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NUTZUNG/201: Australiens Kampf gegen den Wassermangel (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 907 vom 13. Dezember 2008 28. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Australiens Kampf gegen den Wassermangel


Neben der Meerwasserentsalzung stehen in Australien das Sparen von Trinkwasser, die Regenwassernutzung und das Abwasserrecycling auf der Tagesordnung - denn der Süden des Kontinents trocknet aus. Angesichts der behördlichen Versuche wegen der zunehmenden Dürre einen rigiden Wassersparkurs durchzusetzen, ist der sparsame Umgang mit dem knappen Wasser zum Topthema in der südaustralischen Öffentlichkeit avanciert. "Kein anderes Thema schürt auf dem fünften Kontinent solche Emotionen", berichtete WELT ONLINE am 14.12.08 aus Down Under. Seitdem in der Politik die Dürre als "Jahrtausenddürre" firmiert (siehe Fußzeilen auf dieser Seite), müssen sich in Sydney die Metropolenbewohner seit Oktober 2003 an strenge Regeln halten: Sogenannte Water Restrictions verbieten, Autos mit dem Schlauch zu waschen. Gärten dürfen nur noch mittwochs und sonntags bewässert werden, entweder vor zehn Uhr morgens oder nach vier Uhr nachmittags. "Seither kann das Thema Wasser, oder vielmehr der Mangel daran, in Sydney gewaltigen Aufruhr auslösen." Bislang wird Sydney mit Oberflächenwasser versorgt, das in großen Reservoirs wie dem Warragamba-Damm 65 Kilometer westlich der Stadt aufgefangen wird. "Nicht zuletzt wegen der Klimaerwärmung regnet es jedoch immer spärlicher. Das bedeutet für Sydney, dass der Stadt bis 2015 rund 275 Gigaliter [Mio. cbm] fehlen könnten", schreibt die online-Ausgabe der WELT - und weiter: "Einem typischen Haushalt, der heute rund 270 Liter Wasser am Tag verbraucht, stünde dann nur noch die Hälfte dieser Menge zur Verfügung." Die Stadtwerke hätten auf den Mangel zunächst damit reagiert, indem sie Bastelsets verteilten, die Toiletten und Duschköpfe sparsamer machen. Auch gibt es Geldgeschenke von 90 Euro für Käufer verbrauchsarmer Waschmaschinen. Wer einen Tank zum Auffangen von Regenwasser im Garten installiert, bekommt gar 750 Euro von der Stadt - aber mit diesen Maßnahmen sei das angestrebte Sparvolumen von 50 Prozent nicht zu realisieren. Deshalb wird in Australien jetzt in großem Umfang auf die Meerwasserentsalzung (s. RUNDBR. 898/3, 867/3-4) gesetzt:

"Eine australische Mehrheitsbeteiligung der deutschen Hochtief AG ist Teil des Joint Ventures Blue Water, das derzeit eine Meerwasserentsalzungsanlage für Sydney baut. 500 Millionen Euro kostet das Ganze, und das Unternehmen wird die Anlage nach Inbetriebnahme auch für 20 Jahre betreiben. Blue Water besteht aus der John Holland Group. Diese gehört zu der australischen Beteiligung von Hochtief, Leighton Holdings, Spezialist für Tunnelbau und Wasseranlagen. Mit dabei ist auch der französische Konzern Veolia, der sich mit Entsalzung von Meerwasser auskennt."

Das Blue Water-Konsortium hat gerade eine Entsalzungsanlage für die Stadt Brisbane fertiggestellt, die am Tag 125.000 cbm Trinkwasser produziert. Ferner hat das Konsortium Angebote für zwei weitere Projekte in Adelaide und Melbourne. Letztere soll die größte Umkehrosmoseanlage der Welt für einen Tagesbedarf von 400.000 cbm Trinkwasser werden. Doch selbst die gewaltige Anlage in Sydney, die sich zur Not auf 500.000 cbm am Tag aufrüsten lässt, kann nur einen Teil der 1,4 Mio. cbm Wasser liefern, die Sydney derzeit täglich verbraucht. "Auf die Dauer wird Australien stärker in den Bau von Kläranlagen einsteigen müssen", meint GREG TAYLOR von Hohn Holland, der die Lösung für die Wasserprobleme in die Formel packt: "Ein Drittel Regen, ein Drittel Recycling, ein Drittel Entsalzung." Doch das Abwasser-Recycling ist in Australien ein heikles Thema - denn die Bevölkerung will kein recyceltes Abwasser trinken. Der Verweis darauf, dass auch anderenorts bereits Abwasser bis auf Trinkwasserqualität aufbereitet wird "kann einen echten Australier nicht von dem Glauben abbringen, Recycling bedeute, stinkendes Abwasser zu konsumieren".

