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POLITIK/405: Niedersachsen hat ein Gülle- und Gärresteproblem (NMELV)


Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 17. März 2015

Agrarminister Meyer: Niedersachsen hat ein Gülle- und Gärresteproblem

"Neue Düngeverordnung des Bundes überfällig" - Zweiter Nährstoffbericht


Hannover. In Niedersachsen ist der Nährstoffanfall aus Dung und Gärresten im Zeitraum 2013 bis 2014 im Vergleich zum Zeitraum 2012 bis 2013 um 2,6 Millionen Tonnen auf insgesamt 59,2 Millionen Tonnen angestiegen. Dieser Anstieg entspricht etwa 100.000 voll beladenen LKW - aneinandergereiht ergäbe dies eine Strecke von Hannover bis Rom. Zu diesem Ergebnis kommt der nun zum zweiten Mal vorgelegte Nährstoffbericht, der von der Landwirtschaftskammer (LWK) im Auftrag des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums erstellt worden ist.

Noch eine weitere Erkenntnis liefert das 206 Seiten starke Dokument: Trotz größerer Verbringungsmengen besteht weiter ein erhebliches Gülle- und Gärresteproblem. In fünf Landkreisen der Weser-Ems-Region sind die Überschüsse sogar derart hoch, dass 65.000 Hektar Ausbringungsflächen fehlen - 20-mal so groß wie das Steinhuder Meer. Auffällig: Obwohl sich die Menge an Wirtschaftsdünger, die aus Weser-Ems in andere Regionen abgegeben wurde, um 500.000 Tonnen auf 2,28 Millionen Tonnen erhöht hat, bleibt das Flächendefizit fast unverändert. Mit der neuen Düngeverordnung des Bundes wird sich das Problem weiter verschärfen.

"Das ist alarmierend und macht mir große Sorgen", sagte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer. "Niedersachsen hat in einigen Landesteilen zu viele Tiere und Biogasanlagen auf zu wenig Fläche. Und Zu wenige Nährstoffe werden in andere Landesteile verbracht", so Meyer. "Das führt unweigerlich zu einer Überdüngung. Böden und Wasser leiden darunter. Das müssen, wollen und können wir in den Griff bekommen", sagte der Minister bei der Präsentation des Nährstoffberichtes heute (Dienstag) in Hannover. "Wir stehen weiter vor einer großen Herausforderung. Und wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Der Bund muss die Düngeverordnung endlich an das Mengenproblem anpassen und für Datentransparenz bei der Überwachung sorgen."

Bei der umfassenden Dokumentation der Nährstoff-Kreislaufwirtschaft bleibt Niedersachsen bundesweit Vorreiter. Als erstes Bundesland hatte es im Herbst 2013 ein solch umfassendes Zahlenwerk vorgelegt, Nordrhein-Westfalen zog Ende vergangenen Jahres mit einer vergleichbaren Erhebung nach. Niedersachsen präsentiert nun zum zweiten Mal den Nährstoffbericht. Grundlage sind elektronische Meldedaten, die von den meldepflichtigen Betrieben in eine Datenbank der Landwirtschaftskammer entsprechend einer Landesverordnung zur Wirtschaftsdünger-Meldepflicht eingespeist wurden.

Insgesamt sind etwa 11.600 abgebende und rund 21.700 aufnehmende Betriebe verzeichnet worden. Dabei kann es allerdings auch Überschneidungen geben, das heißt, abgebende Betriebe können durchaus auch aufnehmende Betriebe sein. Neben dem Anstieg des Nährstoffanfalls in Niedersachsen um 2,6 Millionen Tonnen, also um rund 4,5 Prozent, liefert der Nährstoffbericht weitere aufschlussreiche Daten. Demnach liegt die Ursache für den auf 59,2 Millionen Tonnen angestiegenen Dung- und Gärresteanfall maßgeblich daran, dass die Zahl der Rinder im Vergleich zum Berichtszeitraum des ersten Nährstoffberichts um 3,1 Prozent auf 2,6 Millionen und bei Geflügel die Zahl der Tiere um 2,3 Prozent auf 105 Millionen zugenommen hat. Hinzu kommt, dass der Substrat-Input bei Biogasanlagen und damit auch der Gärreste-Output sich erheblich erhöht haben.

