Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → LEBENSRÄUME


EUROPA/115: EU-Naturschutzgesetze - Kommission veröffentlicht Evaluation (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen e.V.
EU-Koordination

EU-News - Montag, 19. Dezember 2016 / Naturschutz & Biodiversität

EU-Naturschutzgesetze: Kommission veröffentlicht Evaluation


Nach fünf Kriterien hat die EU-Kommission die Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie evaluiert. Die Ergebnisse der Bewertung liegen seit 16. Dezember nun auch schriftlich vor. Demnach sind die Gesetze für den Biodiversitätsschutz "zweckdienlich" und "von großer Bedeutung".

Die vollständige Verwirklichung der Ziele der Naturschutzgesetze hänge jedoch von einer wesentlichen Verbesserung ihrer Umsetzung in den Mitgliedstaaten ab. Um praktische Ergebnisse im Naturschutz zu liefern, müssten lokale Behörden und andere Akteure in den EU-Ländern besser zusammenarbeiten.

Die EU-Kommission hat die Richtlinien im Naturschutz auf ihre Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz und Relevanz sowie ihren EU-Mehrwert für die Mitgliedstaaten analysiert.

Wirksamkeit: Die allgemeinen Ziele der Richtlinien sind bisher nicht ausreichend erfüllt und es ist auch unklar, wann dies der Fall sein wird, schreibt die EU-Kommission. Es sei aber klar, dass der Zustand zahlreicher Vogelarten, anderer Spezies und bestimmter Habitate ohne die EU-Vorschriften wesentlich schlechter wäre. Der Zustand verbessere sich überall dort, wo spezifische Maßnahmen in ausreichendem Maße ergriffen würden. Während das auf dem Land befindliche Natura-2000-Netz größtenteils etabliert sei, klafften beim Meeresumweltschutz noch Lücken. Die EU-Gesetze seien zwar ein Katalysator für den Schutz der Natur, doch Finanzierung, Wissenlücken, Interessengruppenbeteiligung, Managementmaßnahmen, Politikintegration und Ressourcen seien nach wie vor große Herausforderungen.

Effizienz: Die Evaluation der Kosten habe ergeben, dass diese vernünftig und angemessen im Vergleich zu den Vorteilen sind. Das Natura-2000-Netz koste die gesamte EU etwa 5,8 Milliarden Euro pro Jahr. Die vielfältigen Vorteile für die Gesellschaft werden aber auf 200-300 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Zwischen 2007 und 2013 habe die EU allerdings nur etwa 9-19 Prozent des geschätzten Finanzierungsbedarfs beigesteuert und die nationale Restfinanzierung habe nicht ausgereicht. Für 2014-2020 seien die Prioritäten etwas anders gesetzt worden, mit dem Ziel, den Finanzierungsbedarf für das Naturschutzgebietsnetzwerk besser zu definieren und die Integration voranzutreiben.

Relevanz: Die Analyse habe ergeben, dass die Richtlinien weiter relevant sind, um den Druck auf Arten und Habitate in den Schlüsselbereichen herabzusetzen. Die Gesetze beschreiben, was erreicht werden soll, überlassen es aber den Mitgliedstaaten, die spezifischen Bedrohungen in ihren Ländern zu identifizieren und entsprechend zu begegnen. Die Anhänge seien im Laufe der Zeit immer mehr erweitert worden auf inzwischen über 1.200 Arten und Unterarten sowie 231 Habitattypen. Dies seien zwar nicht alle taxonomischen Gruppen, jedoch habe Natura 2000 einen übergeordneten Schutzeffekt auch auf nicht gelistete Arten und Habitate.

Kohärenz: Die untersuchten Richtlinien samt Anhängen seien miteinander kohärent, für die Implementierung bestehe aber ein kontinuierlicher Verbesserungsbedarf, die gefundenen Lösungen für die Schutzziele mit den sozio-ökonomischen Zusammenhängen und den betroffenen Interessengruppen abzustimmen. Andere den Naturschutz betreffende EU-Gesetze gingen in die gleiche Richtung, wobei die Erfahrung zeige, dass eine bessere Koordinierung nötig und nützlich sei. Hierbei geht es beispielsweise um die EU-Biodiversitätsstrategie 2020 oder weltweite Konventionen, denen die EU beigetreten ist. Andere sektorale EU-Politikfelder wie die Landwirtschaft hätten teilweise konkurrierende Ziele, deshalb müssten die Naturschutzziele besser in die Gemeinsame Agrarpolitik integriert werden. Auch Fischerei-, Kohäsions-, Energie- und Verkehrspolitik könnten sowohl positive als auch negative Einflüsse auf Arten und Habitate haben, je nach Ausrichtung.

EU-Mehrwert für die Mitgliedstaaten: Es gebe eine breite Anerkennung der Tatsache, dass die Richtlinien eine stärkere und einheitlichere Basis für den Naturschutz innerhalb der EU gelegt haben, als dies vor ihrer Annahme der Fall war. Insofern blieben die Notwendigkeiten und Begründungen für eine Regelung auf europäischer statt auf rein nationaler Ebene weiter bestehen - auch mit Blick auf die vielfältigen Ökosystemdienstleistungen für die Gesellschaft. Naturschutz müsse über politische Grenzen hinaus geschehen. Die Ziele der Richtlinien seien weiter aktuell, es bedarf aber größeren Anstrengungen, sie auch zu erreichen und damit ihre Effektivität und Effizienz zu steigern. [jg]


Evaluierung der Naturschutzrichtlinien (engl.)
http://ec.europa.eu/environment/nature/legislation/fitness_check/docs/nature_fitness_check.pdf

Seite der EU-Kommission zum Fitness-Check der Naturschutzgesetze
http://ec.europa.eu/environment/nature/legislation/fitness_check/index_en.htm

*

Quelle:
EU-News, 19.12.2016
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang