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KLIMA/282: Dürre nicht nur in den USA - steigende Getreidepreise (SB)


Die USA zehren von ihren Süßwasserreservoiren ... noch


Florida, Inbegriff für Sumpf, Schilf, Mangroven, Krokodile und viel, viel Wasser leidet unter Dürre. Ende Mai brach am Okeechobee-See, dem Trinkwasserreservoir für fünf Millionen Einwohner, auf einer Fläche von 5000 Hektar ein Feuer aus und fraß sich durch das trockene Unterholz. Der Brand wurde schließlich durch "Barry", den ersten tropischen Sturm der Saison, gelöscht. Es müßte aber den ganzen Sommer durchregnen, um den See wieder aufzufüllen, warnten Experten.

Im Bundesstaat Alabama, Teil des sogenannten Weizengürtels, verdorren die Getreidepflanzen auf dem Feld. Dort hat es in diesem Jahr 30 Zentimeter weniger Niederschlag gegeben als normalerweise. Im Wüstenstaat Arizona ziehen Tiere und Pflanzen die Berge hinauf, da die Täler zu heiß und zu trocken sind. Der normalerweise schneebedeckte Mount Lemmon, der sich über der Landeshauptstadt Tucson erhebt und das südlichste Skigebiet der USA birgt, war in den letzten Jahren weitgehend schneefrei geblieben.

Es mangelt an Niederschlägen, nicht jedoch an Niedergeschlagenheit der Farmer. Seit teilweise acht Jahren herrscht in einigen Gebieten der USA Dürre. Eigentlich müßte der landwirtschaftliche Anbau eingestellt werden. Lediglich aufgrund der übermäßigen Wasserentnahme aus Flüssen wie den Colorado und seinen Stauseen, vor allem aber aus den Aquiferen im Untergrund wird der oberflächliche Eindruck erweckt, die US-Getreideproduktion stände nicht am Rande des Niedergangs.

Ob dieses Bild noch lange aufrechterhalten werden kann, ist angesichts des fortgesetzten Wassernotstands fraglich. Die Grundwasserspiegel sinken rapide, die Felder versalzen. Seit 1895 hat es im normalerweise feuchten und vegetationsreichen Südosten der USA keine so trockene Periode gegeben wie in diesem Jahr. In Georgia, berühmt für seine saftigen Melonen und Pfirsiche, rechnen die Farmer mit einem Ernteverlust zwischen 50 und 70 Prozent, nachdem einem ausgesprochen strengen Winter das trockenste Frühjahr seit Beginn der Aufzeichnungen gefolgt ist.

In Kalifornien und Nevada, die ohnehin nicht für ihren Wasserreichtum bekannt sind - der üppige Regen im vergangenen Jahr in Kalifornien ist eine Ausnahme -, hat es seit 1924 nicht mehr so wenig Niederschlag gegeben wie in 2007.

Vieles erinnert an die katastrophalen dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts, der "Dust-bowl"-Phase ... einiges wirkt noch schlimmer, wird jedoch verdeckt durch staatliche Zuwendungen für die in die Not geratenen Bauern. Die Dürre in den dreißiger Jahren währte zehn Jahre und ging nicht zuletzt auf die Staubstürme zurück, die durch die unangebrachte Art und Weise des Ackerbaus begünstigt wurden. Die aktuelle Dürre hingegen hat mit einem Wandel des Klimas zu tun und könnte das ganze Jahrhundert nicht mehr enden. Zu dieser Einschätzung gelangte der Klimatologe Richard Seager von der Columbia-Universität. Er war Forschungsleiter einer Studie, die kürzlich von dem National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) veröffentlicht wurde.

Experten rechnen in diesem Jahr in den USA mit Ernteeinbußen, wenngleich aufgrund des exzessiven Gebrauchs nicht-erneuerbarer Wasserreservoire wiederum nicht so stark, wie es ohne künstliche Bewässerungssysteme offenbar würde. Auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten wird aufgrund der Frühjahrsdürre mit knapperen Ernten gerechnet. Gleiches gilt für Australien, dem drittgrößten Weizenexporteur der Welt.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) entwirft in ihrem jüngsten Ausblick auf die globale Ernährungslage (Food Outlook) ein ambivalentes Bild. Einerseits vermutet die Organisation, daß in diesem Jahr weltweit mit einer sechsprozentigen Zunahme der Getreidemenge gegenüber den 2,125 Milliarden Tonnen des vergangenen Jahres zu rechnen sei. Andererseits meldet sie, daß dies nicht den gestiegenen Bedarf sowohl für den traditionellen Verzehr als Lebensmittel als auch für die Herstellung von Biotreibstoff decken werde.

Die FAO geht deshalb von weiterhin hohen Getreidepreisen aus und schreibt, daß die Entwicklungsländer in diesem Jahr neun Prozent mehr Geld für Getreideimporte ausgeben werden als im vergangenen Jahr. Weltweit gesehen läge der zu erwartende Kostenzuwachs bei fünf Prozent. Wobei die Prognosen für die ärmsten unter den armen Länder am nachteiligsten ausfallen. Sie müßten in diesem Jahr fast 90 Prozent mehr finanzielle Mittel für Nahrumgsimporte aufbringen als im Jahr 2000, so der FAO-Ökonom Adam Prakash.

Wetter- und Klimarekorde werden normalerweise an der Normalität gemessen. Damit wird zumindest theoretisch Rückkehr zur Norm unterstellt. Das soll offenbar beruhigen. Nach den von Menschen aufgestellten erdgeschichtlichen Maßstäben ergibt sich ein gänzlich anderes Bild für Normalität. Das entfernt sich weit von dem natürlichen menschlichen Überlebensinteresse.

13. Juni 2007