Schattenblick →INFOPOOL →UNTERHALTUNG → KOCHEN

TIPS/049: "Cerealien" - Werbe-Clou oder echte Fitmacher? (SB)


"Cerealien" - Werbe-Clou oder echte Fitmacher?



Kinder preisen sie altklug im Fernsehen an, und auch viele Erwachsene schwören auf die "Gesundheitskost" par excellence: Cerealien. Ein Modewort, das aus dem schokoladenummantelten Müsliriegel als Pausensnack ebenso wie aus den caramelisierten Knusperflocken zum Frühstück die reinsten Fitmacher macht - jedenfalls, sofern man der Werbung glaubt. Dabei haben die findigen Werbeleute noch nicht einmal gelogen. Denn selbstverständlich sind darin neben anderen Zutaten auch die geschickt in Szene gesetzten Cerealien. In "Cornflakes mit wertvollen Cerealien" sogar gleich doppelt verbalisiert, denn Korn und Cerealien sind nichts Verschiedenes, nämlich Getreide.

Abgeguckt hat man sich den Begriff von unseren britischen Nachbarn, wo ein leichter Frühstücksimbiß in Form von Getreideprodukten und Halmfrüchten seit je unter dem Begriff "Cereals" zusammengefaßt wurde. "Roasted cereal flakes" beispielsweise heißen dort die Getreideknusperflocken. Der Begriff selber leitet sich ab von "Ceres", der altrömischen Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit.

Mit den auf der Packung von Smacks, Pops, Crisps, Puffs & Co vor Lebensfreude und Vitalität strotzenden Menschen assoziiert der Konsument eine Nährstoffzufuhr auf wenig belastende Weise. Ob der Inhalt tatsächlich der Gesundheit dient, ist allerdings fraglich. Zwar werden Frühstückscerealien aus Getreide, also in erster Linie Roggen, Weizen, Gerste, Hafer und Mais, hergestellt. Doch meist wird nur geschältes Getreide verwendet, das alles Wertvolle vom Korn verloren hat: den Keimling und die Randschichten. Im Gegensatz zu den im herkömmlichen Müsli reichlich vorhandenen Nähr- und Ballaststoffen sind diese "Kunstprodukte" oft mit zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen angereichert - und für den Geschmack nicht selten mit Farbstoffen, Zucker oder Zuckerersatzstoffen. Schließlich ist besonders das Bunte, Süße dasjenige, was Kinder an den sonst geschmacklich wie optisch langweilig anmutenden Getreideflocken interessant finden.

Fazit: Der Hype um "Cerealien" erweist sich als Seifenblase, denn einmal abgesehen von modernisierten Herstellungsverfahren und Anreicherungen bleibt es doch immer das gleiche Getreide, das auch hierzulande von alters her als Brot, Müsli oder Brei gegessen wird. Mit diesem Namen wurde Altbewährtes ein wenig entstaubt dem Weltbild der modernen, auf effizente, zeitsparsame Nahrungfsaufnahme ausgerichteten Generation angepaßt.

Zwar müssen Cerealien nicht pauschal verdammt werden, doch die an sie geküpften hohen Erwartungen erfüllen sie nicht. Das meiste der unter diesem Titel verkauften Ware sollte aufgrund eines Zuckergehalts von 25, manchmal sogar 50 Prozent besser den Stellenwert einer Süßigkeit zwischendurch einnehmen. Zudem hat gerade das, was die Frühstückscerealien so praktisch macht, nämlich in aller Eile den Packungsinhalt in ein Schälchen zu füllen, Milch drauf und fertig, noch eine weitere negative Seite: Es wird hektisch heruntergeschlungen, was dem Wohlbefinden auch nicht unbedingt zuträglich ist. Wie anregend und wohltuend hingegen kann es sein, sich am Morgen (vielleicht mit Gleichgesinnten) mit einem Messer und Schneidebrett zu bewaffnen und aus frischem Obst, Milch, Nüssen und echten Getreideflocken ein schmackhaftes Frühstückserlebnis zuzubereiten...

Müsli - ein leckerer Start in den Tag - Foto: © 2012 by Schattenblick

Foto: © 2012 by Schattenblick

2. November 2012