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ENERGIE/062: Klimaeffizienter Anbau von Energiepflanzen (ForschungsReport)


ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz 1/2009
Die Zeitschrift des Senats der Bundesforschungsanstalten

Klimaeffizienter Anbau von Energiepflanzen

Von Jürgen Kern, Hans Jürgen Hellebrand, Volkhard Scholz und Antje Balasus (Potsdam)


Mit dem kontinuierlichen Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Erdatmosphäre zeichnet sich ein Klimawandel ab, der heute kaum noch in Frage gestellt wird. Neben Kohlendioxid spielt vor allem Lachgas (N2O) eine besondere Rolle, dessen Treibhausgaspotenzial etwa 300mal höher ist als das von CO2. Ein erheblicher Teil des freigesetzten Lachgases stammt aus der Landwirtschaft. Durch eine angepasste Düngung von Energie liefernden Pflanzen lässt sich die Emission von Treibhausgasen verringern.


Nachwachsende Rohstoffe - ein Weg aus der Energie- und Klimakrise?

Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen hat in den letzten Jahren neue Möglichkeiten für eine CO2-neutrale Energiebereitstellung geschaffen. Während einjährige Kulturen wie Roggen (Abb. 1), Weizen und Hanf vorwiegend stofflich und zur Biogasproduktion genutzt werden, sind mehrjährige Gehölzkulturen wie Pappel und Weide (Abb. 2) in Form von Holzhackschnitzel oder Holzpellets vornehmlich für die thermische Verwertung bestimmt. Entscheidend für die Frage, welche Kultur als Energielieferant angebaut werde sollte, ist die energetische Effizienz, also das Verhältnis der gewonnenen und nutzbaren Energie zum Energieaufwand, der zur Biomasseproduktion erforderlich ist. Dies lässt sich im Rahmen einer Ökobilanzierung abschätzen, die möglichst die gesamte Wertschöpfungskette von der Flächenanlage über die Bestandesführung bis hin zur Ernte und dem Nacherntebereich abbilden sollte. Um den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen rentabel zu gestalten, arbeitet der Landwirt im Allgemeinen auf den maximalen Biomasseertrag hin. Dies kann durch den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln erreicht werden, zumindest für Ackerbaukulturen mit ausreichender Wasserversorgung. Dabei stellt sich aber die Frage, wann der Punkt erreicht ist, an dem die positive CO2-Bilanz von Biofestbrennstoffen durch die mit der Düngung verbundenen direkten und indirekten Treibhausgasemissionen aufgehoben wird.


Stickstoffdüngung und Lachgasemission

Ein wichtiger Faktor bei der Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen ist der Einsatz von mineralischen Stickstoffdüngemitteln. Schon seine Produktion im Haber-Bosch-Verfahren ist ausgesprochen energieaufwändig, führt also zur Freisetzung von CO2. Außerdem kommt es sowohl bei der Herstellung stickstoffhaltiger Düngemittel als auch bei der Anwendung im Pflanzenbau zu direkten N2O-Emissionen. Um diese Einflüsse zu beschreiben, wurde am Leibniz-Institut für Agrartechnik Bornim (ATB) seit Mitte der 1990er Jahre eine der inzwischen ältesten Energieplantagen in Deutschland angelegt. Verschiedene einjährige und mehrjährige Kulturen werden hier auf lehmigem Sandboden angebaut. In drei verschiedenen Düngungsstufen (0 kg N, 75 kg N, 150 kg pro Hektar und Jahr) wachsen auf 624 m² großen Parzellen Pappel und Weide im Kurzumtrieb sowie als Fruchtfolge Roggen, Raps und andere Getreidekulturen im jährlichen Schnitt (Abb. 3). Neben den Ertragserhebungen wurde für einen Zeitraum von vier Jahren (2003-2006) die N2O-Emission auf diesen Flächen gemessen (Abb. 4).

