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LAIRE/206: Mountaintop Removal Mining - Berge verschwinden, Täler ersticken, Flüsse vergiften (SB)


Neue Studie - Weitreichende Umweltschäden durch Kohleförderung in den Appalachen



In einer neuen Studie wird bestätigt, was die Menschen in der Bergbauregion der Appalachen längst wissen, da es vor ihrer eigenen Haustür passiert: Durch den Kohletagebau werden die Flüsse vergiftet. Forscher der Universitäten Duke und Baylor haben jenem Wissen nun einen mathematischen Hintergrund verliehen. Demnach sind im Süden des US-Bundesstaats West-Virginia 22 bis 32 Prozent der Fließgewässer so sehr mit Schadstoffen belastet, daß sie nach staatlichen Kriterien als "geschädigt" gelten, berichtete am Donnerstag die Internetseite Terradaily.com unter Berufung auf einen Artikel im Journal "Environmental Science and Technology" [1].

Beim Kohletagebau in West-Virginia und anderen Fördergebieten der Appalachen werden ganze Bergkuppen weggesprengt, um die Kohleschicht freizulegen. Dabei fallen riesige Mengen Abraum an, mit dem kurzerhand die Täler aufgefüllt werden. Auf diese Weise wird die ganze Landschaft eingeebnet. Seit Beginn des Einsatzes dieser explosiven Methode, die Mountaintop Removal Mining genannt wird, wurden schon rund 500 Bergkuppen gekappt.

Eigentlich ist keine wissenschaftliche Untersuchung notwendig, nur um festzustellen, daß ein derart massiver Eingriff in die Landschaft wie das Mountaintop Removal Mining verheerende Folgen für Pflanzen und Tiere und damit auch für die Menschen haben muß. Dennoch sind wissenschaftliche Studien, wie jetzt eine von Emily S. Bernhardt, assoziierte Professorin für Biogeochemie an der Nicholas School of the Environment der Duke-Universität, und ihren Kollegen vorgelegt wurde, nicht unwichtig. Der Widerstand gegen das Montaintop Removal Mining kann jede Form der Unterstützung gebrauchen, auch die seitens der etablierten Wissenschaft.

Die Studie liefere handfeste Beweise für die kumulativen Auswirkungen des Tagebaus im regionalen Maßstab, sagte Bernhardt. Der Zusammenhang sei eindeutig und unmittelbar. Je mehr Bergwerksaktivitäten stromaufwärts, desto größer der biologische Verlust sowie die Versalzung flußabwärts und desto weitreichender auch die Auswirkungen. Ab einer bestimmten Intensität des Bergbaus im Oberlauf beginnen zahlreiche Wasserlebewesen zu verschwinden, stellte die Forschergruppe fest.

Sie hatte Satellitendaten aus dem Zeitraum 1976 bis 2005 für eine Fläche von 19.581 km² mit biologischen Daten und Meßergebnissen zur Wasserqualität, die das Umweltschutzministeriums von West Virginia zwischen 1997 und 2007 erfaßt hat, zu 223 Fließgewässern abgeglichen. Fünf Prozent der Fläche des Untersuchungsgebiets wurde vom Tagebau beansprucht. Mit dem Auffüllen der Täler wurden rund 750 Kilometer Fließgewässer begraben, und die vierfache Strecke wurde erheblich kontaminiert.

Es ist bezeichnend, daß die Unternehmen, die reichlich Kohle mit der Kohle machen, nicht für die ökologischen und menschlichen Folgeschäden ihres schädigenden Wirkens zur Verantwortung gezogen werden. Das System, das eine solche Praxis legalisiert, erweist sich somit als räuberisch. Wie sonst wäre zu erklären, daß sich einige Menschen bereichern können, andere dagegen die Schäden davontragen und die Konsequenzen ausbügeln müssen. Die Profite werden privatisiert, die Verluste vergesellschaftet. Abgesehen von der Belastung der Flüsse in den Appalachen mit Schadstoffen, verschmutzt der Bergbau Luft und Boden, was sich zusammengenommen in einer höheren Erkrankungsrate an Krebs, Haut- und vor allem der Atemwege der Einwohner niederschlägt.


Fußnoten:

[1] "How Many Mountains Can We Mine? Assessing the Regional Degradation of Central Appalachian Rivers by Surface Coal Mining", Emily S. Bernhardt, et al., Environ. Sci. Technol., 12. Juli 2012, DOI: 10.1021/es301144q

3. August 2012