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RESSOURCEN/219: Fracking - Ein hoher Preis ... (SB)



Die US-Bevölkerung muß den Kopf für den gegenwärtigen Fracking-Rausch hinhalten. Diese Fördermethode von Gas und Erdöl richtet nicht nur weitreichende Umweltzerstörungen sowie Gesundheitsschäden bei Anwohnern der Förderstandorte an, vielmehr weist die entsprechende Branche auch eine viel höhere Rate an tödlichen Arbeitsunfällen als die Industrie der Vereinigten Staaten insgesamt auf.

Vor kurzem wurde berichtet, daß sich der Wasserverbrauch der US-Frackingwirtschaft pro Bohrloch im Zeitraum von 2011 bis 2016 mehr als versiebenfacht hat. Als Folge davon hat auch die Menge an Brauchwasser, das meist in ausgeschöpfte Frackingbohrlöcher hineingepreßt wird, zugenommen [1].

Das ist ein weiteres Beispiel unter zahlreichen anderen, welche die katastrophalen Folgen der Frackingindustrie ahnen lassen. Abgesehen von den indirekten Schäden - in diesem Fall Verschärfung des Wassermangels insbesondere in dürregeplagten Gebieten der USA -, treten auch direkte Schädigungen auf. So wurde bislang kaum darüber berichtet, wie gefährlich die Arbeit ist. In den letzten zehn Jahren haben fast 1000 Menschen beim Fracking ihr Leben verloren, berichtete die Website Environment & Energy unter Berufung auf einen Zensus (CFOI - Census of Fatal Occupational Injuries) des Büros für Arbeitsstatistik (BLS - Bureau of Labor Statistics) [2].

Das Besondere beim Fracking besteht darin, daß die moderne Technologie es ermöglicht, um die Ecke zu bohren. Der Bohrkopf wird zunächst senkrecht in den Untergrund getrieben und dann allmählich von vertikal zu horizontal umgelenkt, so daß er die erdöl- oder erdgashaltige Gesteinsschicht ihrer Fläche nach auf einer Strecke von ca. einem Kilometer durchbohrt. Dann werden mittels einer sondenartigen Perforationskanone Löcher sowohl in die Wandung der Bohrröhre als auch die dahinterliegende Gesteinsschicht geschossen. Über diese Löcher wird ein mit diversen Chemikalien angereichertes Frackfluid unter so hohem Druck in den Untergrund gepreßt, daß das Gestein "gefrackt" wird, also aufbricht. Dann wird die Frackingflüssigkeit wieder abgepumpt und der Weg freigemacht für Erdöl oder Erdgas, das nun aus den Gesteinsporen zusammenströmt und gefördert werden kann.

Die aktuellsten Daten, die das BLS zu Arbeitsunfällen veröffentlicht hat, betreffen das Jahr 2016. Verglichen wird hier die Zahl der Arbeiter innerhalb einer Branche mit der Zahl der Arbeitsunfälle, die tödlich enden. So wurde festgestellt, daß das Risiko eines Arbeiters der Öl- und Gasförderung, bei seinem Job zu sterben, 2016 "nur" noch viermal so hoch lag wie im Durchschnitt über alle industriellen Branchen hinweg. Über einen längeren Zeitraum berechnet ist die Todesrate hingegen mehr als siebenmal so hoch.

Die Gefahren der Öl- und Gasförderung per Fracking sind vielfältig. Über die Hälfte der Toten geht auf den Verkehr zurück. Ohne deshalb diese hohe Zahl als notwendig darstellen zu wollen, kann man sagen, daß andere Todesursachen ganz und gar vermeidbar wären. Beispielsweise sind zwischen 2010 und 2014 neun Arbeiter beim Prüfen der Füllmenge ihrer Tanklastzüge gestorben. Die toxischen Öldämpfe, die beim Öffnen der Klappen entweichen, hatten die Opfer orientierungslos gemacht und den Sauerstoff aus der Luft verdrängt. Als sogenannte "Sicherheitsmaßnahme" war den Arbeitern geraten worden, sich beim Prüfen nicht gegen, sondern in den Wind zu stellen. Diese zynisch anmutende Maßnahme erwies sich erwartungsgemäß als ungenügend.

Seit 2014 kamen "nur" noch zwei Arbeiter beim Prüfen der Tankfüllung ums Leben. Möglicherweise ist die Warnung zweier Behörden, des National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH) und der Occupational Safety and Health Administration (OSHA), bei den Unternehmen angekommen. Oder es haben die Abmachungen mit dem National Service, Transmission, Exploration & Production Safety (STEPS) Network gegriffen, vermutet Environment & Energy.

Der frühere OSHA-Direktor, David Michaels, hatte sich für bessere Arbeitsbedingungen und eine Ausweitung der Sicherheitsstandards für die Arbeiter eingesetzt. Offenbar kam das bei der neuen Regierung unter der Präsidentschaft von Donald Trump nicht so gut an. Michaels wurde gefeuert und ist nun als Professor am Milken Institute School of Public Health der George Washington University tätig. Einen Ersatz für Michaels bei OSHA hat die Trump-Regierung bis heute nicht ernannt - ein Beispiel unter vielen, mit welchen Maßnahmen die amtierende US-Regierung die Umweltgesetzgebung zu zerstören versucht.

Das "America First!", das US-Präsident Trump reklamiert, ist nicht das Amerika der Tanklastwagenfahrer und anderen Arbeiter der Gas- und Ölindustrie. Aus Sicht der Millionäre und Milliardäre, die in Washington die politischen Entscheidungen treffen, sind sie bloßes Menschenmaterial, das verbraucht wird, um wahlweise andere Länder niederzukonkurrieren (Venezuela, Rußland, China, ...), massiv zu bedrohen (Nordkorea, Iran, ...) oder gleich in kriegerische Konflikte zu verstricken (Syrien, Jemen, ...). Fracking ist die Technologie, die dazu den Brennstoff liefern soll, koste es, was es wolle und solange andere den Preis dafür bezahlen.


Fußnoten:

[1] https://www.motherjones.com/environment/2018/08/the-amount-of-toxic-wastewater-produced-by-fracking-is-unbelievable/

[2] https://www.eenews.net/stories/1060094701

24. August 2018


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