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CHEMIE/253: Agrochemie trotz Einbußen krisenfest (IVA)


Industrieverband Agrar e. V., Frankfurt am Main
Pressemitteilung, 5. Mai 2010

IVA: Agrochemie trotz Einbußen krisenfest

Pflanzenschutz- und Düngemittelproduzenten nicht von Rezession verschont - Ausblick dank steigender Nachfrage weiter positiv - politische Risiken


(Frankfurt a. M., 4. Mai 2010) Die deutsche Pflanzenschutz- und Düngemittel-Industrie hat 2009 das rasante Wachstumstempo der Vorjahre nicht halten können. Die Einbußen fielen jedoch vor dem Hintergrund der weltweiten wirtschaftlichen Abschwächung weniger gravierend aus als in anderen Wirtschaftsbereichen. Die Branche blickt bei der Vorlage ihres Jahresberichts angesichts langfristig steigender Nachfrage nach Agrarprodukten positiv in die Zukunft.

Der Pflanzenschutzmarkt

Der Nettoinlandsumsatz der im Industrieverband Agrar e. V. (IVA) zusammengeschlossenen deutschen Pflanzenschutz-Hersteller betrug im Jahr 2009 1,262 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 8,4 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2008 (1,377 Mrd.) entspricht. Die Exporterlöse fielen um 1,3 Prozent auf 2,975 Milliarden Euro. Daraus ergeben sich ein Gesamtumsatz von 4,237 Milliarden Euro und ein Rückgang von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr (4,391 Mrd.). Der Weltmarkt für Pflanzenschutzmittel ist 2009 gegenüber dem Vorjahr um 4,6 Prozent geschrumpft auf ein Gesamtvolumen von 27,1 Milliarden Euro, wobei die nach wie vor hohe Nachfrage aus dem asiatischen Raum stabilisierend wirkte.

"Auch im Pflanzenschutzmarkt wachsen die Bäume nicht in den Himmel, und mit Blick auf die enormen Herausforderungen für die Weltwirtschaft im Jahr 2009 ist es als Erfolg zu werten, dass der Umsatzrückgang in einem überschaubaren Maß blieb. Auch wenn der Pflanzenschutzmarkt gegenüber dem Vorjahr um gut acht Prozent geschrumpft ist, so dürfen wir beim Vergleich nicht vergessen, dass 2008 das bislang umsatzstärkste Jahr für die Branche in Deutschland war. Wir bewegen uns immer noch über dem Niveau von 2007", sagte Dr. Hans Theo Jachmann, Präsident des IVA und Geschäftsführer der Syngenta Agro GmbH, Maintal, vor Journalisten in Frankfurt.

Die Ursachen für den leichten Rückgang sind nicht allein im wirtschaftlichen Umfeld zu sehen, sondern hängen auch mit dem witterungsbedingt sparsameren Betriebsmitteleinsatz in der Landwirtschaft im Jahr 2009 zusammen. So ist etwa der Markt für Herbizide (Unkrautbekämpfungsmittel) um 13,9 Prozent auf 538 Millionen Euro zurückgegangen. Der Markt für Getreideherbizide litt unter einem späten Saisonstart und der hohen Vorbehandlungsrate im Herbst des Vorjahres. Der Markt für Fungizide (Pilzbekämpfungsmittel) ging um 3,2 Prozent auf 511 Millionen Euro zurück. Der Verkauf von Insektiziden fiel um 3,5 Prozent auf 139 Millionen Euro, und die Verkäufe der sonstigen Pflanzenschutzmittel sind um 7,5 Prozent auf 74 Millionen Euro zurückgegangen.

Da sie auf hohe Lagerbestände zurückgreifen konnten, brachten die Landwirte über das Jahr in etwa gleich viel Pflanzenschutzmittel aus, kauften aber in 2009 in geringerem Umfang nach. Die Lagerbestände an Pflanzenschutzmitteln im Großhandel fielen zum Jahresende 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Prozent auf 245 Millionen Euro. Im Jahr 2009 sind in Deutschland 95.433 Tonnen Pflanzenschutzwirkstoffe produziert worden. Das bedeutet einen Rückgang von 17,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Wirkstoffexport der IVA-Mitgliedsfirmen betrug 100.843 Tonnen in 2009 und damit 7,4 Prozent weniger als im Vorjahr.

Der Markt für Mineraldünger

Nach einem Boom bei Mineraldüngern im Jahr 2008 brachen die Absätze 2009 in Folge der Wirtschaftskrise und sinkender Preise auf den Agrarmärkten dramatisch ein. Im Düngejahr 2008/09 (Juli - Juni) sank in Deutschland der Absatz an Stickstoffdünger um 14 Prozent auf 1,55 Millionen Tonnen Stickstoff (N), an Phosphat um 45 Prozent auf 174.000 Tonnen P2O5, an Kalidüngern um 65 Prozent auf 179.000 Tonnen K2O; der Absatz an Kalkdüngern stieg leicht auf 2,24 Millionen Tonnen CaO (plus 1 Prozent).

Dementsprechend sank der Umsatz von 3,991 Milliarden Euro im Rekordjahr 2008 auf 2,091 Milliarden Euro in 2009, was einem Rückgang von knapp 48 Prozent entspricht. Damit ist etwa wieder das Niveau des Jahres 2006, d. h. vor Beginn der Boomphase, erreicht. Der Exportumsatz ist weniger stark zurückgegangen als der Inlandsumsatz.

