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KLIMA/300: Erneute Korrektur der IPCC-Prognose - Erde wird heißer (SB)


Temperaturanstieg um sechs Grad bis zum Jahr 2100 prognostiziert


Die Klimaexperten scheinen ihre Prognosen zur globalen Erwärmung laufend den Gegebenheiten und sich abzeichnenden Trends anzupassen. Das gilt auch für den Weltklimarat, der rund alle sechs Jahre einen umfassenden Report vorlegt. Im kommenden Monat wird die zusammenfassende Analyse dreier in Abständen im Laufe dieses Jahres veröffentlichten Berichte erwartet. Daran haben weltweit mehrere tausend Wissenschaftler gearbeitet - das sogenannte IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) der Vereinten Nationen setzt in der Klimaforschung die Maßstäbe. Ihm wird zwar von den einen Alarmismus und von den anderen Konservatismus vorgeworfen, doch letztlich repräsentiert der Weltklimarat den Mainstream unter den Klimaforschern. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß sich Außenseiter nicht gegenüber der großen Masse der Wissenschaftler durchsetzen; abweichende Ansichten haben sozusagen die Neigung, nicht gehört zu werden.

Dessen ungeachtet zeigen die Prognosen des IPCC einen eindeutigen Trend: Die Erde wird sich schneller und stärker erwärmen, als noch vor sechs Jahren angenommen. Als der IPCC im Jahr 2001 einen Bericht vorlegte, hatte es geheißen, daß sich die mittlere bodennahe Durchschnittstemperatur der Erde bis zum Jahre 2100 um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius erwärmen werde. Wobei damals keine Stimme zu vernehmen war, die tatsächlich dem Maximalwert den Zuschlag gegeben hatte.

5,8 Grad, das schien eine geradezu groteske Vorstellung. Ab einer Temperaturerhöhung um 2,0 Grad würde es katastrophal für die Menschheit werden, war sich die Forschergemeinde weitgehend einig. 5,8 Grad hingegen schien schier unvorstellbar.

Im vergangenen Jahr hat die Presse vorab über den bevorstehenden nächsten IPCC-Bericht berichtet. Die Klimaforscher würden, so hieß es, nun von einem Temperaturanstieg um 2,0 bis 4,5 Grad ausgehen. Ein Zuwachs von drei Grad hielten sie für am wahrscheinlichsten.

Diese Prognose schien verdichteter, die Forscher erweckten den Eindruck, als vermöchten sie nun genauer vorherzusagen, wie weit sich die Erde erwärmen werde. Die Prognose von 3,0 Grad globale Erwärmung im Jahre 2100 bedeutet, daß der Schwellenwert von 2,0 Grad einige Jahrzehnte früher erreicht werden würde.

Innerhalb nur eines einzigen Jahres hat sich die Einschätzung des IPCC radikal gewandelt. Laut der "Welt am Sonntag", die aus dem Entwurf des im November zur Veröffentlichung vorgesehenen Berichts der politischen Zusammenfassung und Bewertung des vierten Weltklimaberichts zitiert, befürchten die Forscher einen Temperaturanstieg von mehr als 6,0 Grad bis Ende des Jahrhunderts!

Ähnlich wie die Prognose von 5,8 Grad Temperaturanstieg aus dem Jahr 2001 wird dies als Maximalwert angesehen, und doch läßt sich anhand des Verlaufs der Maximalwerte erkennen, daß sich die Einschätzung stärker gewandelt hat, als ein direkter Vergleich zwischen 5,8 und 6,0 vermuten läßt. Von 5,8 auf 4,5 auf über 6,0 Grad - offensichtlich sind in letzter Zeit Entwicklungen eingetreten, die den Klimaforschern ernsthafte Sorgen bereiten, so daß sie ihre Prognose wieder nach oben korrigiert haben. Und noch immer gilt die Einschätzung, daß ein globaler Temperaturanstieg von 2,0 Grad für "die Menschheit" so gerade noch zu verkraften ist (daß heute bereits 854 Mio. Menschen hungern, wird bei solchen Angaben gewöhnlich nicht berücksichtigt).

Wenn man einmal annimmt, der globale Temperaturanstieg verläuft linear, dann wäre bei 6,0 Grad im Jahre 2100 alle 16 Jahre mit einem Anstieg von 1,0 Grad zu rechnen, und im Jahre 2039 wäre der Schwellenwert, aber dem es für "die Menschheit" nicht mehr zu ertragen ist, überschritten. Das träfe also noch die jetzige Erwachsenengeneration, auf jeden Fall aber die heutigen Kinder und Jugendlichen.

Bis dahin wird das Klima regional bereits zu Verheerungen führen. Darüber täuscht der globale Durchschnittswert hinweg. Vereinfacht gesagt: Falls sich die Arktis um 4,0 Grad in zehn Jahren erwärmt, Zentralaustralien aber gar nicht (weil es dort schon ziemlich heiß ist), wirkte der Durchschnitt von 2,0 Grad Temperaturanstieg noch einigermaßen erträglich. Das wäre es natürlich für die Arktis und ihre Bewohner ganz und gar nicht.

Um sich ein Bild zu machen, welche Konsequenzen das künftige Klima zeitigen wird, eignen sich die fast kontinentweiten Überschwemmungen in Afrika, die extreme Dürre in Australien, die Folgen des Hurrikans Katrina vor zwei Jahren im Süden der USA, die gewaltigen Staubstürme, die regelmäßig über China hinwegziehen und selbst in Südkoreas Hauptstadt Seoul die Sonne verdunkeln, der Wassernotstand in den letzten Jahren im Regenwald des Amazonasbeckens, der so ausgeprägt war, daß die Regierung zahlreiche Notbrunnen bohren mußte, die diesjährigen Überschwemmungen in Bangladesch, England und Osteuropa. Nach Einschätzung der Klimaforscher sind das alles lediglich Vorboten. Es ist noch nicht die eigentliche, unerträgliche Katastrophe.

18. Oktober 2007