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GENTECHNIK/783: Niedersachsen will illegale Gentechnik-Konstrukte im Saatgut tolerieren (SOS)


Save Our Seeds / Zukunftsstiftung Landwirtschaft - 9. November 2010

Niedersachsen will illegale Gentechnik-Konstrukte im Saatgut tolerieren


Berlin, 9.11.2010 - Auf der 46. Amtschefkonferenz der Landesumweltminister, die morgen in Dresden beginnt, liegen zwei Vorschläge aus Niedersachsen und Bayern zur Verunreinigung von Saatgut mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) vor. Niedersachsen will dabei die bestehende EU-Gesetzgebung ignorieren und sogar nicht zugelassene GVOs im Saatgut tolerieren.

Niedersachsen fordert, "im Vorgriff auf eine EU-rechtliche Regelung eine für die Wirtschaft und Überwachung praktikable Anwendung der Nulltoleranz auch bei Saatgut zu ermöglichen". Dabei verweist es auf Klagen von Futtermittelherstellern, das Verbot der Einfuhr von GVOs, die in der EU nicht zugelassen sind, erschwere die Versorgung mit billigen Futtermitteln aus den USA. Die EU-Kommission will dem leider nachgeben und hat ein technisches Verfahren vorgelegt, das bis zu 0,1% Verunreinigungen mit nicht zugelassenen GVOs ausschließlich im Tierfutter faktisch toleriert.

Niedersachsen schlägt nun vor, per Verwaltungsvorschrift eine "technische Lösung für die Nulltoleranz bei Saatgut zu definieren". Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) scheint die Rechtslage in der EU zu verkennen, die derartige Maßnahmen überhaupt nicht zulässt. Vor allem aber ignoriert er den entscheidenden Unterschied zwischen verarbeiteten Futtermitteln und Saatgut, das sich vermehren kann. Im Saatgut Grenzwerte für gentechnische Verunreinigungen zu tolerieren, ist deshalb nicht einmal für zugelassene GVOs vorgesehen.

"Sanders Vorschlag, sogar nicht zugelassene GVOs im Saatgut zu akzeptieren, die sich anschließend unkontrolliert ausbreiten könnten, lässt sich nur so interpretieren, dass ihm der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und die Einhaltung der geltenden Gentechnikgesetze herzlich egal sind," kommentierte der Leiter der Europäischen Initiative "Save Our Seeds", die sich seit Jahren erfolgreich für die Beibehaltung strikter Reinheitsvorschriften im Saatgut einsetzt. "Dies wirft die Frage auf, ob hinter den von seiner Behörde im Frühjahr diesen Jahres durch verspätete Meldung von GVO-Funden bundesweit verursachten Problemen und Kosten bei der Kontrolle der Saatgutreinheit, die den betroffenen Landwirten bis heute nicht ersetzt wurden, mehr als nur Schlamperei steckte." Bayern fordert, wie bereits die Amtschefkonferenz der Agrarminister, durch verbindliche Fristen für die Mitteilung der Ergebnisse von Stichproben der Bundesländer sowie durch eine stärkere Eigenkontrolle der Saatgutfirmen darauf hinzuwirken, dass verunreinigte Saatgutpartien rechtzeitig, d.h. zumindest vor der Aussaat aus dem Verkehr gezogen werden können.

Damit sollen Skandale wie in diesem Jahr verhindert werden, bei dem das Land Niedersachsen von ihm festgestellte Verunreinigungen in Maispartien der Firma Pioneer mit der nicht zugelassenen Sorte NK 603 erst bekannt gab, als diese bereits ausgesät waren. Insgesamt mussten deshalb 3000 Hektar untergepflügt werden. Dass Bayern zudem "rechtssichere Analysemethoden zum Ausschluss von GVO-Spuren" fordert ist unverständlich. Die von den Ländern gemeinsam festgelegten Probenahme- und Analysemethoden sind seit Jahren rechtssicher und wurden bisher von keinem Gericht beanstandet. Klagen betroffener Saatgutunternehmen wurden stets zurückgewiesen.


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Quelle:
Pressemitteilung, 09.10.2010
Save Our Seeds / Zukunftsstiftung Landwirtschaft
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. November 2010