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MÄRCHENKOCH - FLEISCH/001: Hähnchen unter der Käsedecke (SB)


DER STALLBURSCHE UND DIE BÖSE KÖNIGIN


Es lebte einmal eine Königin, die war böse und herrschsüchtig. Nur wenn der König in ihrer Nähe war, gab sie sich gütig und verständnisvoll. Aber sobald er ihr den Rücken zudrehte, hatten die Bediensteten im Schloß nichts mehr zu lachen. Jeder mußte rennen und springen, wie sie es befahl, und wenn es ihr nicht schnell genug ging, ließ sie die Peitsche auf dem Rücken der Leute tanzen. Wenn gar einem Schneider durch eine Ungeschicklichkeit ein Kleid verdarb oder einer Köchin das Essen nicht gelang, so ließ sie ihnen mit dem glühenden Schürhaken ein Zeichen in die Haut brennen.


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Es begab sich nun, daß ein Stallbursche zu dem Schloß kam, um in die Dienste des Königs zu treten. Als er beim Torwächter Einlaß begehrte, nahm der gutmütige Mann ihn beiseite und sprach: "Kannst du dich nicht anderswo verdingen, Bursche? Hier im Schloß ist für deinesgleichen nicht gut verweilen. Wenn ich nicht schon so alt wäre, hätte ich mich längst davongemacht."

"Was habe ich schon zu befürchten, wenn ich meine Arbeit gewissenhaft tue und mir nichts zuschulden kommen lasse?" schlug der Bursche die gutgemeinte Warnung in den Wind. Da zuckte der alte Torwächter nur die Achseln und ließ ihn passieren. Der Stallbursche ging geradewegs zum Stallmeister und fragte, ob er noch einen tüchtigen Burschen brauchen könne. "Der letzte Stallbursche ist mir vor ein paar Tagen davongerannt, da kommst du mir gerade recht", entgegnete der Stallmeister und nahm ihn in seine Dienste.

Als nun die Königin erfuhr, daß im Stall ein neuer Bursche war, sprach sie: "Da will ich gleich einmal nachsehen, ob er auch zu gehorchen versteht", und machte sich auf den Weg zum Stall. Sie hatte ihr Reitkleid und ihre Stiefelchen aus feinstem Leder angezogen, um mit ihrem Lieblingspferd einen Ausritt zu unternehmen. Als der Stallbursche herbeigeeilt kam, befahl sie ihm in barschem Ton: "Putz mir die Stiefel ab, sie sind mir unterwegs staubig geworden!" Der Stallbursche, der von so feinen Stiefeln nichts verstand, nahm einen groben Striegel von der Wand und bürstete damit kräftig die Stiefel der Königin ab. Als er sich wieder erhob und die Königin einen prüfenden Blick auf ihre Stiefel warf, waren sie ganz zerkratzt und zerschunden. Da stieß sie mit zornbebender Stimme hervor: "Der Schürhaken ist für dich nicht Strafe genug. Du wirst mir das schon noch büßen, du elender Tölpel!" Der Ausritt war ihr verdorben und sie stürmte wutentbrannt zum Schloß zurück.

Dort schloß sie sich in ihr Gemach ein und grübelte, was sie dem Stallburschen Übles antun könnte, ohne daß der König davon erfuhr. Endlich glitt ein boshaftes Lächeln über ihr Gesicht. Aus einer geheimen Schublade in ihrem Spind holte sie ein kleines Fläschchen hervor, das sie vor nicht allzulanger Zeit bei einer alten Giftmischerin erstanden hatte. "Das soll dich recht erfrischen", murmelte sie hämisch und schüttete das Gift in einen Krug mit frischem Quellwasser. Dann rief sie einen Diener herbei, der sollte den Krug zum Stallburschen bringen und ihm ausrichten, daß ihr ihre harten Worte leid täten und er sich an dem köstlichen Naß laben möge.

Als dem Stallburschen die Worte der Königin und der Krug mit dem frischen Quellwasser überbracht wurden, nahm er beides erfreut entgegen. Da er aber gerade keinen Durst verspürte, stellte er den Krug beiseite und machte sich daran, die königlichen Rösser zu striegeln. Als das Lieblingspferd der Königin an die Reihe kam, sah er, daß seine Tränke ganz leer war. "Du sollst etwas von dem frischen Quellwasser bekommen, denn schließlich hat die Königin dich besonders gern", sagte er, holte den Krug herbei und goß dem Pferd von dem Wasser in die Tränke. Das Pferd, das sehr durstig war, fing an zu saufen, brach kurz darauf stöhnend zusammen und war tot.

Als die Königin erfuhr, was sich im Stall zugetragen hatte, raufte sie sich vor Wut die Haare. Aber weil sie fürchtete, der König könnte herausbekommen, daß sie Gift in das Quellwasser getan hatte, konnte sie dem Stallburschen nichts anhaben. So sann sie denn darauf, ihm anderweitig Schaden zuzufügen.


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Eines schönen Tages ließ sie ein neues Pferd in den Stall bringen. Sie sagte dem Stallburschen aber nicht, daß es sich um ein besonders unbändiges Tier handelte, das zu Wutausbrüchen neigte, weil es die Enge des Stalles nicht vertrug und das mit seinen schweren Hufen schon zwei Stallburschen zu Tode getrampelt hatte.