Die Wahrnehmung der Bevölkerung habe gerade die Ministerpräsidentin des Bundeslandes Queensland gezwungen, ein Recyclingprojekt abzusagen, das begonnen wurde, weil die Pegel in den Regenwasserreservoiren einen besorgniserregenden Tiefstand erreicht hatten. Wegen des hohen Energieverbrauch der Meerwasserentsalzung steht DAVID WAITE, Wasserexperte an der Universität von New South Wales in Sydney, diesem Verfahren skeptisch gegenüber. Recycling wäre ihm lieber als Entsalzung, deren ökologische Konsequenzen ihm Sorgen machen.

"Höherer Energieverbrauch erhöht den Ausstoß an Kohlendioxid. So verstärken wir wiederum den Klimawandel und damit das Problem, das den Wassermangel erst verursacht. Keine intelligente Spirale", zitiert WELT ONLINE den Fachmann. Aber egal für welchen Weg zur Lösung ihrer Trinkwasserprobleme sich die Australier auch entscheiden, die Hochtief AG und ihre australischen Beteiligungen werden immer mit profitieren. Die John Holland Group baut nämlich nicht nur Meerwasserentsalzungsanlagen, sondern auch Reservoirs, Dammsysteme und Kläranlagen. Gerade habe das Unternehmen Australiens größtes städtisches Abwasserwiederaufbereitungssystem für Rouse Hill im Nordwesten Sydneys für 36 000 Haushalte fertiggestellt. Es liefert Brauchwasser für den Garten und zum Spülen der Toiletten. Getrunken wird es nicht.


In Australien treibt eine Jahrhundertdürre viele Landwirte in den Ruin u. gefährdet die Trinkwasserversorgung der urbanen Zentren. Die BBU-Materialsammlung "Australien" dokumentiert den eskalierenden Wassernotstand in downunder. Bezug gegen VOREINSENDG. v. 10 Euro an den Ak Wasser, Rennerstr. 10, 79106 Freiburg


Bewässerungswasser oder austrocknende Flüsse?

Über die wasserwirtschaftlichen Interessenkonflikte im größten Flusseinzugsgebiet Australiens in Zeiten der "Jahrtausenddürre" schrieb WELT ONLINE am 14.12.08:

"Das Flusssystem Murray-Darling im Südosten des Kontinents, wo ein Drittel aller australischen Lebensmittel produziert wird, ist am Versiegen. Weil die Pegel auch dort überall Tiefstände erreichen, drehte die Regierung in vielen Gebieten schon den Hahn zu, obwohl 100 Prozent der Kartoffelernte, 95 Prozent der Obst- und 90 Prozent der Wein- und Gemüseernte von künstlicher Bewässerung abhängen. Die Farmer reagieren mit Sparversuchen und boten der Regierung an, künftig im Jahr 300 Mio. cbm weniger aus dem Fluss zu entnehmen. Das ist jedoch nicht genug, und so hat die Verwaltung begonnen, große Flächen von Farmern aufzukaufen, um dem Murray-Becken das bislang von ihnen verbrauchte Wasser zurückzugeben. Insgesamt stehen für die Bundesstaaten New South Wales und Queensland 1,75 Milliarden Euro bereit, um Betriebe und ihre Wasserrechte aufzukaufen. Die Farmer hätten das Geld jedoch lieber für verbesserte Bewässerungstechnologie. Ihr Sprecher Stewart Ellis prognostiziert, dass der Rückkauf der Wasserrechte "die Lebensmittelproduktion verringern und die Versorgungssicherheit schwächen wird". Das australische Bureau of Statistics weist aus, dass sich viele Lebensmittel seit 2002 um 180 Prozent verteuert haben."


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 907/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2009