Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → MEINUNGEN


STANDPUNKT/917: Urwälder sind Schatzkammern der Artenvielfalt (BUND TH)


BUND Landesverband Thüringen e.V. - Pressemitteilung, 10. Mai 2017

Urwälder sind Schatzkammern der Artenvielfalt

BUND Thüringen fordert die Einlösung vom Koalitionsversprechen


Erfurt. Anlässlich der morgigen Anhörung im Petitionsausschuss hebt der BUND Thüringen erneut die Bedeutung von nutzungsfreien Wäldern für den Naturschutz hervor. Viele Arten sind auf nutzungsfreie Wälder angewiesen und haben in bewirtschafteten Wäldern kaum Überlebenschancen. Deshalb fordert der Umweltverband die Thüringer Landesregierung auf, endlich ihr Koalitionsversprechen umzusetzen und 5% des Waldes in Thüringen aus der Nutzung zu nehmen.

"Urwälder sind Schatzkammern der Artenvielfalt", erklärt Dr. Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen. "Das belegt auch eine Studie, in der 120 Vergleiche zwischen genutzten und ungenutzten Wäldern in ganz Europa ausgewertet wurden. Die wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen, dass z.B. bei Pilzen, Moosen, holzbewohnenden Käfern oder Vögeln die Artenzahlen in ungenutzten Wäldern höher sind als in bewirtschafteten Wäldern."

Auf dieser Grundlage wurde bereits eine Einigung über die Nutzungsfreistellung von 22.000 ha Wald erzielt. Hier handelt es sich zum Beispiel um Flächen im Nationalpark und Urwaldparzellen, die zum Teil schon seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet werden. Vogel: "Wir können nicht nachvollziehen, dass der Konflikt über die verbleibenden 4.000 ha jetzt dermaßen eskaliert. Es handelt sich hier um weniger als 1% der Waldfläche in Thüringen, die aus wirtschaftlicher Sicht kaum relevant ist, dafür über umso mehr für den Naturschutz. Das gilt insbesondere für ein großflächiges Waldwildnisgebiet über 2.500 ha im Possenwald. Dieser bietet als unzerschnittener Buchenwald optimale Lebensbedingungen für eine Vielzahl von Arten. Die Thüringer Landesregierung muss hier endlich eine Einigung erzielen."

Nach Angaben des Umweltverbandes kann sich nur in unbewirtschafteten Wäldern eine Vielfalt an Strukturen herausbilden, welche z.T. hochspezialisierten Arten einen Lebensraum bieten. Vogel: "Während es im ungenutzten Wald 250 bis 300 Strukturen pro Hektar gibt, wie z.B. alte Baumhöhlen, Rindentaschen, Mulmhöhlen oder Wurzelteller, sind im Wirtschaftswald nur etwa 50 Strukturen pro Hektar zu finden. Und das ist für viele Arten einfach zu wenig." Als Erfolgsbeispiel führt Vogel die Urwälder der Hohen Schrecke an: "Dort konnten bisher 13 sogenannte 'Reliktarten' nachgewiesen werden. Es handelt sich hier um Arten, die als Überbleibsel vergangener Strukturen kaum noch in Europa zu finden sind. Diese Zahl ist die höchste in ganz Thüringen."

Grundlage für die natürliche Entwicklung von Urwäldern sind nach Angaben des BUND Thüringen die Faktoren Größe und Zeit. Vogel erklärt, warum: "Je größer der unbewirtschaftete Wald ist und je länger er nicht mehr bewirtschaftet wird, desto höher ist die Artenvielfalt. Arten, wie der Mittelspecht, erreichen in Buchenwäldern ab einem Alter von 180 bis 200 Jahren ihre höchsten Siedlungsdichten. Erst ab diesem Alter bilden Buchen eine rissige Borke aus, in der die Spechte ihre Nahrung suchen. Weil Buchenwälder aber in der Bewirtschaftung bereits im Alter von 120 Jahren eingeschlagen werden, sind die Mittelspechte auf vom Menschen geschaffene Ausgleichsquartiere wie Streuobstwiesen angewiesen."

*

Quelle:
Presseinformation, 10.05.2017
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Thüringen / Landesgeschäftsstelle
Trommsdorffstr. 5, 99084 Erfurt
Tel.: 0361/555 03 10, Fax: 0361/555 03 19
Internet: www.bund-thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang