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MÄRCHENKOCH - SUPPE/002: Champignon-Cremesuppe (SB)


DIE DIENSTMAUS


Es war einmal eine kleine, furchtsame Maus. Die Hauskatze machte ihr das Leben sauer und sie mußte schuften und sich plagen und dazu noch ständig auf der Hut sein, daß sie nicht selbst in den Suppentopf kam. Zu Essen gab es nicht viel, und was es gab, verbrauchte die Katze für sich selbst und ihre Sippschaft. Die arme Maus mußte sehen, wo sie blieb.

Da begab es sich, daß der kleinen Maus der Fuchs begegnete, der gerade im Hühnerstall nach dem Rechten sehen wollte. Die Maus wußte sehr wohl, daß der Fuchs nicht gut auf die Katze zu sprechen war, und so klagte sie ihm ihr Leid.

"Dem läßt sich abhelfen", erwiderte der Fuchs und musterte das magere Mäuslein ganz eindringlich. "Komm mit in meinen Bau und tritt in meine Dienste, dann sollst du es besser haben." Freudig willigte die Maus ein und packte ihre wenigen Habseligkeiten zusammen, um fortan dem Fuchs zu dienen. Der Fuchs übertrug ihr das Putzen und das Staubwischen im Fuchsbau sowie das Kochen und das Auftragen der Speisen.

Die Maus bekam im Haushalt des Fuchses, der recht wohlhabend war, immer reichlich zu Essen und war bald fett und rund wie nie zuvor. Auch ihre Furchtsamkeit hatte sie abgelegt und war keck und vorwitzig geworden. Wenn sie die Katze hungrig am Fuchsbau vorüberschleichen sah, um ein paar übriggebliebene Bissen zu erbetteln, lugte sie aus irgendeinem Loch hervor und rief: "Sieh an, sieh an, die Bettelkatz'. Wie doch der Hunger manch einem den Charakter verdirbt!" Und dann strich sie sich über ihr rundes Bäuchlein und freute sich, es im Leben so gut getroffen zu haben.


*


Eines Abends, es war kurz vor Frühlingsanfang und auch im Fuchsbau die magerste Zeit im Jahr, sollte die Maus für den Fuchs eine gute Suppe kochen. Sie zündete das Feuer im Herd an, setzte die Brühe auf, tat frische Pilze hinein, die sie in einer abgelegenen Kammer des Fuchsbaus selbst gezogen hatte, und goß zum Schluß noch ein Mäßchen dicke Sahne dazu. Nur Speck gab es keinen mehr, aber der Maus kam die Suppe trotzdem köstlich vor.

Als sie den Topf mit der heißen Suppe in das Eßzimmer schleppte, saß der Fuchs schon da und wartete. Er betrachtete seine fette Dienstmaus wohlgefällig und sagte in vertraulichem Tonfall zu ihr: "Du siehst, wie klug es war, der hungerleidenden Katze den Dienst aufzukündigen. Bei ihr hättest du schon lange nichts mehr zu Beißen gehabt."

"Wenn ich nicht vor Hunger umgekommen wär', hätte sich der gierige Patron am Ende noch über mich selbst hergemacht", gab die Dienstmaus zurück und lachte über ihren eigenen Vorwitz. Der Fuchs bedachte sie mit einem nachdenklichen Blick, dann wandte er sich hungrig seiner Suppe zu. Er rührte ein paarmal um und sagte mit enttäuschter Miene: "Da ist ja heute gar kein Speck drin." Die Dienstmaus zuckte arglos die Achseln. "Was macht das schon, es kommen bald wieder bessere Zeiten, und schmecken tut sie trotzdem fein."

"Du wirst mich schon über das Ärgste hinwegtrösten", entgegnete der Fuchs darauf mit plötzlich aufleuchtendem Blick, packte die Dienstmaus und verschlang sie mit Haut und Haar. Denn nicht jeder kommt leicht darüber hinweg, wenn kein Speck in der Suppe ist.


*


CHAMPIGNON-CREMESUPPE
(Zutaten für 3 Personen)

500 g Champignons
1 mittelgroße Zwiebel, fein gewürfelt
750 ml Brühe
125 ml Sahne
60 g Butter
Pfeffer
Salz
(evtl. 2 EL Schinkenspeck-Würfel zum Garnieren)


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Die Champignons abbrausen und weichgewordene oder verfärbte Stellen wegschneiden. Die Champignons in Scheiben schneiden.

Die Zwiebelwürfel in Butter glasig dünsten, die Champignons hinzufügen, leicht pfeffern und salzen und beides zusammen noch etwa 5 Minuten weiterdünsten.

Die Champignons mit ein wenig Brühe im Mixer pürieren.

Die Sahne und die restliche Brühe mit den pürierten Champignons in einen Topf geben, gut umrühren und erhitzen. Zum Schluß noch einmal mit Pfeffer und Salz abschmecken.

Wer mag, brät die Schinkenspeck-Würfel in einer Pfanne, bis sie knusprig sind und streut sie kurz vor dem Servieren auf die Suppe.

(Die Champignon-Cremesuppe mit frischem Weißbrot oder mit Reis servieren.)


Erstveröffentlichung am 10.01.1997

4. Mai 2007