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STANDPUNKT/436: Endlagersuchgesetz wird Atommüll-Konflikt nicht lösen (.ausgestrahlt)


.ausgestrahlt / Gemeinsam gegen Atomenergie - Berlin, 28. Juni 2013

Endlagersuchgesetz wird Atommüll-Konflikt nicht lösen

Atomkraftgegner enttäuscht und verärgert / Heute Aktion vor dem Reichstag



Zu der für heute geplanten Verabschiedung des Endlagersuchgesetzes im Bundestag erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

"Meine große Sorge ist, dass es mit diesem Gesetz nicht gelingen wird,den Konflikt um die Atommüll-Lagerung zu lösen. Ich bin enttäuscht und verärgert, dass die Politik nicht deutlicher auf die Bürgerinnen und Bürger zugeht, sondern immer noch meint, sie könne das Atommüll-Problem alleine lösen. Denn das bleibt trotz der jetzt noch vorgenommenen kosmetischen Änderungen das größte Manko des jetzt gewählten Verfahrens:

  • Die im Gesetz vorgesehene Bürgerbeteiligung an den potentiellen Standorten ist marginal.
  • Noch bevor die geplante Kommission ihre Arbeit aufnimmt, wird im Gesetz schon vieles detailliert geregelt, was die Experten erst erarbeiten sollen.
  • Die Kommission soll bis 2015 erörtern, ob es zur Endlagersuche ein neues riesiges Bundesamt braucht. Dieses wird aber bereits 2014 eingerichtet. Da kann ich nur sagen: Bundesrechnungshof, übernehmen Sie!

Einige der jetzt beschlossenen Änderungen gehen zwar in die richtige Richtung, greifen aber viel zu kurz:

  • Natürlich ist es sinnvoll, das Bundesamt nicht schon 2013 einzurichten. Aber 2014 macht genauso wenig Sinn.
  • Natürlich ist es sinnvoll, mehr Wissenschaftler in die Kommission aufzunehmen, aber wenn die hinterher doch nichts zu sagen haben, nutzt das auch nichts.
  • Natürlich ist es sinnvoll, den betroffenen Anwohnern und Gemeinden mehr Klagerechte einzuräumen. Aber warum gibt es die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung dann nur bei einem einzigen Verfahrensschritt? Unterm Strich bedeutet das immer noch ein Abbau von Anwohnerrechten.


Zwei Passagen im Gesetz grenzen an Täuschung der Öffentlichkeit:

Zwar wird ein Verbot weiterer Castor-Transporte nach Gorleben aufgenommen. Aber es ist jetzt schon absehbar, dass dieses Verbot vor Gericht nicht haltbar ist. Die AKW-Betreiber behalten sich Klagen dagegen ausdrücklich vor. Und wenn die Bundesländer von ihrem Vetorecht bezüglich der Castor-Zwischenlagerung Gebrauch machen, dann läuft sowieso alles wieder auf Gorleben hinaus.

Zwar wird die Dauer der Zwischenlagerung auf 40 Jahre beschränkt, aber es ist unter Experten ein offenes Geheimnis, dass diese Zeitspanne bei Weitem nicht ausreichen wird, um ein Endlager in Betrieb zu nehmen.

Ein großes Problem bleibt: Weil der ungeeignete Salzstock Gorleben Teil des Suchverfahrens bleibt, wird weiter hauptsächlich über das Für und Wider von Gorleben gestritten werden, statt ohne Vorbehalte gemeinsam darüber nachzudenken, wie die schwere Hypothek Atommüll künftig gehandhabt werden kann.

Absolut unverständlich ist es für mich, wieso trotz aller bekannten Probleme bei der Atommüll-Lagerung immer noch Tag für Tag in neun AKW hochradioaktive Abfälle in großen Mengen produziert werden können. Niemand ist doch so verrückt und lässt bei einer überlaufenden Badewanne den Wasserhahn an und kümmert sich stattdessen nur ums Aufwischen.

Schwarz-Gelb und Rot-Grün loben den Kompromiss. Aber ein Kompromiss ist kein Wert an sich. Wenn eine Brücke über einen 20 Meter breiten Fluss gebaut werden soll, die eine Seite will das Bauwerk 5 Meter lang machen und die anderen Seite 15 Meter, dann liegt der Kompromiss bei 10 Meter. Aber damit kommt man nicht über den Fluss."

*

Quelle:
Presseerklärung, 28.06.2013
Herausgeber: .ausgestrahlt
Marienthaler Straße 35, 20535 Hamburg
E-Mail: info@ausgestrahlt.de
Internet: www.ausgestrahlt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2013