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WALD/087: Hambacher Forst - Bürger, Wald und Schulterschluß (DIE LINKE im Braunkohlenausschuss)


Grußwort von Peter Singer, Sprecher der Gruppe DIE LINKE im Braunkohlenausschuss, zur Demonstration von Atom- und Kohlegegnern in Kerpen-Buir am 26.4.2014



Liebe Mitstreiter, liebe Freunde,

Seit Jahren streiten wir hier im Hambacher Forst um den Erhalt der Natur, für den Erhalt unserer Heimat und gegen die globale Klimaverschmutzung durch den Braunkohleabbau und die Braunkohleverstromung.

Ehrlich gesagt, vor 4 oder 5 Jahren hätte ich nicht geglaubt, dass so viele Menschen auf so vielfältige und phantasievolle Weise Widerstand gegen die Braunkohle bzw. ihrer Protagonisten leisten.

Die mutigen Waldbesetzungen sind ein Zeichen davon. Trotz aller Versuche der Kriminalisierung des Widerstandes durch RWE, Polizei, Behörden und Medien beweist auch der heutige Tag wieder einmal, dass wir uns nicht einschüchtern lassen.

Ich habe in all den Jahren nicht ein einziges Mal erlebt, dass Gewalt von Seiten der Braunkohlegegner ausgegangen ist. Friedlich und phantasievoll war und wird der Protest bleiben. Ich möchte aber auch betonen, dass ich nicht zu denen gehöre, die noch die andere Wange hinhalten.

Seit vier Jahren führen wir, DIE LINKE im Braunkohlenausschuss, auf der parlamentarischen Ebene die Auseinandersetzung um die Braunkohle.

Wir haben stets gegen Umsiedlung und gegen Kraftwerksneubauten gestritten und gestimmt.

Dies werden wir auch in Zukunft tun.

Kommenden Montag tagt in Köln, im Regierungspräsidium Zeughausstraße, ab 10.00 Uhr der Braunkohlenausschuss.

Vielleicht hat der Eine oder Andere Zeit und Lust, sich dies einmal anzuschauen und eventuell phantasievoll zu begleiten.

Hier soll der sogenannte Erarbeitungsbeschluss zur Umsiedlung der Orte Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich sowie Berverath in der Nähe von Erkelenz gefasst werden. Es handelt sich dabei um Orte, die in Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler II abgebaggert werden sollen.

Eine besondere Brisanz hat die Sache durch die Ankündigung von Hannelore Kraft, ihres Zeichens Ministerpräsidentin und damit Regierungschefin der rosa/grünen Landesregierung, über die angebliche Verkleinerung von Garzweiler II, erhalten.

Viele feiern dies bereits als Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohle.

Ich rate zur Vorsicht!!

Bisher liegt nur eine Absichtserklärung von Frau Kraft vor, die sie in der Landtagssitzung vom 9.4.2014 abgegeben hat. Ich zitiere:

"1. Wir übernehmen Verantwortung dafür, dass die Fortführung des Tagebaues Garzweiler II energiepolitisch notwendig ist.
2. Wir übernehmen zugleich die Verantwortung dafür, dass die Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich sowie Berverath umgesiedelt werden müssen. Das betrifft insgesamt 1620 Menschen.
3. Wir schaffen Klarheit, indem wir bis Mitte 2015 eine neue Leitentscheidung treffen für den OBACHT Zeitraum nach 2030.
4. Und jetzt kommt es: Wir haben dabei das politische Ziel, auf die Umsiedlung von Holzweiler usw. verzichten zu können. Damit schaffen wir Verlässlichkeit."

In einem Gespräch mit der Regierungspräsidentin Frau Walsken, Vertretern der Landesregierung und den Spitzen des Braunkohlenauschusses, also auch mit mir als Sprecher der LINKEN im Braunkohlenausschuss, am 10. April 2014 wurde die Frage, was denn passieren würde, wenn die Umstände, welche auch immer, es verhindern würden, das politische Ziel umzusetzen, mit der entlarvenden Antwort "Kein Kommentar" beschieden.

Ich bin der Meinung, dass diese Show nur dazu dient, die Öffentlichkeit an der Nase herum zu führen.

Das einzige Verlässliche an dieser Erklärung zu Garzweiler II ist, die Festschreibung des Braunkohleabbaus und der Braunkohleverstromung für mindestens die nächsten 30 Jahre.

Was dies mit Einstieg in den Ausstieg zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.

Gerade erst hat der Weltklimarat einen dramatischen Appell zur Erderwärmung veröffentlicht. Darin wird ein sofortiges Handeln zur Reduzierung von C02-Immisionen gefordert.

Bis 2020 muss das Niveau des Ausstoßes um mindestens 40 Prozent unter das Niveau von 1990 gedrückt werden.

Wie soll dies, aber auch die eigenen Klimaschutzziele der Landesregierung und der Bundesregierung gelingen? Es gelingt wohl nicht, wenn vielleicht, ich betone vielleicht, RWE auf ca. 300 Millionen Tonnen Braunkohleförderung von insgesamt 2, 8 Milliarden Tonnen in den Tagebauen Garzweiler, Hambach und verzichtet.

Der Ausstieg aus der Braunkohle ist durch den Deal innerhalb der Landesregierung für den Tagebau Garzweiler konterkariert worden und verlängert die Umweltverschmutzung und die sozialen Probleme um Jahrzehnte. Er gibt RWE neue Planungssicherheit für Garzweiler bis mindestens 2030 und für Hambach und Inden noch weit darüber hinaus. Das ist noch nicht einmal ein Trostpflaster, sondern dient nur dazu den Menschen Sand in die Augen zu streuen.

Wir werden auch am Montag gegen die Umsiedlung von Keyenberg usw. stimmen. Es wird interessant sein, wie sich andere Braunkohlegegner in diesem Gremium verhalten werden.

Auch wir fordern eine neue Leitentscheidung zur Braunkohle und deren energiepolitischer Notwendigkeit.

Die Zeit der Braunkohle ist vorbei. Wir haben immer gesagt, dass dieses Ende schneller kommen wird als gedacht. Man darf nicht mehr auf eine Technologie aus dem letzten Jahrhundert setzen, die dazu führt, weltweit unser Klima und letztlich unsere Lebensgrundlage zu zerstören.

Man ist es aber auch den Beschäftigten in der Braunkohle schuldig, jetzt klare Pläne vorzulegen und Ihnen eine andere Perspektive, unter anderem in neuen Energiebereichen, anzubieten. Der sozial-ökologische Umbau des Reviers steht jetzt auf der Tagesordnung!

Es muss ein Braunkohleausstiegsplan mit einem relativ kurzfristigen Ausstiegsszenario her.

Dann gibt es auch keine Umsiedlung in Keyenberg oder anderswo. Und, liebe Freunde, der Hambacher Forst bleibt bestehen.

*

Quelle:
Peter Singer, Sprecher der Gruppe DIE LINKE im Braunkohlenausschuss
E-Mail: schaaf.singer@t-online.de
mit freundlicher Genehmigung von Peter Singer


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2014