Der Stickstoffabsatz in der laufenden Düngesaison 2009/10 bis einschließlich März bewegt sich leicht über dem Vorjahresniveau. Nach den großen Verschiebungen der Marktanteile der verschiedenen N-Düngersorten im Vorjahr haben sich mit Ausnahme der NPK-Dünger im Großen und Ganzen wieder die alten Relationen eingestellt. Harnstoff hat die im letzten Jahr preisbedingt auf Kosten von Kalkammonsalpeter (KAS) gewonnenen Marktanteile wieder verloren. Die KAS-Ablieferungen liegen bis Ende März leicht über dem mehrjährigen Mittel. "Insgesamt kann in der laufenden Saison von einem Stickstoffverbrauch in Höhe von etwa 1,7 Millionen Tonnen N ausgegangen werden, was um rund 6 Prozent unter dem langjährigen Mittel von 1,8 Millionen Tonnen N liegt. Der Absatz von Phosphat- und Kalidüngern wird nach dem starken Rückgang in der vorherigen Düngesaison wieder spürbar anziehen, aber unter dem langjährigen Mittel bleiben. Damit langfristig keine Verarmung der Böden erfolgt, werden die unterlassenen Düngungsmaßnahmen mit Phosphat und Kali in der nächsten Saison sicherlich nachgeholt", sagte Prof. Dr. Hermann Kuhlmann, Vorsitzender des Fachbereichs Pflanzenernährung im IVA.

Risiken durch Volatilität - Chancen durch Nachfragewachstum

"Wenn wir auf die Entwicklung des weltweiten Agribusiness schauen, sehen wir zwei deutliche Trends. Langfristig befinden wir uns in einer der wichtigsten globalen Wachstumsbranchen. Ohne neue Produkte und innovative Lösungen in der gesamten Wertschöpfungskette des Agribusiness wird es nicht möglich sein, bis zur Mitte des Jahrhunderts neun Milliarden Menschen zu ernähren. Kurzfristig hingegen sind die Agrarmärkte enormer Volatilität ausgesetzt, wie gerade die zurückliegenden beiden Jahre eindrucksvoll gezeigt haben", sagte Jachmann. "Insbesondere für Landwirte bedeuten diese Marktschwankungen erhebliche wirtschaftliche Risiken."

Vor diesem Hintergrund erwartet der Industrieverband Agrar von der Politik verlässlichere Rahmenbedingungen. Nachdem im November 2009 die neue europäische Verordnung über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde, steht nun die Novellierung des nationalen Pflanzenschutzrechts an. Einer der Eckpunkte der europäischen Verordnung ist eine stärkere Harmonisierung des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel. Behörden und Pflanzenschutz-Industrie haben ein gemeinsames Interesse daran, dass sich Deutschland in einem möglichen Wettbewerb von Zulassungsstandorten durch flexible und zügige Verfahrenspraxis bei hohem Schutzniveau für Anwender und Verbraucher bewährt.

Mit Blick auf die für 2013 anstehende Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa sagte Jachmann: "Die Gemeinsame Agrarpolitik muss auch nach 2013 sicherstellen, dass die Landwirtschaft mit ihren zahlreichen Leistungen für die Gesellschaft den in diesem Sektor Tätigen eine Existenz sichert. Zugleich aber werden sich die europäischen Landwirte zunehmend dem Wettbewerb mit Produzenten anderer Weltregionen stellen müssen. Heute hat Europa noch einen Wettbewerbsvorteil, den es nicht dadurch verspielen darf, dass die Gemeinsame Agrarpolitik mit sachfremden Anforderungen überfrachtet wird."

Jachmann verdeutlichte die Position der Branche in wichtigen Umweltthemen und erläuterte, warum sich intensive Landwirtschaft und die ökologischen Herausforderungen von Biodiversität und Klimaschutz nicht ausschließen. "Intensive Landwirtschaft bedeutet, in Zeiten steigender Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten sparsam mit den knappen Agrarflächen umzugehen. Wenn wir auf derselben Fläche - mit Hilfe von innovativem Saatgut, Düngung und Pflanzenschutz - mehr produzieren können, schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass an anderer Stelle Wälder, Grünflächen oder Moore geschont werden können. Diese Ökosysteme haben eine wichtige Funktion für die Artenvielfalt und als CO2-Speicher im Klimaschutz. Vor diesem Hintergrund ist Europa mit seinen ertragreichen Böden verpflichtet, durch seine leistungsfähige Landwirtschaft gleichermaßen zur Welternährung und zum Klimaschutz beizutragen", sagte Jachmann.


Der Industrieverband Agrar e. V. mit Sitz in Frankfurt am Main vertritt die Interessen der agrarchemischen und agrarbiologischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der 47 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung, Schädlingsbekämpfung und Biotechnologie.


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Quelle:
IVA-Pressemitteilung, 04.05.2010
Herausgeber:
Industrieverband Agrar e. V., Pressestelle
Der Verband der Pflanzenschutz- und Düngemittelhersteller
Tel.: 069/2556-1249, Fax: 069/2556-1298
E-Mail: may.iva@vci.de
Internet: www.iva.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2010