispiel. Auf dem Schreibtisch des Innenministers dagegen haufenweise Prospekte über Unkrautvernichtungsmittel. Boot Camps, Kinderstrafanstalten. Das alles will sorgfältig durchgeackert sein. Damit auch morgen die Reichen noch ernten - nein, Quatsch, andersherum - damit auch morgen die Ernten noch reichen werden. Unseren Ministern sei Dank.

13. Mai 2009