Seit dem ersten Nährstoffbericht ist auch bei der gemeldeten Bruttoabgabemenge an Wirtschaftsdüngern und sonstigen Stoffen wie zum Beispiel Gärresten ein Anstieg zu verbuchen: Insgesamt sind 31,5 Millionen Tonnen, und damit 4,1 Millionen Tonnen mehr als im vorherigen Berichtszeitraum 2012 bis 2013 vom eigenen Betrieb an andere abgegeben worden. Das ist ein Anstieg um 15 Prozent.

Angesichts dieser besorgniserregenden Zahlen des Nährstoffberichtes machte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer deutlich, "dass freiwillige Appelle nicht mehr fruchten und dass die Datentransparenz zur Überwachung sowie das Ordnungsrecht verschärft werden muss". Allen beteiligten Akteuren aus Politik, Landwirtschaft und Behörden vor Ort sei jedoch der Schutz des Grundwassers vor Nitratbelastung wichtig. "Nun müssen wir alle an einem Strang ziehen. Nur so legen wir den Gülle-See trocken."

Der Minister kündigte an, gemeinsam mit den Landkreisen, den Gülletransportunternehmen und der Landwirtschaftskammer in einigen Modellkreisen vorangehen zu wollen. "Außerdem wird ein gemeinsamer Runderlass von Agrar-, Umwelt- und Sozialministerium zur Zusammenarbeit von Dünge- und Baubehörden die Grundlage für eine bessere Überwachung von Neu- und Bestandsanlagen sein", sagte Meyer. Ziel sei, "endlich den Austausch der Daten über Flächen, Tiere und Wirtschaftsdünger zu bewerkstelligen, die sowieso vorliegen, bisher aber nicht verglichen werden", so der Minister. "Die Düngeüberwachung der Meldeverordnung fährt derzeit gewissermaßen noch blind, weil die Flächen- und Tierdaten bei anderen Behörden schlummern." Der gemeinsame Runderlass schaffe die nötige Transparenz, "um potenzielle Übeltäter zur ordnungsgemäßen Verbringung anzuhalten". Dazu gehört nach Meyers Worten auch, "dass unseriösen Güllehändlern das Handwerk gelegt wird. Wir werden eine Zertifzierung von Transportunternehmen und Güllebörsen anstreben."

Angesichts der prekären Gülle-Lage in Niedersachsen übte Meyer harsche Kritik an dem aktuellen Entwurf der vom Bund geplanten Novellierung der Düngeverordnung. Sie ist notwendig, um das seitens der EU wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtlinie bereits angelaufene Vertragsverletzungsverfahren doch noch abzuwenden. "Aber was da bisher vorliegt, ist nichts Halbes und nichts Ganzes", so der Minister. Seine Forderung: "Die ursprünglich enthaltene Länderermächtigung zum Nährstoffvergleich muss wieder aufgenommen werden." Sie ermögliche eine standardisierte Meldepflicht und sei wichtig für Transparenz und Erfassung vorhandener Daten. "Auch sollten überzogene Vorgaben etwa für weidehaltende Betriebe gestrichen und die Derogation für Grünland wieder eingeführt werden. Wir haben ein regionales Mengen- und kein Ausbringungsproblem", stellte Meyer klar. "Die bisher vom Bund gemachten Vorschläge reichen jedenfalls kaum für ein effizientes und wirksames Kontrollsystem."

Der komplette Nährstoffbericht für Wirtschaftsdünger in Niedersachsen ist auf der Homepage des Landwirtschaftsministeriums abrufbar unter:
www.ml.niedersachsen.de.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 28/15, 17.03.2015
Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz
Pressestelle, Calenberger Str. 2, 30169 Hannover
Tel.: 0511/120-2095, 2135, 2136, 2137; Fax: 0511/120-2382
E-Mail: pressestelle@ml.niedersachsen.de
Internet: www.ml.niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2015

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