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TOURTIP/893: Das Murnauer Moos in Bayern (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 5/2008

Das Murnauer Moos in Bayern
Moor- und Wiesenvögel im Voralpenraum

Von Thomas Brandt, Cordula Jülch und Kilian Wasmer


Das Murnauer Moos liegt im voralpinen Moor- und Hügelland nördlich des Estergebirges. Es ist eines der größten zusammenhängenden, noch weitgehend unzerstörten Moorgebiete Mitteleuropas. Nach der Eiszeit entstanden aus postglazialen Seen durch Vermoorungsprozesse Moore mit einer bis zu 18 m hohen Torfauflage, so auch das Murnauer Moos. Das früher sehr nasse Gebiet wurde zunehmend entwässert und kultiviert, zunächst als gemeinschaftliche Viehweide, später - ab dem 16. Jahrhundert - als Streuwiesen. Auf den mäßig nassen Standorten konnten sich bis heute Tier- und Pflanzenarten halten, die andernorts durch eine intensive Nutzung verschwunden sind. 1980 wurden 2355 ha des rund 4200 ha großen Moores als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Heute ist das Murnauer Moos außerdem als "Natura 2000"-Gebiet gemeldet. Zur Finanzierung notwendiger Naturschutzmaßnahmen hat der Landkreis Garmisch-Partenkirchen mit Fördermitteln von Bund und Bayerischem Naturschutzfond zwischen 1992 und 2003 das Naturschutzgroßprojekt "Murnauer Moos, Moore westlich des Staffelsees" durchgeführt. Seit 2004 wird das Projekt vom Amt für Ländliche Entwicklung München gefördert. Zur Gebietssicherung werden noch heute Flächen angekauft.

Lebensräume

Im Gebiet liegen verschiedene Offenlandtypen. Wichtige Vogellebensräume sind die Streuwiesen, deren Gras als Stalleinstreu genutzt wird. Vegetationstypen sind Steifseggenriede und Nasswiesen mit Trollblumen, Fieberklee, Sibirischen Schwertlilien, Karlszepter und verschiedenen Orchideen. Auf den etwas trockeneren Standorten wachsen auf Mineralböden Pfeifengraswiesen. Länger ungenutzte Wiesen entwickeln sich zu Röhrichten. An vielen Stellen wachsen einzelne Büsche und Gebüschgruppen. Die Landschaft ist von kleineren Bächen und Gräben durchzogen.

Auf einem bewaldeten Höhenrücken im Süden des Gebietes liegt das Hochmoor, der Lange Filz. In dessen entwässerten Teilbereichen wachsen Bergkiefern, in den naturnahen Rauschbeeren und Heidelbeeren. Im weitgehend baumfreien Zentralbereich kann man Hochmoorpflanzen wie Torfmoose, Sonnentau oder Rosmarinheide sehen. Für eine typische Moorvogelfauna, wie man sie aus dem Nordwesten Deutschlands kennt, ist das Hochmoor allerdings zu klein.

Besondere Vogelarten

Das Murnauer Moos ist eines der wichtigsten Wiesenvogelgebiete Bayerns. Wiesenvögel kommen allerdings heute auch hier nur noch in Restbeständen vor. Die Bestände einiger typischer Moorvogelarten, wie z. B. des Birkhuhns und der Rohrdommel, sind heute erloschen. Aktuell brüten ein bis zwei Paare des Großen Brachvogels und rund 30 Bekassinenpaare. Die Streuwiesen beherbergen den größten Wachtelkönigbestand Bayerns. 2007 stellten Ornithologen 16 rufende Männchen fest. In den grünlandbetonten Bereichen brüten vereinzelt Wiesenschafstelzen, Braun- und Schwarzkehlchen. Außerdem kann man in den Wiesen Wachteln hören. In Flächen, die mit Schilf und Stauden bewachsen sind, brüten Sumpf- und Teichrohrsänger sowie Rohrammern. Eine Besonderheit der locker mit Weidengebüschen und Erlen bestandenen Wiesen sind die Karmingimpel, von denen jährlich einige Reviere besetzt werden. Am Rundweg im Nordteil sangen beispielsweise im Juni 2007 zwischen Parkplatz und Abzweig an der Holzbrücke mindestens vier Männchen. In den Hecken und Gebüschen am Rande des Gebietes trifft man typische Gehölzbewohner an, wie z. B. Neuntöter, Gelbspötter, Baumpieper, Garten- und Mönchsgrasmücken. Hier ist es mit viel Glück möglich, einen Weißrückenspecht zu beobachten. Die Art hat an dieser Stelle einen der wenigen außeralpinen Brutplätze. 2007 konnte ein Paar mit zwei flüggen Jungvögeln beobachtet werden. Regelmäßig, wenn auch nur vereinzelt, kann man Rotfußfalken und Schlangenadler im Murnauer Moos sehen.

