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LAIRE/154: Extra 6 - Der dritte Goratschin (SB)


Der dritte Goratschin

Perry Rhodan Sonderheft Extra Nr. 6


Iwan Iwanowitsch Goratschin, der Doppelkopfmutant mit der Fähigkeit, Kohlenstoff- und Calciumatome miteinander reagieren und zur Explosion bringen zu lassen, steht im Mittelpunkt des neuen Extra-Sonderhefts der Perryversums. Im Romanteil der mittlerweile sechsten Ausgabe läßt der Autor Wim Vandemaan Goratschin aus einer winzigen Zellprobe neu entstehen - ein Experiment der geschäftstüchtigen und medizinisch hochbegabten Aras -, und in einer als CD beiliegenden vertonten Novelle von Frank Borsch wird der "Zünder" zu einem anderen Planeten gelockt, wo er seine besonderen Fähigkeiten einsetzen soll.

Vandemaan, der schon bei früherer Gelegenheit bewiesen hat, daß es ihm an Ideen für seine Haupt- und Nebenfiguren nicht mangelt, verlegt den Handlungsort diesmal auf den Planeten Venus, der ebenso wie die Erde durch den Kristallschirm gegenüber den Belagerern der Kolonne TRAITOR geschützt ist. Aber wie lange noch, fragen sich die auf der Venus wohnenden Aras, die von ihrer Heimat auf unabsehbare Zeit abgeschnitten sind. Da hat der Ara Paspatern eine vermeintlich geniale Idee. Mit Hilfe der medizinischen Einrichtungen seines Vaters und einem schlagkräftigen Team, zu dem auch drei Mitglieder des Volks der Báalol gehören - sie werden auch Antis genannt, weil sie paranormale Kräfte eindämmen können -, wird aus einer gewiß nicht ganz legal besorgten Zellprobe der Mutant Goratschin geklont.

Wie das berühmte Ungeheuer, das in Mary Shelleys Roman "Frankenstein oder der neue Prometheus" von einem ehrgeizigen Forscher in einem Akt menschlicher Hybris geschaffen wurde, seine Mitwelt zunächst im doppelten Sinne begreifen lernt, so muß sich auch der Goratschin-Klon erst noch zurechtfinden. Ihm war zwar mit großem Erfolg als sein wichtigster Daseinszweck der Schutz der Solaren Residenz vor den finsteren Mächten der Kolonne TRAITOR in die Wiege gelegt worden - die besitzt in diesem Fall Form und Inhalt eines Nährtanks -, alles andere geht jedoch gehörig schief. So wie sich Frankensteins Ungeheuer gegen seinen Schöpfer und dessen nächsten Verwandten wendet, so setzt auch der Goratschin-Klon seine übermäßige Kraft gegen jene ein, die ihn ins Leben gerissen haben. Einen Ort der Verwüstung hinterlassend flieht der Doppelkopfmutant von der Venus, erreicht die Erde und macht dort von seinen Kräften weiter reichlich Gebrauch ...

Die Novelle "Brüder" des Freiburger Autors Frank Borsch, der vor einiger Zeit aus der Perry-Rhodan-Serie ausgestiegen ist, handelt ebenfalls von der Figur Iwan Iwanowitsch Goratschin. Auch in diesem Fall fühlt man sich an den Frankenstein-Mythos erinnert, wenngleich hinsichtlich eines anderen, etwas feinsinnigeren Aspekts als den der rohen Durchsetzungskraft. Ähnlich wie Shelleys Ungeheuer, bevor es zum Mörder wurde, eigentlich nichts sehnlicher wünschte als ein bißchen Nähe, wurde es von den Menschen aufgrund seines Äußeren, also allein aufgrund von Äußerlichkeiten zurückgewiesen und davongejagt. Ein ähnliches Problem hat auch Goratschin, den Frank Borsch in Ich-Form erzählen läßt und der damit seine innersten Gedanken über jene preisgibt, die ihm tagtäglich begegnen. Auch ihn betrachten die Menschen als häßlich und gehen auf Distanz - von "verjagen" kann in diesem Fall selbstverständlich keine Rede sein.

Die tragische Figur des Iwan Iwanowitsch Goratschin wird von Borsch durchaus glaubwürdig gezeichnet, wenn sie sich von einer jungen Frau namens Alison Saunders, die den Mutanten mit einem aufgeschlossenen Lächeln auf den Lippen und unverstelltem Blick aufsucht, für eine Aufgabe erwärmen läßt, von der schnell klar wird, daß sie nicht gelöst werden kann. Goratschin soll auf der 21.000 Lichtjahre von der Erde entfernten Extremwelt Amur den toten Bruder der jungen Frau aufwecken.

Die Jahreszeiten auf diesem Planeten dauern Jahrtausende, gegenwärtig liegt er unter einer Eisschicht. Die amurische Gesellschaft ist tief gespalten in die Mitglieder der ersten und zweiten Siedlergeneration, die sich von konvertierter Kohle aus dem Innern des Planeten ernähren, und die der dritten Generation, die dazu übergegangen sind, Gras zu verzehren. Das wächst in den Sommerjahrtausenden und wird im Eis konserviert.

Iwan und Iwanowitsch - übrigens trefflich vorr-gä-läsen von Joseph Tratnik -, empfinden es als zunehmend unerträglich, daß sie es nicht übers Herz bringen, Alison Saunders die Wahrheit zu sagen. Von ihren Gefühlen hin und her gerissen, merken sie nicht, daß sie längst im Begriff sind, sich von fremden Interessen einspannen zu lassen. Das Unheil nimmt seinen Lauf, der Doppelkopfmutant wendet seine Parakräfte an und tötet ...

Auch hier sparen wir uns nähere Einzelheiten, denn der Ausgang von Borschs Novelle sollte ebensowenig vorweggenommen werden wie der von Wandemaans Roman. Dieser enthält noch den achtseitigen, farbigen Magazinteil "Fast wie Menschen" mit Illustrationen von Dirk Schultz und Texten von Klaus N. Frick über die vier Fremdvölker Arkoniden, Aras, Topsider und Magadu. Das wirkt ein wenig hinzugestückelt, vielleicht weil es keinen direkten Zusammenhang zur Goratschin-Figur gibt.

Zwar besteht das Verkaufskonzept von "Wundertüten", um die es sich bei den Extra-Sonderheften zweifellos handelt, darin, daß sie absichtlich spannende und weniger spannende Dinge enthalten. Aber Roman und Novelle haben es gar nicht nötig, durch den weniger spannenden Magazinteil eine Aufwertung zu erfahren. Dieser hätte den beiden als eigenständiges Produkt in nichts nachstehen müssen, wenn er sich beispielsweise inhaltlich ebenfalls mit der Figur des Goratschin befaßt hätte. Sicherlich keine neue Idee, aber immer wieder reizvoll ist es, wenn dort der Illustrator die Entstehung des Covers, das ein Porträt Goratschins zeigt, oder den Zünder und weitere Mitstreiter des Mutantenkorps präsentiert hätte. Ungeachtet dessen bleibt abschließend festzustellen, daß das neue Extra-Sonderheft nicht zuviel verspricht und sowohl Lese- als auch Hörvergnügen bereitet.

Perry Rhodan Extra Nr. 6
Der Dritte Goratschin
Pabel-Moewig Verlag, Rastatt 2008

Perry Rhodan CD exklusiv
Frank Borsch: Brüder
vorgelesen von Joseph Tratnik
Hallo! Eins A Medien, Köln
Pabel Moewig-Verlag, Rastatt

18. März 2008