Saisonale Effekte, die die Temperaturabhängigkeit der Bodenmineralisation widerspiegeln, führen zu verstärkten Lachgasfreisetzungen während der Vegetationsperiode. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass für einige Wochen nach der Ausbringung des mineralischen Stickstoffdüngers stark erhöhte N2O-Emissionen auftreten können. In allen Parzellen zeichnete sich eine deutliche Abhängigkeit zwischen Düngungsintensität und N2O-Emission ab (Abb. 5). Insgesamt höher waren die N2O-Emissionen auf den Böden mit einjährigen Kulturen, also solchen, die einer intensiveren Bodenbearbeitung und damit einer erhöhten Mineralisation unterlagen. Nach Abzug des N2O-Emissionswertes aus der Nulldüngung ergibt sich der so genannte düngungsinduzierte Emissionsfaktor, der in unserer vierjährigen Studie zwischen 0,5 und 1,8 % lag. Vom Weltklimarat (IPCC) wird der Orientierungswert 1 % angegeben, was soviel bedeutet, dass durchschnittlich 1 % des applizierten Düngerstickstoffs als N2O verloren geht. Beim Einsatz von 150 kg N pro Hektar und Jahr kam es mit Ausnahme der Weidenkultur zur Überschreitung dieses Orientierungswerts. Deshalb ist bei der Produktion von Biofestbrennstoffen grundsätzlich ein geringer Stickstoffbedarf der Kultur und somit eine niedrige Zufuhr an mineralischem Stickstoffdünger anzustreben.


Genügsame Kurzumtriebsplantagen

Während für die überwiegende Zahl der einjährigen Energiepflanzen Untersuchungen über den Mineraldüngerbedarf vorliegen, ist der Kenntnisstand zur Düngung von Kurzumtriebsplantagen noch gering. Im Vergleich zu den Qualitätsanforderungen an Lebens- und Futtermittel - das betrifft vor allem deren Proteingehalt - werden an Energiepflanzen nur geringe Anforderungen gestellt. Das kommt dem Anbau von Kurzumtriebsgehölzen wie Pappel und Weide entgegen, denn deren Stickstoffgehalte liegen in der Regel unter denen von einjährigen Kulturen. Damit ist zusätzlich der positive Effekt verbunden, dass bei ihrer Verbrennung deutlich geringere Emissionen des Treibhausgases NOx entstehen.

Um das Düngungsmanagement in Kurzumtriebsplantagen zu optimieren, müssen noch die Zusammenhänge zwischen Stickstoffdüngung, Holzertrag und bodenbürtiger N2O-Emission beim Anbau der Gehölze geklärt werden. Vor diesem Hintergrund wurde im Herbst 2008 im Rahmen eines FNR-Forschungsprojekts eine neue Kurzumtriebsplantage mit Pappel (Populus maximovizcii x P. nigra) und Weide (Salix viminalis) angelegt. Das Ziel ist dabei, bei reduzierten Düngemittelgaben (0, 25, 50 und 75 kg N pro Hektar und Jahr) die Ertragsentwicklung sowie die Auswirkungen auf die Umwelt zu erfassen. Neben den düngungsinduzierten Lachgasemissionen wird die Nitratauswaschung sowie der Einfluss der Mykorrhiza (Symbiose zwischen Pilzen und Feinstwurzeln) und der Begleitvegetation in einer randomisierten Blockanlage in Abhängigkeit vom Alter des Bestands untersucht.

Im ersten Vegetationsjahr wurden weder bei Pappeln noch bei Weiden signifikante Wachstumsunterschiede zwischen den unterschiedlichen Düngestufen festgestellt. Hingegen wirkte sich eine verminderte Konkurrenz durch die Begleitflora deutlich positiv auf die Biomasseproduktion aus.

In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob die mobilisierbaren Bodennährstoffe sowie der Stoffeintrag mit dem Regenniederschlag zur Versorgung der Pappeln und Weiden mit Stickstoff ausreichen. In diesem Fall könnte auf eine mineralische Stickstoffdüngung ganz verzichtet werden.


