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STANDPUNKT/489: NaturFreunde lehnen Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele ab (NaturFreunde)


NaturFreunde Deutschlands - 5. November 2013

Nicht nachhaltig: NaturFreunde Deutschlands lehnen die Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele ab



Berlin, 5. November 2013 - Die NaturFreunde Deutschlands unterstützen die ablehnende Position ihres Landesverbandes Bayern zur Bewerbung Münchens um die Olympischen Winterspiele 2022. Nachhaltige Winterspiele in München sind nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht möglich. Die NaturFreunde empfehlen der Bevölkerung der betroffenen Kommunen, beim Bürgerentscheid am 10. November mit Nein zu stimmen.

Die NaturFreunde Deutschlands sind auch ein Sportverband mit bundesweit mehr als 1.000 hoch qualifizierten Trainern und Übungsleitern im Berg-, Kanu-, Schneesport und Wandern. Im Mittelpunkt unserer sportlichen Aktivitäten steht der Mensch in seiner nachhaltigen Beziehung zu Natur und Umwelt. Wir setzen auf den Breitensport.

Wir begrüßen, dass die betroffene Bevölkerung am 10. November über die Olympiabewerbung abstimmen kann. Allerdings hätten die sich bewerbenden Kommunen dafür auch alle Fakten und Einschätzungen auf den Tisch legen müssen. Dies ist nach unserer Einschätzung nicht der Fall. Auch wenn einige Risiken derzeit noch nicht sicher abgeschätzt werden können, hätte über sie informiert werden müssen.

Steuerzahler haften für eine unbestimmte Verlustgarantie

Einer der Risikofaktoren sind die veranschlagten Kosten sowie die Vertragsgestaltung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Allein im südrussischen Sotschi werden für die Olympischen Winterspiele 2014 statt der veranschlagten neun Milliarden nun wohl weit mehr als 40 Milliarden Euro verbaut. Das veranstaltende IOC muss diese Kosten nicht tragen. Durch die sogenannten "Host City Verträge" werden finanzielle Risiken dem Ausrichter aufgebürdet, der eine unbestimmte Verlustgarantie übernehmen muss. Der Ausrichter - und damit der Steuerzahler - haftet also in jedem Fall, offen ist nur die Höhe. Diese Praktiken sind sittenwidrig. Kein normaler Mensch würde einen solchen Vertrag freiwillig eingehen.

Wir befürchten in diesem Zusammenhang auch, dass wegen der zusätzlichen Kosten für Olympia 2022 soziale Projekte in München gekürzt oder eingestellt werden. Zudem wird sich der schon heute äußerst angespannte Wohnungsmarkt in München weiter verschärfen und noch mehr finanziell schwache Menschen aus der Stadt vertreiben.

Schneekanonen sind Symbole der Verantwortungslosigkeit im Klimawandel

Als Umweltverband kritisieren wir insbesondere die Auswirkungen Olympischer Winterspiele auf die Umwelt in der einzigartigen Berglandschaft der Alpen. Dort wirkt sich die Erderwärmung besonders schnell und deutlich aus. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass schon bis zum Jahr 2020 die mittleren Temperaturen im Voralpenland im Winter um drei Grad Celsius und im Sommer um rund zwei Grad Celsius ansteigen werden. In der Konsequenz wird es weniger Niederschläge als bisher geben, die sich dann hauptsächlich auf die Frühjahrs- und Spätwintermonate konzentrieren. Schon bei einer Erwärmung um ein Grad Celsius wird die mittlere Dauer der Schneebedeckung in manchen Regionen um vier bis sechs Wochen zurückgehen. Olympische Winterspiele 2022 in München würden demnach tatsächlich "grüne" Spiele werden, hätten so allerdings einen gänzlich anderen Charakter, als von Veranstalter und Ausrichter gewünscht. Selbst Schneekanonen benötigen eine gewisse Mindesttemperatur für eine Beschneiung. Jedoch handelt es sich hier um eine bestenfalls kurzfristig wirksame, aber langfristig teure und weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltige Lösung. Schneekanonen sind immer auch Symbole eines verantwortungslosen Umgangs mit der Energie im Klimawandel. Sie stellen die Ernsthaftigkeit der Energiewende infrage, die nur mit einem reduzierten Energieverbrauch funktionieren kann.

Es geht um den Kommerz und nicht um den olympischen Gedanken

Für äußerst fragwürdig halten wir zudem die offiziellen Sponsoren der Olympischen Spiele, die mit der Förderung der sportlichen Wettbewerbe ihr internationales Image verbessern wollen. Coca Cola und McDonald?s als Vertreter eines "gesunden" Sports? Dow Chemical (Agent Orange) als Vertreter "friedensstiftender" Spiele? Ein Lacher! Besonders wenn man weiß, dass Sponsoren und Veranstalter an einem echten Wettbewerb außerhalb der Wettkämpfe gar nicht interessiert sind. Während der Spiele dürfen nur Waren der Sponsoren angeboten werden. Die sind weder bio, noch fair und schon gar nicht regional produziert. Sponsoren und Veranstalter geht es um den Kommerz und nicht um den olympischen Gedanken.

Bürgerentscheid am 10. November für eine echte nachhaltige Entwicklung

Muss für dieses 17-tägige kommerzielle Spektakel tatsächlich eine ganze Region umgebaut und belastet werden? Die NaturFreunde Deutschlands appellieren an die Bevölkerung der betroffenen Kommunen, am 10. November für eine echte nachhaltige Entwicklung zu stimmen und "Nein" zu sagen zu Größenwahn, Schuldenbergen und IOC-Knebelverträgen.

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Quelle:
Presseinformation vom 05.11.2013
Herausgeber: NaturFreunde Deutschlands
Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2013