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MOOR/037: Nieren der Landschaft - "Boden des Jahres 2012" ist das Niedermoor (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 166 - Februar/März 2012
Die Berliner Umweltzeitung

Nieren der Landschaft
"Boden des Jahres 2012" ist das Niedermoor

von Christoph Vinz


Am 5. Dezember 2011, dem Weltbodentag, wurde in der Landesvertretung Brandenburgs in Berlin der "Boden des Jahres 2012" vorgestellt. Mit der Ausrufung des Niedermoors soll das allgemeine Bewusstsein für den Schutz von Moorböden geschaffen beziehungsweise erhöht werden. Bei dieser langfristig angelegten Aufgabe wollen Natur- und Bodenschutz eng zusammenarbeiten.

Schließlich seien intakte Moorböden, so argumentieren Fachleute von der Aktionsplattform Bodenschutz, fast so etwas wie "Renner im Klimaschutz". Denn Moore sind aufgrund ihrer Fähigkeit, große Mengen an Kohlendioxid in Form von organischer Substanz und natürlich auch Wasser abzuspeichern, ideale Helfer beim Klimaschutz. Derartige Feuchtgebiete werden zutreffend auch als "Nieren der Landschaft" bezeichnet. Zu solcher Funktion sind sie allerdings nur unter ihnen verträglichen Bedingungen in der Lage. Das heißt vor allem, es muss dauerhaft nass sein.

Während das Niedermoor sein Wasser hauptsächlich aus dem Grundwasser bezieht, lebt das Hochmoor vor allem vom Regen.

In unseren Regionen sind naturnahe Niedermoore, die sich meistens in feuchten Senken und Flussniederungen finden, leider recht selten geworden und stehen deshalb meist unter Schutz. Einst fand sich eine Vielzahl vor allem im nordostdeutschen Tiefland, wo sie in Uferregionen von Flüssen und Seen existierten. Heute sind lediglich weniger als fünf Prozent in ihrem ursprünglichen Zustand vorhanden. Vor allem der über viele Jahrhunderte betriebene Torfabbau als Brennstoffquelle hat zu Verlusten bei Tier- und Pflanzenarten geführt. Angrenzende Gewässer wurden zudem in Mitleidenschaft gezogen

Eine großflächige Entwässerung solcher Gebiete für künftigen Ackerbau, wie sie in Deutschland früher üblich war, wird noch immer in vielen Ländern praktiziert.

Unsere vorhandenen Niedermoore sind häufig Grünlandstandorte, die auch eine gute Kohlenstoffspeicherung aufweisen. Wenn jedoch diese Flächen umgebrochen und als Ackerland genutzt werden, wandelt der Luftsauerstoff beim Torf organische in anorganische Nährstoffe um. So kann sich aus der "guten" Kohlenstoffsenke eine "böse" Kohlenstoffquelle entwickeln.

Mit der Wiedervernässung von ehemaligen Mooren ist allerdings keine automatische Revitalisierung verbunden. Durch Trockenlegung und landwirtschaftliche Nutzung gelangte über lange Zeiträume immer wieder Sauerstoff an den Torf. Die so entstandenen anorganischen Nährstoffe werden leichter ausgewaschen, und daher können beim Wiedervernässen mineralischer Phosphor und Stickstoff in angrenzende Gewässer transportiert werden, was zu nicht tolerierbaren Belastungen führt.

Um das möglichst zu verhindern, werden gegenwärtig verschiedene Methoden geprüft. Der Forschungsverbund Berlin e.V.(Mitglied der Leibnitz-Gemeinschaft) empfiehlt, vor dem eigentlichen Wiedervernässen zunächst die oberste mineralisierte Torfschicht abzutragen oder aber auf den revitalisierten Flächen Wasserbüffel zu halten, die bei ihrer Nahrungsaufnahme zumindest einen Teil der überschüssigen Nährstoffe verbrauchen.

Wenn Moore auch Jahrzehnte benötigen, um wieder ihren ursprünglichen Zustand zu erreichen, leisten sie dennoch schon nach wenigen Jahren spürbare Ökosystemdienstleistungen für die umgebende Landschaft und den Menschen. Sie tragen zur Sauberhaltung von Gewässern bei, indem sie schädliches Nitrat aus angrenzenden Ackerflächen zurückhalten und leisten durch ihre Kohlendioxidspeicherung einen wichtigen Beitrag zur Klimaverbesserung.

2011 konnte im Naturpark Barnim ein deutsch-polnisches INTERREG-Projekt gestartet werden, das bereits auf erste Erfolge verweisen kann: Die ökologische Sanierung des Krummen Fenns bei Lanke und die Renaturierung des Rabenluchs bei Biesenthal (beide im Norden Berlins) sind bereits abgeschlossen. Bis 2014 sollen insgesamt rund 200 Hektar Moore in deutschen und polnischen Einzugsgebieten der Oder saniert werden. Ein schönes "Nebenprodukt" sind neue naturtouristische Angebote im Barnim und dem benachbarten Drawienski Nationalpark Polens.

Noch ein abschließender Tipp: Gartenfreunde sollten nach Möglichkeit auf den Kauf von Torf verzichten. Denn dieser wird häufig aus den östlichen Ländern importiert. Damit kann jeder Torfkauf ungewollt zur Zerstörung osteuropäischer Moore beitragen.


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Quelle:
DER RABE RALF - 22. Jahrgang, Nr. 166 - Februar/März 2012, S. 13
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2012