Als der Stallbursche das neue Pferd striegeln wollte, bemerkte er sogleich die Ängstlichkeit des Tieres, gab ihm Zucker und sprach lange Zeit beruhigend auf es ein. Und weil er ganz behutsam zu Werke ging, faßte das Pferd Vertrauen zu ihm und ließ sich von ihm striegeln und den Stall ausmisten. Die Königin, die mit brennender Ungeduld auf die Nachricht vom Tod des Stallburschen wartete, konnte es bald im Schloß nicht mehr aushalten und begab sich zum Stall. Wie sie da nun den Stallburschen so unverzagt das neue Pferd striegeln sah, glaubte sie, der Pferdehändler habe sie angelogen, was die Wildheit des Tieres anbetraf. Scheinheilig trat sie hinzu und streckte die Hand nach dem Pferd aus, um es zu streicheln. Das feinfühlige Tier wurde aber durch diese Geste so aufgebracht, daß es hochstieg und mit einem seiner Hufe die Königin im Gesicht streifte, so daß sie eine häßlich Platzwunde davontrug.

Heulend vor Wut rannte die Königin zum Schloß zurück. Alle Ärzte der Umgebung ließ sie zu sich rufen, aber keiner von ihnen konnte verhindern, daß auf ihrem Gesicht eine breite Narbe zurückblieb, so daß sie für alle Zeiten entstellt war.


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Nun kannte der Haß der Königin auf den armen Stallburschen keine Grenzen mehr. Weil sie ihm die ganze Schuld an ihrem Unglück gab, sann sie erbittert auf Rache. Da fiel ihr Blick durchs Fenster in den Garten, wo die Prinzessin lachend einem goldenen Ball nachsprang. Sie war ihre Stieftochter, ein wunderschönes Kind von freundlichem Wesen, das niemandem etwas zuleide tun konnte und das der König über alle Maßen liebte. Wenn die Königin mit ihr schelten wollte, sagte er nur: "Laß nur das Kind in Frieden, es hat gewiß nichts Unrechtes getan." Die Königin, die es nicht ertrug, an zweiter Stelle zu stehen, hegte nun schon seit langem einen geheimen Haß gegen die Prinzessin, die im Herzen des Königs den Platz eingenommen hatte, der eigentlich ihr zukam. Als sie das Kind nun so unbeschwert im Garten spielen sah, reifte in ihr ein teuflischer Plan. Sie ließ ihre Stieftochter zu sich rufen und sprach zu ihr: "Geh geschwind in die Küche und sage der Köchin, sie soll eine Hähnchenbrust mit Spiegelei zubereiten und einen herzhaften Käse darüber zerlaufen lassen. Dann gehst du und bringst das Essen dem Stallburschen, mit einem Gruß von seiner Königin. "Das will ich gerne tun, Mutter", erklärte sich die Prinzessin sogleich bereit, denn es war auch ihre Lieblingsspeise und sie gönnte sie dem tüchtigen Stallburschen von Herzen.

Die Königin aber schlich sich heimlich in die Küche und tat ein Schlafmittel in das Essen hinein. Als die Prinzessin dem Stallburschen die Speise brachte, freute er sich sehr. Weil er aber nicht allein Essen mochte, bot er der Prinzessin auch ein Stückchen davon an. So ließen sie es sich gemeinsam schmecken und bald darauf sanken beide ins Stroh und schliefen fest ein.

Die böse Königin aber hatte sich in der finsteren Scheune verborgen. Sobald der Stallbursche schlief, wollte sie hinübereilen, die Prinzessin in den Stall locken, ihr Herz mit einem Dolch durchbohren und den Dolch dann dem Stallburschen in die Hand legen, so daß er die Schuld für die grausame Tat bekam und aufgehängt wurde. Als sie nun meinte, der Stallbursche wäre fest eingeschlafen, rief sie leise nach der Prinzessin. Aber die Prinzessin kam und kam nicht. Da verließ die Königin schließlich die Geduld und sie schlich sich zum Stall hinüber. Der König aber war seiner Tochter nachgegangen und sah nun die Königin mit dem Dolch in der Hand in den Stall schleichen. Er eilte ihr nach und sah sie mit erhobenem Dolch über der schlafenden Prinzessin stehen. Da sprang er hinzu, riß ihren Arm zurück und gab seiner Leibwache den Befehl, die Königin zu ergreifen. Die Königin wurde bleich vor Schreck, denn nun half ihr kein Betteln und kein Flehen mehr. Sie wurde von den Wachen des Königs weit fortgebracht und mußte fortan fern ihrer Heimat als Bettlerin leben. Der Stallbursche aber blieb auf dem Schloß und wurde ein angesehener Mann.


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HÄHNCHEN MIT SPIEGELEI UNTER DER KÄSEDECKE
Zutaten für 2 Personen

2 Stücke Hähnchenbrustfilet (jeweils ca. 150 g)
2 große Scheiben Gouda
2 Eier
Salz
Pfeffer
Margarine
2 große Scheiben Toastbrot


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Die beiden Hähnchenbruststücke pfeffern und salzen und in einer Pfanne von beiden Seiten etwa 6 Minuten in Margarine braten.

2 Spiegeleier braten. Leicht salzen.

Eine Backblech mit Backpapier auslegen und beide Stücke Hähnchenbrustfilet darauf legen. Mit je einem Spiegelei bedecken. Nun jeweils eine Scheibe Gouda darüber legen.

Im vorgeheizten Backofen bei 180 °C etwa 5 Minuten überbacken, bis der Käse anfängt, zu zerlaufen.

Parallel dazu im Toaster 2 Scheiben Toastbrot rösten und die überbackenen Hähnchenbruststücke darauf servieren.


Erstveröffentlichung am 27.09.1997

9. März 2007