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SCHUTZGEBIET/788: Militärische Folgelandschaft - Wandern, wo die Unken rufen (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 2/2014
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Militärische Folgelandschaft

Wandern, wo die Unken rufen



Vom militärischen Übungsgelände zum Erholungs- und Naturschutzgebiet - diese Entwicklung hat ein 280 Hektar großes Areal im Osten der niederbayerischen Stadt Landshut genommen. Eine BUND-Kreisgruppe setzt sich seit vielen Jahrzehnten für den Schutz der wertvollen Fläche ein.


Über 100 Jahre lang wurde er militärisch genutzt, der ehemalige Standortübungsplatz Landshut. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1880 zurück. Vom Exerzierplatz des 2. Königlich-Bayerischen Schwere-Reiter-Regiments wurde er zum Übungsgelände der deutschen Wehrmacht. Nach dem Zweiten Weltkrieg übte hier die US-Armee und ab 1968 dann eine Panzereinheit der Bundeswehr.

Seine militärische Vergangenheit macht das Gelände für den Naturschutz so ungewöhnlich wertvoll: Zum einen blieb es, abgesehen vom zeitweiligen Übungsbetrieb, weitgehend ungestört. Zum anderen sind viele besondere Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten überhaupt erst durch die Übungen entstanden.

Unermüdlich eingesetzt

Gemeinsam mit der Bundeswehr pflegte die Kreisgruppe Landshut des BUND Naturschutz über 20 Jahre lang das Areal, im Sinne des Arten- und Biotopschutzes. Aus Rücksicht auf die Natur wurde der intensive Übungsbetrieb auf bestimmte, mit dem BUND ausgearbeitete Zonen beschränkt.

Nach dem Abzug der Bundeswehr 1994 erwog die Stadt Landshut hier Bauland auszuweisen. Die Kreisgruppe setzte sich vehement dafür ein, das Naturjuwel zu bewahren. Mit der Stadt einigte sie sich schließlich darauf, nur rund 20 Hektar zur Bebauung vorzusehen und den mit 280 Hektar größten Teil unter Schutz zu stellen. 2001, im Rahmen der Ausweisung zum Naturschutzgebiet, organisierte die BUND-Gruppe ein aufsehenerregendes Kulturprojekt: »Terra incognita«, das Gemeinschaftswerk von 25 Landshuter KünstlerInnen.

Landesweite Bedeutung

Den Norden des einstigen Übungsplatzes, das weitläufige Isartal, prägen magere Weideflächen und eingestreute Kleingewässer. Nach Süden geht er in die Steilhänge der Isarleite mit ihren Buchenmischwäldern und vielen Kalktuffquellen über. Noch weiter südlich beginnt ein malerisches Hügelland mit ausgedehnten Weideflächen, unterbrochen von Streuobstwiesen, besonnten Tümpeln und offenen Bodenstellen.

Für den Artenschutz ist das vielfältige Gelände überregional bedeutsam: Knapp 600 Pflanzenarten gibt es hier, dazu äußerst seltene Pilze. Zur Fauna zählen über 180 Wildbienenarten, der Deutsche Sandlaufkäfer, Gelbbauchunke und Kammmolch sowie Wespenbussard, Hohltaube und (als Baumbrüter!) die Dohle.

Südlich grenzt ein Landschaftsschutzgebiet mit wertvollen Wiesen an. Diese drohten kürzlich in einen Maisacker umgebrochen zu werden. Auch hier reagierte die Kreisgruppe. Mit amtlicher Unterstützung und gefördert vom Bayerischen Naturschutzfonds konnte sie die Wiesen für vorerst zehn Jahre pachten.

Gut betreut

Wichtig ist das weitläufige Areal auch als Erholungsgebiet, nicht nur für die Landshuter selbst. Auch deshalb fand es Aufnahme in den Wanderführer »Gerettete Landschaften« (erschienen 2013 im Bergverlag Rother). Das Areal gehört heute der Stadt Landshut und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Seit 2008 hat der einstige Übungsplatz einen Gebietsbetreuer, welcher - als Teil der kommunalen Biodiversitätsstrategie - bei der Stadt Landshut angestellt ist und von der EU gefördert wird. Er gehört zu einem bayernweit agierenden Netz von 36 Gebietsbetreuern, welche sich um besonders wertvolle Landschaften und Schutzgebiete kümmern. Seit 2011 hat Philipp Herrmann ein offenes Ohr für die Anliegen der Grundstückseigentümer, er koordiniert die Schäfer, überwacht die Tier- und Pflanzenwelt und kümmert sich sowohl um das Gebietsmanagement als auch die Pflege der Biotope.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung arbeitet Herrmann eng mit dem BUND Naturschutz zusammen. So bietet er, auch gemeinsam mit Paul Riederer, regelmäßig naturkundliche Exkursionen im Naturschutzgebiet an. Ein Besuch lohnt sich!



Termine und weitere Informationen finden Sie unter
www.landshut.bund-naturschutz.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Paul Riederer, langjähriger Vorsitzender der BUND-Kreisgruppe Landshut, in der »Ochsenau« im Norden des Schutzgebietes.

- Gebietsbetreuer Philipp Herrmann (im Hintergrund rechts) auf einer Frühlingsexkursion mit angehenden Biobauern.

- Türkenbundlilie und Großblütiger Fingerhut zählen zur reichhaltigen Flora des alten Übungsplatzes.

- Den Lebensraum der bedrohten Gelbbauchunke haben früher die Panzer geschaffen. Heute sorgen Naturschützer mit schwerem Gerät für flache Tümpel und Fahrspuren.

- Blick von oben auf den Südteil des ehemaligen militärischen Übungsgeländes - von Paul Riederer liebevoll als »Kleine Rhön« betitelt.

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Quelle:
BUNDmagazin 2/2014, Seite 30 - 31
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Tel. 030/275 86-457, Fax. 030/275 86-440
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Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2014