Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → LANDWIRTSCHAFT

MASSNAHMEN/133: Verlust von Wiesen und Weiden stoppen (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - 2. Oktober 2013

Grünlandumbruch muss gestoppt werden

Bund Naturschutz stellt Beispiele für Verlust von Wiesen und Weiden vor und fordert sofortige Gegenmaßnahmen



"Der BN sieht mit großer Sorge, dass der Umbruch von Wiesen und Weiden weiter massiv zunimmt. Diese Entwicklung muss gestoppt werden", so Marion Ruppaner, BN-Landwirtschafsreferentin. In Bayern wurden zwischen 2005 und 2012 46.214 ha Grünland in Ackerland umgepflügt. Ein Schwerpunkt lag dabei in Mittel- und Nordschwaben, wo in diesem Zeitraum allein über 12.000 ha umgebrochen wurden. Im Landkreis Donau-Ries, dem die folgenden Beispiele entnommen sind, waren es über 1000 ha.

"Das Exempel eines Wörnitz-Seitentals im Ries zeigt, wie durch den Umbruch von knapp 80 ha Wiesen und Weiden eine massive ökologische Verarmung und Beeinträchtigung vollzogen wird", so Rudi Schubert, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Donau-Ries.

Denn mit dem Grünlandverlust geht Hochwasserschutzraum und Artenvielfalt verloren. Bodenverluste durch Erosion, Maismonokulturen und Eintrag von Chemikalien in Bäche und Flüsse sind oft die Folgen. "Zum Schutz der Wiesen müssen endlich die gesetzlichen Schutzmöglichkeiten vollzogen werden. Bei der anstehenden Neu-Gestaltung der Agrarprogramme muss der Schutz der Wiesen höchste Priorität bekommen." fordert Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin für Südbayern.


Die folgenden beiden Beispiele zeigen zwei unterschiedliche Typen von Grünlandumbrüchen:
1. Massiver Wiesenumbruch in einem Flurneuordnungsverfahren bei Zirndorf

Die Landschaft in einem Seitental der Wörnitz zwischen Zirndorf, Pagenhard, Wachfeld und Heuhof ist nicht mehr wiederzuerkennen. In dem mit mehreren Gräben und Bächen durchflossenen Tälchen wurden mindestens 79 ha Wiesen seit 2008 umgebrochen und das ausgerechnet gleich nach der Besitzeinweisung in einem Flurneuordnungsverfahren (250 ha), das von der ALE Ansbach betrieben wird. Entsetzt zeigte sich der BN, dass hier nicht einmal übliche Standards eingehalten wurden, sondern ein Verfahren wie in den 50er Jahren durchgeführt wurde. Von den Wiesen um die Nachtweide oder den Wiesen um zahlreiche Teiche ist nicht mehr viel übrig geblieben. Stattdessen sind hier nur noch Maiswüsten vorzufinden. Artenschutzrechtliche Belange sind dem Anschein nach ebenso wenig beachtet worden wie die Tatsache, dass sich Teile des Gebietes in einem Landschaftsschutzgebiet befinden.

Der BN fordert die Flurneuordnungsbehörden auf, die rechtlichen Grundlagen zu beachten. Dass sich die ALE Ansbach nur darauf herausredet, dass die Landwirte nach der Besitzeinweisung umgebrochen haben, die Behörde keinen Einfluss auf die Bewirtschaftung hat und somit den Wiesenumbruch nicht verhindert werden konnte, ist ein Armutszeugnis für die ALE.

Wünschenswert wäre es nun, dass alle Fakten dieses Verfahrens auf den Tisch kommen. Der BN erwägt, da beim BN keinerlei Akten vorliegen, eine Akteneinsicht bei der Kontrollbehörde des Landratsamtes Donau-Ries zu beantragen. Die ALE Mittelfranken wird aufgefordert alle notwendigen Verfahrenspläne und Landschaftspläne mit der Erfassung der Grünlandstrukturen vorzulegen.

2. Auhausen: Zerstörung eines geschützten Biotops

Das ca. 1,8 ha große geschützte Biotop "Niedermoor nordwestlich des Herrenweihers bei Auhausen" wurde fast zerstört. Wie Naturschützer im Winter feststellten, wurde ein Großteil mit Erdaushub oder Kompostresten verfüllt und umgebrochen. Der Eintrag fremder Pflanzen wie Tobinambur oder Trockenpflanzen wie Natternkopf verbieten sich grundsätzlich auf solchen Feuchtflächen. Der BN meldete den Umbruch im Februar 2013 dem Landratsamt. Leider stellte man bei einer weiteren Besichtigung im August nun fest, dass sogar noch weiter bis zu 80cm Höhe verfüllt wurde. Zahlreiche alte bis zu 100 m² große aufgespannte Nylonnetze wurden vorgefunden, die für Singvögel zur Todesfalle werden können.