Reisezeit

Das Gebiet ist vor allem im Spätfrühling und im Frühsommer ein gutes Ziel für Vogelbeobachter. Zwischen Ende April und Ende Juni/Anfang Juli kann man mit Rotfußfalken und Schlangenadlern rechnen. Ab Anfang Mai sind die ersten Wachteln und Wachtelkönige aus den Wiesen zu hören. Mitte Mai treffen die Karmingimpel aus ihren südostasiatischen Winterquartieren ein. Sie bleiben allerdings nur bis Ende Juli. Bis dahin kann man ihren Gesang hören, der im Laufe ihrer Anwesenheit allerdings in seiner Häufigkeit abnimmt. Ab Juli wird es erheblich ruhiger im Moos. Im Winter wird man den einen oder anderen Raubwürger oder eine Kornweihe sehen.

Beobachtungsmöglichkeiten

Einen guten Überblick bekommt man vom Moorrand im Norden des Murnauer Mooses. Am besten fährt man - egal ob mit Auto oder Rad - zunächst den gebührenpflichtigen Parkplatz in Murnau am Nordrand des Gebietes an (Beschilderung zum Gasthof Ähndl folgen). Am Parkplatz informieren mehrere sehr gute Stelltafeln über die Entstehung des Moores, über die vorhandenen Lebensräume und den Gebietsschutz. Von hier aus kann man dem Weg zu Fuß folgen oder bis zum Gasthof Ähndl (Donnerstag ist Ruhetag) weiterfahren. Der Parkplatz dort ist allerdings den Gästen vorbehalten. Zur Gaststätte gehört ein kleiner Spielplatz. Gleich daneben steht die kleine und sehenswerte Ramsachkirche, die schon im Jahr 750 geweiht wurde und die älteste Kirche der Gegend ist. An ihrem Fuß beginnt der Moosweg Nr. 5, ein 12,5 km langer Rundwanderweg. Er ist einfach zu begehen, hat keine nennenswerten Steigungen und führt - anfangs entlang des Baches Ramsach - durch die wichtigsten Lebensräume im Moor. Am gut ausgeschilderten Wanderweg stehen ausreichend Bänke für Verschnaufpausen zur Verfügung. Nach rund 3,5 km biegt der Rundweg rechts über eine kleine Holzbrücke ab. Bis hierhin hat man die wichtigsten Lebensräume gesehen und zur geeigneten Jahreszeit vermutlich den einen oder anderen Wachtelkönig (auch tagsüber) gehört. Es ist selbstverständlich verboten, Vögel mit Klangattrappen anzulocken und damit zu stören. Falls man nicht umdrehen und den selben Weg zurückgehen möchte, folgt man diesem durch einen Fichtenforst und dann durch den Langen Filz, ein weitgehend intaktes Hochmoor, oder östlich daran vorbei. Der Weg durch das Hochmoor ist für Räder gesperrt. Schließlich führt der Weg über die Ortschaft Westried (rechts halten) zum Gasthof Ähndl und damit zum Ausgangsort zurück.

An der Holzbrücke geradeaus, haltend durchquert man weitere Streuwiesen. Dann folgt man dem Weg, der am Rand des Fichtenwaldes vorbeiführt, und geht entlang der Verbindungsstraße zwischen Westried und Grafenaschau (an der Straße rechts halten) über Westried zurück. Einen guten Zugang zum südlichen Teil des Gebietes hat man vom Segelflugplatz aus (siehe Anfahrtsbeschreibung). Hier sind mit etwas Glück Große Brachvögel und Bekassinen zu sehen. Natürlich ist es für Vogelbeobachter selbstverständlich, auf den ungesperrten Wegen zu bleiben.