Bewertung der CO2-Einsparung durch Energiepflanzen

Durch die thermische Umwandlung von nachwachsenden Rohstoffen lassen sich fossile Ressourcen einsparen. Unter Berücksichtigung der vorgelagerten Prozesskette, der Produktion von Stickstoffdüngemittel sowie dem relativ unbedeutenden Einsatz von Kraftstoffen im Feld ergibt sich das günstigste Bild für Pappel und das ungünstigste für Raps (Abb. 6). Mit einer hohen Biomasseproduktion von durchschnittlich 9,1 t Trockengewicht pro Jahr, was umgerechnet 16,3 t CO2-Äquivalenten entspricht, schneidet Pappel im Vergleich zu den anderen untersuchten Kulturen am besten ab. Dabei ist der positive Effekt der Kohlenstofffestlegung im Boden-Wurzel-Bereich nicht einbezogen. Wenn die anbaubedingten N2O-Emissionen in die CO2-Bilanz eingehen, dann verringert sich auf der anderen Seite die CO2-Einsparung um 19-47 % gemessen an der gesamten Kohlenstoffmenge, die in der pflanzlichen Biomasse festgelegt ist. Bei dieser Betrachtung handelt es sich um die wesentlichen Faktoren, die mit der Stickstoffdüngung zusammenhängen. Die Berücksichtigung weiterer Faktoren wie zum Beispiel die Trocknung, die Lagerung und der Transport des Ernteguts führt zu weiteren Abzügen.


Ausblick

Die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen eröffnet neue Perspektiven für die nachhaltige Nutzung von Energieressourcen. Dabei muss allerdings zwischen verschiedenen Anbausystemen und Kulturen unterschieden werden. Als besonders energieeffizient zeichnet sich für unseren Klimabereich die Produktion von verholzter Biomasse in Kurzumtriebsplantagen ab. Durch den geringen Bedarf an mineralischem Stickstoff werden nur geringe Treibhausgas-Emissionen verursacht, was das CO2-Einsparpotenzial von Kurzumtriebsgehölzen erhöht.

Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ist in Deutschland die Fläche für Kurzumtriebsplantagen mit etwa 2.000 ha noch verhältnismäßig klein. Ein Grund dafür dürfte die mittelfristige Kapitalbindung sowie die langfristige Flächenbindung sein. Für den Landwirt wird dadurch die Rentabilität im Vergleich zu ackerbaulicher Nutzung schwer kalkulierbar. Ein weiteres Hemmnis für die Etablierung von Kurzumtriebsplantagen ist die derzeitige Rechtslage: In Deutschland werden in fast allen Bundesländern Kurzumtriebsplantagen auf landwirtschaftlichen Flächen als Wald angesehen. Damit ist eine für den Flächeneigentümer nicht vertretbare Wertminderung seiner Fläche verbunden. Mit der bevorstehenden Novellierung des Bundeswaldgesetzes wird dieses Problem aber ausgeräumt werden. Die neu eingeführte Flächenprämie von 300 EUR pro Hektar für Kurzumtriebsplantagen, die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen angelegt werden, kann weitere Impulse für dieses Anbausystem geben.


Dr. Jürgen Kern, Prof. Dr. Hans Jürgen Hellebrand, Dr.-Ing. Volkhard Scholz und Antje Balasus, Leibniz-Institut für Agrartechnik Bornim e.V., Max-Eyth-Allee 100, 14469 Potsdam. E-Mail: jkern@atb-potsdam.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Winterroggen mit Begleitflora

Abb. 2: Frühjahrsaustrieb bei Weide nach einjähriger Pflanzung auf neu angelegten Parzellen

Abb. 3: Luftaufnahme der seit 1994 bestehenden Energieplantage des ATB

Abb. 4: Messhauben zur Erfassung der N2O-Emissionen in Kurzumtriebsplantagen

Abb. 5: Mittlere Stickstoffflüsse in Form von N2O auf der Energieplantage des ATB von 2003-2006

Abb. 6: Treibhausgasbilanz beim Einsatz von Stickstoffdüngemittel in Höhe von 150 kg N ha-1 a-1 zur Produktion nachwachsender Rohstoffe (Angaben in CO2-Äquivalenten)

Diesen Artikel inclusive aller Abbildungen finden Sie im Internet im PDF-Format unter:
www.forschungsreport.de


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Quelle:
ForschungsReport Ernährung · Landwirtschaft · Verbraucherschutz
1/2009,
Heft 39 - Seite 8-11
Herausgeber:
Senat der Bundesforschungsanstalten im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Redaktion: Dr. Michael Welling
Geschäftsstelle des Senats der Bundesforschungsanstalten
c/o Johann Heinrich von Thünen-Institut
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Tel.: 0531/596-1016, Fax: 0531/596-1099
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. August 2009