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MASSNAHMEN/144: Klimaschutz durch Erhalt des aufgebauten Humusvorrates (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 393 - November 2015
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Klimaschutz durch Erhalt des aufgebauten Humusvorrates
Einfluss, Möglichkeiten und Grenzen landwirtschaftlicher Maßnahmen

Von Christine Weißenberg


Die Landwirtschaft hat beim Thema Klimawandel und -schutz eine Doppelrolle: Sie leistet zum einen ihren Teil an den Treibhausgasemissionen, die den Klimawandel vorantreiben: Durch Bodenbearbeitung und Zehren vom kohlenstoffreichen Humusanteil wird Kohlendioxid (CO2) freigesetzt. Bei biologischen Abbauprozessen unter Luftausschluss, vor allem in der Rinderhaltung durch den Wiederkäuer-Stoffwechsel und durch die Klärschlammverwendung, entsteht Methan (CH4 - etwa 25-mal so klimaschädlich wie CO2). Der Einsatz von Stickstoffdüngern und das Wirtschaftsdüngermanagement sorgen für die Entstehung von Lachgas (N20 - etwa 300-mal so klimaschädlich wie CO2). Andererseits wird der Landwirtschaft auch das Potential zugesprochen, zum Klimaschutz beitragen zu können -durch die Reduzierung der eigenen Emissionen, aber zu einem gewissen Teil auch durch die Einlagerung von CO2 in den Boden-Vorrat und durch Maßnahmen zu dessen langfristigem Erhalt.

Humuspegel erhalten

"Als dauerhafte Senke funktioniert der Boden nicht", erklärt Dr. Andreas Gattinger, Bereichsleiter Klima am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL) in der Schweiz und Biobauer im hessischen Eisenbach: "Bis zu 30 oder 40 Jahre kann Kohlenstoff über die Summe der Jahre eingelagert werden. Dann ist der Boden als Senke gesättigt. Das sehen wir auch beim Grünland, wenn da der Humuspegel des Standortes erreicht ist, stellt sich ein Gleichgewicht ein. Das heißt, in der Landwirtschaft können wir einen Kohlenstoffpool schaffen, anschließend besteht die Klimaleistung darin, ein Anzapfen der Vorräte zu verhindern." Ganz vermeiden lassen sich die Abbauprozesse und Emissionen nicht, aber reduzieren und im Verlauf der Jahre ausgleichen durch achtsames Management und durch ein abgestimmtes Maß an Tierhaltung. Denn die Erzeugung tierischer Produkte erfordert einen sehr hohen Ressourceneinsatz, kann aber angepasst an die Fläche für Futter- und Ackerbau nachhaltige Kreisläufe durch den vorhandenen organischen Dünger schaffen.

Im Kreislauf liegt die Kraft

Durch eine vergleichende Auswertung von 74 Studien aus der ganzen Welt, an der auch Gattinger beteiligt war, zeigte sich, dass biologisch bewirtschaftete Böden durchschnittlich um 3,5 Tonnen höhere Kohlenstoffvorräte pro Hektar haben als nicht biologisch bewirtschaftete und bis zu 450 kg mehr CO2 pro Hektar und Jahr aus der Atmosphäre binden können. "Das funktioniert nicht grundsätzlich", schränkt der Wissenschaftler ein, "das schaffen vor allem Betriebe mit dem Pioniergedanken vom biologischen Wirtschaften in Kreisläufen: mit Tierhaltung, einer vielfältigen Fruchtfolge mit Futterleguminosenanbau wie z. B. Kleegras, wenig Mais und gut kompostiertem Stallmist." Grundsätzlich kann dieser Kreislauf der organischen Substanz auch durch Kooperationen zwischen spezialisierten Ackerbauern und Tierhaltern sowie in der konventionellen Landwirtschaft erreicht werden.

Anreize für Klimaschützer gesucht

Weil Klimaschutz für den Einzelnen häufig sehr abstrakt ist und Aufwand bedeutet, der nur bei Win-win-Situationen in Kauf genommen wird, braucht es Anreize, um mehr Bäuerinnen und Bauern einzubeziehen. "Die EU-Agrarpolitik beinhaltet den Schutz von Dauergrünland", nennt Gattinger ein politisches Beispiel, "im Greening liegt ein Anreiz Grünland zu erhalten statt es umzubrechen und so CO2-Freisetzungen einzusparen." Vor allem international werden bisher Möglichkeiten diskutiert, für landwirtschaftliche Klimaleistungen CO2-Zertifikate zu vergeben. Als Teil eines Emissionsrechtehandels könnten diese dann von anderen Marktakteuren mit hohen Emissionen zum Ausgleich gekauft werden. "Allerdings sind die Preise für die Zertifikate so niedrig, dass die Motivation nicht so hoch ist mitzumachen", ordnet Andreas Gattinger die derzeitige Bedeutung ein: "Landwirtschaftliche Maßnahmen sind nicht so effizient und darstellbar wie technische, z. B. Wind- oder Solarenergie. Die biologischen Systeme sind schwerer in Erfolgszahlen zu fassen."

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 393 - November 2015, S. 12
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2015

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