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MELDUNG/054: Werra-Weser-Versalzung - Europa zeigt Entschlossenheit (WWA)


Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V. - Pressemitteilung - 20. Januar 2014

Werra-Weser-Versalzung

Keine Spielchen mehr - Europa zeigt Entschlossenheit



Das Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Union wegen der Nicht-Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Flusssystem Werra-Weser wird fortgesetzt Mit einem Schreiben an die Bundesregierung hat die EU-Kommission im Dezember 2013 klargestellt, dass sie an der frist- und zielgerechten Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie festhält: bis zum Jahre 2015 soll in Werra und Weser der "gute ökologische Zustand" erreicht werden. Eine Fristverlängerung kann nur bis 2027 gewährt werden; die bisher von der Bundesrepublik vorgetragenen Argumente reichen aber nicht aus, eine Fristverlängerung zu genehmigen. Die Kommission betont, dass sie weitere Verzögerungen durch eine Hinhaltetaktik seitens der deutschen Behörden nicht hinnehmen will. Dies wurde aus dem Umweltausschuss des Thüringer Landtags bekannt. Damit hat die EU-Kommission dem Versuch einen Riegel vorgeschoben, der K+S Kali GmbH bis kurz vor Fristablauf eine ungebremste Fortsetzung der Flussgebietsversalzung zu ermöglichen, um erst dann eine Reduzierung der Qualitätsziele zu beantragen.

Die Klägergemeinschaft der Werra- und Weseranrainer hatte gegenüber der Kommission die Beschwerde erhoben, dass der Bewirtschaftungsplan der FGG Weser sowie die von dem Regierungspräsidium Kassel der K+S Kali GmbH in den Jahren 2011 und 2012 erteilten Erlaubnisse das fristgemäße Erreichen der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) unmöglich machen. Die EU-Kommission hat die Beschwerde als so gewichtig eingestuft, dass sie am 22. Juni 2012 das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2012/4081 gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet hat. Sie ist der Ansicht, dass Deutschland den Verpflichtungen des Artikels 4 der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG (WRRL) nicht nachgekommen ist, weil sie nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, die Ziele für verschiedene Oberflächen- und Grundwasserkörper im Flussgebiet der Werra und Weser zu verwirklichen und weil sie die Voraussetzungen für eine zeitliche Verschiebung dieser Ziele nicht erfüllt hat.

Oberweserpipeline

Die EU-Kommission erklärt, dass der K+S Kali GmbH erteilte Erlaubnisse künftig nicht mehr das fristgerechte Erreichen der angestrebten Qualitätsziele behindern dürfen. Davon sind nicht nur die in den nächsten Jahren aus laufenden Genehmigungen betroffen (Einleitung von Salzlaugen in die Werra sowie deren Verpressung in den Untergrund), sondern vor allem die von der K+S Kali GmbH angestrebte weitere Einleitstelle für Salzabwässer an der Oberweser. Dieser zusätzliche Entsorgungsweg setzt nämlich voraus, dass der "gute ökologische Zustand" in Werra und Weser nicht mehr angestrebt wird (Aussetzung der Qualitätsziele der WRRL). Die Kommission erklärt, dass sie an diese Option noch wesentliche höhere Anforderungen stellt.

Nordseepipeline

Die EU-Kommission nimmt zur Kenntnis, dass nach Ansicht der beteiligten Bundesländer der Bau einer Pipeline zur Nordsee die einzig zielführende Lösung darstellt, während andere Optionen nicht in der Lage sein sollen, die Belastungen durch die Salzeinleitungen im notwendigen Umfang zu reduzieren. Sie bemängelt allerdings, dass dies nicht überprüft werden könne, weil im Bericht der Bundesregierung wesentliche hierfür Unterlagen fehlen. Sie weist darauf hin, dass die Machbarkeit der Nordseepipeline bisher nicht belegt ist. Die von der Bundesregierung bereits vorgelegte "Machbarkeitsstudie Fernleitung" wird als unzureichend bezeichnet, zumal diese Studie selbst zu dem Schluss komme, dass weitere Untersuchungen erforderlich seien.

Die Kommission verlangt zusätzlich eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Nordseepipeline, die sich auf um fassende technische und wirtschaftliche Analysen stützen müsse. Es sei nicht akzeptabel, diese Option weiter zu verfolgen, bevor festgestellt werden kann, dass sie für die K+S Kali GmbH wirtschaftlich zumutbar ist. Die Kommission bestätigt damit die Argumentation der Werra-Weser-Anrainerkonferenz und sie widerlegt anderslautende Feststellungen, wie sie von der Leitung des so genannten Runden Tisches verbreitet wurden. Umsetzung technischer Verfahren zur Verminderung der Abwassermenge In ihrer vorangegangenen Stellungnahme betont die Bundesregierung, dass drei weitere Optionen in Betracht gezogen werden sollen, um dem Problem der Salzeinleitungen zu begegnen. Allerdings, so die Kommission, werden diese Optionen im Bericht der Bundesregierung so wenig konkret beschrieben, dass eine aussagekräftige Bewertung ihrer Effektivität nicht möglich sei. Die Bundesregierung wird gebeten, weitere Angaben zur Effektivität dieser Optionen zu machen.

Gleichzeitig zeigt sich die Kommission irritiert, weil die von der Klägergemeinschaft der Werra-Weser-Anrainer vorgeschlagenen alternativen technischen Verfahren bislang nicht untersucht worden sind. Sie spielt damit möglicherweise auch auf den Umstand an, dass die Leitung des Runden Tisches einen entsprechenden Beschluss des Gremiums vom September 2012 bis heute nicht umgesetzt hat.

Wie geht es weiter?

Die Bundesregierung ist gehalten, die Fragen der Kommission bis Ende Januar 2014 zu beantworten und die geforderten Unterlagen einzureichen. Die EU-Kommission stellt fest, dass ohne die geforderten Unterlagen und ohne zufrieden stellende Antworten der Bundesregierung eine Fristverlängerung nicht gewährt werden kann. Das Vertragsverletzungsverfahren wird dann in einem Bußgeldverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland enden. Die Bußgeldhöhe kann einige hunderttausend Euro pro Tag betragen, beginnend am 22. Juni 2012 bis zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen.


Die Werra-Weser-Anrainerkonferenz e. V. ist ein Zusammenschluss von Kommunen, Verbänden, Vereinen und Wirtschaftsunternehmen, die als Anrainer von Werra und Weser von der Versalzung der Flüsse durch die Abwässer der Kali-Industrie betroffen sind.


Weitere Informationen:
http://wasser-in-not.de/index.php/werraversalzung/abwasserpipline-zur-oberweser/89-die-abwasserpipeline-zur-oberweser-eine-politische-falle

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Quelle:
WWA, Werra-Weser-Anrainerkonferenz e.V.
Pressemitteilung, 20.01.2014
Tel. 05545/95 01 08
E-Mail: WWA.eV@web.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2014