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RESSOURCEN/239: Weltbodentag - Okkupation des Erdreichs ... (SB)



Alle fünf Sekunden wird weltweit eine fußballfeldgroße Fläche Boden erodiert. Dadurch gehen entscheidende Voraussetzungen für die Nahrungsproduktion und ökologische Vielfalt verloren. Der Bodenverlust hat nicht zuletzt mit dem vorherrschenden landwirtschaftlichen Produktionsmodell zu tun. Denn es begünstigt den Monokulturanbau, die Verwendung von Kunstdünger und Pestiziden und verringert den organischen Anteil im Boden. Das Erdreich klebt nicht mehr so gut, verliert den Zusammenhalt und ist durch Wind und Wasser leicht angreifbar. Außerdem wird der Bodenschwund durch vermeintliche Effizienzmaßnahmen wie Knickbeseitigung und Feldzusammenlegung, das Fällen "lästiger" Bäume, etc. gefördert.

Am 5. Dezember wurde der "Weltbodentag" begangen. Erstmals ausgerufen 2002 von der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, wird seitdem ein jedes Jahr der "Boden des Jahres" ernannt und an die Bedeutung der Böden für bewirtschaftete und unbewirtschaftete Flächen erinnert.

Bereits einen Tag später rücken wieder andere Themen in den medialen Vordergrund. Das ist kurzsichtig, denn, vergleichbar mit der globalen klimatischen Entwicklung, die Negativentwicklung schreitet auch bei der Bodenerosion schleichend voran. Die Landwirtschaft steigert zwar zur Zeit ihre Produktivität noch, aber die Entwicklung geht zu Lasten zukünftiger Generationen, denen, allgemein gesprochen, weitgehend leblose, kunstdüngerübersättigte, wahlweise auch gülleertränkte Restböden vererbt werden.

Die EU beispielsweise teilt jedes Jahr viele Milliarden Euro Subventionen an die Landwirtschaft aus, doch die Bekämpfung der Bodenerosion wird nur unzureichend unterstützt. Das hat sehr viel mit der Exportorientierung der EU-Landwirtschaft zu tun. Dabei wäre es nicht schwierig, andere Gewichtungen bei der Prämienzahlung festzulegen, nämlich weg von der Flächensubventionierung und hin zur Qualitätssicherung von Landwirtschaft und Landschaft. Das hätte eine Abkehr vom System der engen Fruchtfolgen und eine stärkere Förderung von Zwischenfrüchten zwecks Steigerung der Bodenqualität zur Folge. Landschaft sollte nicht mehr Inbegriff für Langeweile sein. Dafür wäre der Erhalt der Böden eine sprichwörtlich fundamentale Voraussetzung.

Gute Böden, die sich nicht dadurch auszeichnen, daß sie dem Wunsch des Menschen nach Ertragsmaximierung um jeden Preis entsprechen, sondern die über lange Zeiträume hinweg aus ihrer natürlichen Umgebung hervorgegangen sind und dementsprechend bewirtschaftet wurden, bieten enorm viele Vorteile: Geringerer Erosionsverlust bei Starkregen oder kräftigen Winden; stärkere Bindung von organischem Material und somit von Kohlenstoff aus der Atmosphäre (Klimaschutz); höhere Wasseraufnahmefähigkeit und dadurch Verringerung von Überschwemmungen; Rückkehr der in den letzten Jahrzehnten immer mehr verschwindenden Bodenlebewesen und, darauf gestützt, Aufbau ganzer Ökosysteme bis hin zu den insektenfressenden Vögeln; Senkung der Feinstaubbelastung in landwirtschaftlichen Produktionsgebieten.

Erodiertes Bodenmaterial landet in Gewässern, die dadurch überdüngt werden und vorzugsweise an den Mündungsgebieten von Flüssen zu Algenblüten führen. Auch dem könnte entgegengewirkt werden. Doch sind die Bodenverluste nicht einfach und schon gar nicht innerhalb kurzer Zeit umzukehren, wollte man nicht gleichzeitig Ertragseinbußen und in der Folge einen gesteigerten Nahrungsmangel hinnehmen. Aber die Geschwindigkeit, mit der Boden erodiert wird, könnte bei entsprechendem politischen Willen durchaus gebremst werden, in Deutschland, der EU und der übrigen Welt. Das setzte allerdings voraus, daß sich die Produktionsweisen ändern, denn das Problem des Bodenverlustes ist keines, das die Landwirtschaft allein zu verantworten hätte. Sie produziert im Rahmen politischer Vorgaben, und wenn es für sie profitabler ist, beispielsweise Kunstdünger einzusetzen, dann wird das gemacht.

Der Weltbodentag 2019 ist inzwischen vergangen, doch die Probleme der Bodenerosion sowie zusätzlich der hier noch gar nicht angesprochenen Verluste der Verfügbarkeit der Böden für die Landwirtschaft aufgrund der Flächenversiegelung sind höchst akut.

9. Dezember 2019


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