Weitere Beobachtungs- und Freizeitmöglichkeiten

Westlich von Murnau liegt der Staffelsee mit zahlreichen Camping- und Freizeitmöglichkeiten (Baden, Boot fahren etc.). Geeignete Beobachtungsziele für Vogelbeobachter in der Nähe sind die Alpen, die man von Murnau aus am einfachsten über Garmisch-Partenkirchen (30 km südlich, s. FALKE 2008, H. 3) erreicht sowie der nahegelegene Starnberger See (30 km nördlich, s. FALKE 2007, H. 10) und der Ammersee (ca. 50 km nordwestlich). Vor allem Garmisch-Partenkirchen bietet interessante Ziele für Vogelbeobachter mit einer in Deutschland einzigartigen Vogelfauna und als bedeutende Urlaubsregion außerdem eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten.


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Infomaterial/Literatur:

Bezzel, E., I. Geiersberg, G. v. Lossow & R. Pfeifer (2005): Brutvögel in Bayern. Verbreitung 1996 - 1999. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

Lindeiner, A. v. (2004): Important Bird Areas (IBAs) in Bayern. Hrsg. und Bezug: Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.

Moning. C. & C. Wagner (2005): Vögel beobachten in Süddeutschland. Kosmos, Stuttgart.

Schäffer, N. & S. Münch (1993): Untersuchungen zur Habitatwahl und Brutbiologie des Wachtelkönigs Crex crex im Murnauer Moos/Oberbayern. Die Vogelwelt 114: 55-72.

Wandern im Murnauer Moor. Wanderkarte.


Anfahrt:

Mit Bahn und Bus:
Murnau hat einen Bahnhof. Von hier aus sind es etwa 3 km bis zum Gasthof Ähndl. Ein weiterer Bahnhof liegt in Westried (ca. 6 km westlich Murnau). Von hier aus kann man nach Murnau zurückfahren, wenn einem der Rundweg zu lang ist.

Mit dem Auto:
Um mit dem PKW in das Gebiet zu gelangen, verlässt man die Autobahn 95 über die Abfahrt Murnau/Kochel in Richtung Murnau. Dann folgt man der B2 in Richtung Garmisch-Partenkirchen. Am Ortsende biegt man nach rechts auf eine kleinere einspurige Straße ab. Die Gaststätte Ähndl ist hier bereits ausgeschildert (weißes Schild). Man fährt an Wohnhäusern vorbei und hält sich nach 250 m rechts (immer noch Richtung Ähndl) bis der Parkplatz mit den Infoschildern erreicht ist. Wenn man diesen passiert (Anliegerverkehr frei), gelangt man nach 300 m zu der Gaststätte, an welcher der Rundweg beginnt.

Als weiteren Ausgangspunkt bietet sich der Segelflugplatz an, den man entweder ebenfalls über die B2 erreicht (unter der Autobahn hindurch und kurz danach rechts, der Beschilderung folgen) oder über die Autobahnausfahrt 11, Eschenlohe. Von dort fährt man über die B2 ca. 3 km nach Norden und biegt vor der Autobahnunterführung nach links ab.

Mit dem Fahrrad:
Das Murnauer Moos ist von Markt Murnau leicht mit dem Rad zu erreichen. Der breite, geschotterte Rundweg (Moosweg Nr. 5) durch das Murnauer Moos ist mit dem Fahrrad gut zu befahren.


Adressen

Unterkünfte, auch mehrere Campingplätze, und Gastronomie findet man u. a. in Markt Murnau (ca. 11500 Einwohner) und natürlich auch in den angrenzenden Gemeinden. Da das Murnauer Moos nur rund 30km von Garmisch-Partenkirchen entfernt ist, kann man einen Besuch im Gebiet auch mit einem Alpenurlaub verbinden.

Tourist Information Murnau
Kohlgruberstraße 1, 82418 Murnau;
Tel. 08841/61410, E-Mail: touristinformation@murnau.de
Internet: www.murnau.de; www.dasblaueland.de

Über das Touristenbüro werden auch regelmäßige Führungen angeboten.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 5/2008
55. Jahrgang, Mai 2008, S. 165-168
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,60 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 47,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2008