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KLIMA/345: Fleischverzicht - Herrschaftssicherung durch Mangelkontrolle (SB)


Fallen Kühe unter das Luftreinhaltegesetz der USA?

Viehzüchter befürchten, daß die Regierung eine Klimaabgabe für Kühe eintreiben will


Der Entzug von Nahrung und ihre Zuteilung bei Willfährigkeit bilden ein uraltes Herrschaftsprinzip. Wenn es gelingt, Menschen die fürs Überleben unverzichtbaren Sourcen vorzuenthalten, sind sie in der Regel bereit, alles für jemanden zu tun, damit er ihrer Not ein Ende bereitet. Wer den Mangel kontrolliert, kontrolliert die Menschen. Die aktuelle Klimaschutzdebatte wird mit Vorschlägen befrachtet, die dieses Prinzip weitertragen. Die Frage, ob dies absichtlich geschieht oder nicht, spielt angesichts des absehbaren Ergebnisses keine Rolle.

Es beginnt damit, daß Fleischesser als Klimasünder bezichtigt werden. Denn es wird die Rechnung aufgemacht, daß für die Herstellung von Fleisch erheblich größere Wasser-, Futterpflanzen- und Energiemengen sowie Bodenflächen benötigt werden als für den Anbau von Pflanzen für Lebensmittel und daß bei der Fleischerzeugung wesentlich mehr Treibhausgase produziert werden als bei der Herstellung pflanzlicher Nahrung. Der Vorsitzende des Weltklimarats, der Inder Rajendra Pachauri - von Haus aus Vegetarier -, predigt Fleischessern Enthaltsamkeit.

Dabei geht es Pachauri und anderen Apologeten der vegetarischen Kost nicht um die Hinterfragung eines übermäßigen Fleischkonsums, wie er - ganz nach dem Motto, daß die Wirtschaft nur dann floriert, wenn der Verbrauch immer weiter gesteigert wird - durch XXL-Portionen, die Ästhetisierung des weißen, "reinen" Fleischs bei Geflügel und des möglichst mageren Rindfleischs den Verbrauchern erfolgreich aufgedrängt und von ihnen angenommen wurde. Es geht, wenn man so will, um einen evolutionsgeschichtlich neuen Menschen, der gänzlich auf Fleisch verzichtet. Nachdem der Mensch schon sein Fell verloren hat und seine Klauen abgestumpft sind, geht es ihm nun an die letzten scharfen Zähne, die ihm noch nicht ausgetrieben wurden.

Gegen Pachauris Anliegen gäbe es überhaupt keine Einwände, wenn damit nicht mehr und mehr einem Sanktionsregime Vorschub geleistet würde, in dem Fleischesser geächtet und benachteiligt werden. Beispielsweise in den USA durch eine möglicherweise bevorstehende Besteuerung von Rindern, da sie "klimaschädlich" sind. Dazu könnte es jedenfalls kommen, wie US-Farmer befürchten. Im vergangenen Jahr hatte das Oberste Gericht ein Urteil gefällt, demzufolge Treibhausgase, die von Fahrzeugen emittiert werden, zur Luftverschmutzung beitragen. Diese Entscheidung könnte die rechtliche Folge haben, daß die Umweltschutzbehörde EPA Steuern nicht nur auf Fahrzeuge, sondern auch auf Rinder erhebt, da sie ebenfalls Treibhausgase produzieren.

Die EPA selbst behauptet zwar, in ihrem neuen Report, der als Antwort auf das Urteil des Obersten Gerichts verfaßt wurde, werde keineswegs daran gedacht, Rinder zu besteuern, wie Associated Press am 5. Dezember meldete. Aber damit ist das Thema nicht vom Tisch. Die American Farm Bureau Federation, die Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums zugrundegelegt und mit bestehenden EPA-Bestimmungen abgeglichen hat, gibt bereits bekannt, daß Höfe mit mehr als 25 Kühen, 50 Bullen oder 200 Schweinen jährliche Abgaben in Höhe von 175 Dollar pro Kuh, 87,5 Dollar pro Bulle und 20 Dollar pro Schwein zu entrichten haben könnten. Auf eine mittelgroße Ranch kämen nach Einschätzung von Ken Hamilton, Vizepräsident der Wyoming Farm Bureau Federation, jährliche Kosten in Höhe von 30.000 bis 40.000 Dollar zu. Hamilton berichtete, daß er mit einer Reihe von Rinderzüchtern gesprochen habe und sie ihm alle erklärt hätten, daß sie von einer solchen Besteuerung in den Bankrott getrieben würden.

Der Farmervereinigung zufolge fallen Höfe, die mehr als 100 Tonnen Kohlendioxid im Jahr emittieren, unter die Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes (Clean Air Act). EPA-Sprecher John Millett behauptete zwar laut AP, daß die Behörde keinerlei Vorschläge zur Besteuerung von Nutzvieh gemacht hat, aber die Befürchtungen der Fleischerzeuger sind dennoch nicht unbegründet. Denn wenn die EPA über "Viehzucht" schreibt, deren Treibhausgasemissionen nach den Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes geregelt werden müssen, dann regt das verständlicherweise zu allerlei Spekulationen an.