Vom Landratsamt war nur schriftlich mitgeteilt worden, dass der Fall bearbeitet wird. Auf Grund weiterer Auffüllungen kann vermutet werden, dass der Verursacher wenig Interesse daran hat, überhaupt den alten Zustand wieder herzustellen.

Der BN fordert daher, dass die Auffüllungen auf Kosten des Verursachers fachgerecht entfernt und entsorgt werden und notwendige Ersatzflächen geschaffen werden, bis das Biotop wiederhergestellt ist. Für Teilbereiche ist fraglich, ob das überhaupt noch möglich ist. Das Landratsamt sollte hierzu längst notwendige Anordnungen treffen und nicht erst abwarten, bis der Verursacher ein Pflegekonzept vorlegt. (Standortfremde Pflanzen müssten über eine Pflege in den Griff zu bekommen sein.)

Generell muss festgestellt werden, dass die biotopkartierten Biotope im Landkreis seit der letzten Biotopkartierung abgenommen haben.


Gegenmaßnahmen erforderlich

Um dem Grünlandverlust entgegenzuwirken schlägt der BN ein abgestuftes Maßnahmenkonzept vor:

Freiwillige Maßnahmen:

→ Im Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm braucht es finanziell gut ausgestattete Programme
- für eine ergebnisorientierte Grünlandnutzung, die sich an der Artenvielfalt orientiert
- für extensive Wiesennutzung mit spätem Schnittzeitpunkt (Heunutzung) eine Erhöhung der Beweidungsprämie

→ Ein starkes Vertragsnaturschutzprogramm muss auf weitere potenziell artenreiche Standorte ausgeweitet werden.

→ Eine Rauhfutterprämie, die auch von Wanderschäfern genutzt werden kann.
Zu dessen Finanzierung bietet die anstehende EU Agrarreform neue Möglichkeiten durch teilentkoppelte Prämien, die auf Bundesebene ermöglicht werden müssten.

Problem beim notwendigen weiteren Ausbau und der Ausgestaltung der freiwilligen Maßnahmen sind die drohenden Finanzmittelkürzungen durch die EU Agrarreform in der Förderperiode 2014 bis 2020. Nach Berechnungen von BUND Naturschutz und Euronatur drohen Kürzungen in Höhe von 100 Mio EUR pro Jahr , die dann für die Förderung von artenreicher Grünlandnutzung, Landschaftspflege, Ökolandbau und Beweidung in Bayern fehlen. Der BN hat sich deshalb für die Umschichtung von Mitteln aus der 1. in die 2. Säule eingesetzt, und appelliert an das neue bayerische Kabinett, sich für die ausreichende Finanzierung der Programme für den ländlichen Raums in Bayern auch auf Bundesebene einzusetzen.

Ordnungsrechtliche Maßnahmen:

→ Im Rahmen der EU Agrarreform muss als Voraussetzung für die künftigen Flächenprämien ab 2014 oder 2015 zu einem rückwirkend gültigen Grünlandumbruchverbot kommen, damit seit 2012 durch Wiesenumbruch angelegte Äcker wieder in Grünland rückumgewandelt werden müssen.

→ Schutzgebietsflächen, wie z.B. Wiesen in FFH-Gebieten, die ohne Genehmigung in Acker umgepflügt wurden, müssen rückumgewandelt werden.
→ In Flurbereinigungsverfahren darf keine Verschlechterung hinsichtlich der Quantität, aber auch der Qualität von Wiesen stattfinden.

→ Der grundsätzliche Schutz von Wiesen auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand und auf Moorstandorten durch das Bayerische Naturschutzgesetz (Art. 3 (3): "soll erhalten bleiben") muss strenger vollzogen werden und bei der nächsten Novellierung in eine "muss-Formulierung" umgewandelt werden. Auch das strikte Grünlandumbruchverbot des Wasserhaushaltsgesetzes für Überschwemmungsgebiete ist ins Bayerische Wassergesetz aufzunehmen.

Der BN unterstützt Landwirte durch Bewerbung von oder Mitarbeit in regionalen Marktmodellen, damit landwirtschaftliche Betriebe ihre Leistungen für den Naturschutz in Wert setzen können. Gute Beispiele sind die Bioregionalvermarktung, wie sie die Firma Feneberg mit der "von hier" Marke aufgebaut hat oder der wünschenswerte Aufbau einer Heumilchmarke.

Autor: Thomas Frey

*

Quelle:
Presseinformation PM 26/13/FA, 02.10.2013
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg
Tel. 0 941/ 2 97 20-0, Fax 0 941/ 2 97 20-30
E-Mail: info@bund-naturschutz.de
Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2013