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WALD/199: Holz in Hülle und Fülle? - Studie empfiehlt sorgfältigere Verbrauchsplanung (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2014
REGulIEREN - ABER WIE?
Vom Sinn und Unsinn der (De-)Regulierung

Holz in Hülle und Fülle?
Studie empfiehlt sorgfältigere Verbrauchsplanung

von László Maráz



Wie viel Holz können unsere Wälder liefern? Hinweise gibt die dritte Bundeswaldinventur, deren Ergebnisse inzwischen vorliegen. Die Daten wurden 2012 im gesamten Bundesgebiet erhoben und geben Auskunft darüber, wie viel Holz in der Wäldern wächst, steht und geerntet werden kann. Welche Schlüsse die unterschiedlichen Interessengruppen auch immer daraus ziehen werden: Die jährlich verfügbare Menge des nachwachsenden Rohstoffes ist begrenzt. Vermutlich werden sich weder die Politik, noch die verschiedenen Akteure darum scheren. Denn auch bisher wird in Wald- und Rohstoffstrategien viel mehr Holz verplant, als vorhanden ist. Jeder will ein großes Stück vom Kuchen und auch die Politik serviert lieber große Stücke, anstatt Sparappelle zu verkünden.


Die Kurzstudie "Der Wald im Widerstreit von Nutzungsinteressen" gibt einen Überblick über bestehende politische Strategien und Ansätze und zeigt Konflikte zwischen energie- und klimapolitischen, wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Zielen auf, die sich bei der Holznutzung ergeben. In der Studie, die im Rahmen des Verbändeprojektes "Dialogplattform Wald" erarbeitet wurde, kommt die Autorin Franziska Tucci zum Schluss, dass es zu viele unterschiedliche Strategien und Maßnahmenpakete gibt, die teilweise stark konkurrierende Ziele verfolgen.

Holz mehrfach verplant?

Um den vielseitigen Anforderungen an den Wald und der nachwachsenden Ressource Holz gerecht zu werden, hat die Bundesregierung in den letzten Jahren verschiedene sektoralpolitische Strategien und Aktionspläne vorgelegt. Diese verfolgen, jeweils abhängig vom Zweck der Strategie, unterschiedliche Zielsetzungen. So strebt beispielweise die im Jahr 2004 veröffentlichte "Charta für Holz" des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) eine Intensivierung der Holznutzung im deutschen Wald an. Auch der "Nationale Biomasseaktionsplan" (BMELV & BMU, 2010) und der "Aktionsplan der Bundesregierung zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe" (BMELV, 2009) fordern eine Mobilisierung von weiteren, bisher ungenutzten (Energie-) Holzpotentialen. Und die "Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt" (NBS) will 5% der gesamten Waldfläche in Deutschland komplett aus der Holznutzung nehmen, um auf diesen Flächen eine natürliche Waldentwicklung zu ermöglichen (BMU, 2007).

Aber: Zur Erreichung der Ziele der "Charta für Holz" werden große Holzmengen benötigt. Im Gegensatz dazu dürfte sich die Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt negativ auf die Verfügbarkeit von Holz auswirken. Alleine für die Schaffung weiterer Schutzgebiete im Wald müsste auf gut 300.000 Hektar Waldfläche die Holzernte eingestellt werden. Doch immer noch nimmt der Bedarf an Holz zu und der Druck auf die Wälder steigt. Gleichzeitig erheben weite Teile der Gesellschaft den Anspruch, dass Wald saubere Luft, Trinkwasser und anderer Ökosystemleistungen bereitstellen soll.

Offen bleibt die Frage, wie die miteinander konkurrierenden Strategien und Pläne so umgesetzt werden können, dass eine nachhaltige Bereitstellung von Holz nicht die biologische Vielfalt und den Klimaschutz gefährdet und gleichzeitig die Versorgung der holzverarbeitenden Industrie sicherstellt.

Strategien und Aktionspläne abgleichen

Angesichts der Begrenztheit der Ressource Holz und der Konkurrenz unter den Holzverwertern ist ein strategisch kluges Vorgehen erforderlich. Darum sollten die zuständigen Ressorts gemeinsam mit allen anderen relevanten Akteuren einen Abwägungs- und Aushandlungsprozess einleiten, der die verschiedenen Strategien miteinander in Einklang bringt. Notwendig ist also eine kohärente Gesamtpolitik, die vor allem in einem inhaltlichen Abgleich zwischen Waldstrategie und NBS münden sollte.

Da der Abgleich zwischen den Strategien alleine nicht ausreichen dürfte, um sowohl den geplanten Rohstoffbedarf zu decken, als auch die grundlegenden Aspekte der Nachhaltigkeit und des Schutzes der Biologischen Vielfalt zu gewährleisten, sollten flankierend zu diesen Strategien weitere Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden, die insbesondere die Gefahr der Überforderung und Übernutzung von Waldökosystemen verringern.

Sparmaßnahmen fördern

Eine Verringerung der Nachfrage nach Rohholz würde den Spielraum für die Sicherung anderer Waldfunktionen vergrößern. So könnten Maßnahmen zur Förderung der Kaskadennutzung den Holzbedarf senken. Auch eine Verbesserung der Effizienz von Öfen und Dämmung von Gebäuden würde zur Einsparung von Energieholz führen. Durch die Verringerung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Papier wären weitere Einsparungen möglich, wobei hier auch die Verbraucher gefragt sind.

Ein hochentwickeltes Industrieland wie Deutschland sollte in der Lage sein, sich mit den zuständigen Fachressorts und wichtigsten Akteuren über den Gesamtumfang der mittelfristig nachhaltig erzeugbaren Holzmengen zu verständigen. Dann könnte der Streit ums Holz weitgehend beigelegt werden.


Autor László Maráz ist Koordinator der Dialogplattform Wald beim Forum Umwelt und Entwicklung.


Die Studie kann auf der Webseite des Forums abgerufen werden unter:
www.forumue.de/publikationen/publikationen2/


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2014, Seite 27
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2014