Bruce Friedrich, Sprecher der in Washington ansässigen Tierrechteorganisation People for the Ethical Treatment of Animals, würde eine Steuer auf Tiere begrüßen. Das mache absolut Sinn, wenn man den Fleischverbrauch reduzieren und Umweltschäden vermeiden wolle, meinte er. Seine Organisation unterstütze die Idee, daß Tierfabriken einen fairen Anteil entrichten müssen.

Vielleicht erweist sich die aufgeregte Debatte unter den Viehzüchtern der USA als heiße Luft. Aber allein daß die Idee einer "Kuhsteuer" so breitgetreten wird, zeigt, daß sich die Bürger eine solche Steuer sehr gut vorstellen können. Und das tun sie, weil ihnen die dahinterstehende Denkweise aus anderen Bereichen vertraut ist.

Perry Mobley, Leiter der Fleischabteilung der Alabama Farmers Federation, wird von AP mit den Worten zitiert: "Wer hat denn solch eine Idee aufgebracht? Es scheint, als bestehe der eigentliche Grund darin, die Viehbetriebe zu zerstören. Für die würde so etwas mit Sicherheit das Aus bedeuten."

Könnte die Absicht darin bestehen, Viehbetriebe zu zerstören? Aber ja, das ist nicht auszuschließen. Nicht nur in Europa, auch in den USA gibt es ein Höfesterben als Folge einer gezielten Politik, die erstens die Großen begünstigt und zweitens die Landwirtschaft insgesamt am Gängelband führt. Darüber hinaus erhalten kleinere Betriebe bei den Banken nur schwer Kredite und müssen deshalb häufig dichtmachen.

Im Sinne der oben erwähnten Mangelkontrolle als Herrschaftsprinzip wäre es nur konsequent, den Fleischverbrauch zu verringern und neue Zwänge zu installieren. Der Klimaschutz könnte dabei als Vorwand dienen. Die Prognosen zu den Klimawandelfolgen eignen sich jedenfalls hervorragend zum Aufbau eines äußeren Bedrohungsszenarios, dem angeblich nur begegnet werden kann, wenn die Menschen ihre Gürtel enger schnallen und Verzicht üben. Früher wurde die vorherrschende Ordnung durch andere, menschliche oder auch religiöse (Teufel, Hexen) Bedrohungen aufrechterhalten. Da war schon mal die Rede von der roten Gefahr, die von Osten heraufziehe, oder wahlweise einer gelben Gefahr aus China. Es wurden Raketen aufgestellt, auf die angeblich nicht verzichtet werden könne, um den Feind davon abzuhalten, einem Böses anzutun.

Bei diesem Rüstungswettlauf wurden enorme Ressourcen verbraucht, die sich bei vielen Menschen innerhalb der militarisierten Gesellschaften oder in Ressourcenräumen des Trikonts als Mangel bemerkbar machten. Heute dient die Terrorismusbekämpfung als Vorwand für Repressionen und Kriegszüge - Deutschland wird angeblich am Hindukusch verteidigt -, und in seinem Namen werden den Menschen weitreichende Einschränkungen auferlegt.

Die Bedrohung durch den Klimawandel könnte sich jedoch als ein noch wirksameres Mittel zur Rechtfertigung von Repressionen erweisen - vielleicht viel nützlicher als der angebliche Kampf gegen Terrorismus. Denn bei aller Bemühung seitens der Staatsorgane in Deutschland, die Bürger auf die Gefahr von Anschlägen vorzubereiten, fällt es schwer, eine verängstigte Stimmung zu erzeugen - die dann den Weg für Grundgesetzänderungen freimachte -, wenn jahrelang gar nichts passiert beziehungsweise sich all die gefaßten "Terroristen" als völlige Stümper erweisen oder gar als Personen, die in Verbindung zu deutschen Sicherheitsbehörden standen ("Sauerland-Trio").

Aber der Klimawandel, der birgt ein ungeheures Potential für staatliche Übergriffe in Bereiche, die bislang als unverletzlich galten und in denen er nichts zu suchen hatte. In England werden Hausbesitzer, die ihre Häuser nicht ausreichend wärmeisoliert haben, quasi an den Pranger gestellt, indem Wärmebildaufnahmen der "sündigen" Gebäude ins Internet gestellt werden, so daß Nachbarn den Eigentümer auf sein mutmaßliches Fehlverhalten aufmerksam machen können - es läßt sich denken, daß dabei ein sehr hoher sozialer Druck aufgebaut wird.

Wenn Klimaschutz allein als individuelles Problem gehandhabt wird und darauf hinausläuft, daß aus "jeder kann was tun" ein Zwang wird - "jeder muß was tun" -, hat die Obrigkeit leichtes Spiel, die heutige gesellschaftliche Ordnung der extremen sozialen Ungleichheit zwischen Nord und Süd sowie innerhalb der jeweiligen Staaten in ein höherqualifiziertes Regime zu überführen, das unter dem Zeichen des Klimaschutzes die vertikale Ordnung unüberwindlicher denn je gegen alle Restwiderstände durchzusetzen versteht.

9. Dezember 2008