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BIENEN/234: Auswirkungen von Pestiziden auf die Intelligenz von Bienen (BN)


BUND Naturschutz in Bayern e.V. - München, 29. Oktober 2019

Auswirkungen von Pestiziden auf die Intelligenz von Bienen


Forschungsergebnisse von Prof. Menzel von der Freien Universität Berlin zeigen, dass der Orientierungssinn von Bienen durch Insektizide und auch Glyphosat stark beeinträchtigt werden kann - Der BUND Naturschutz fordert deshalb zum Schutz von Insekten die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber auf, endlich eine detaillierte Reduktionsstrategie für den Pestizideinsatz in der bayerischen Landwirtschaft vorzulegen.

WAS WURDE ERFORSCHT

Prof. Dr. Dr. h.c. Randolf Menzel, emeritierter Professor für Neurobiologie am Institut für Biologie der Freien Universität Berlin, forscht seit 2002 zu den Auswirkungen von Pestiziden auf das Lernverhalten, die Gedächtnisbildung, die Sammelmotivation, die Navigation und die Tanzkommunikation von Bienen. Aktuell sind auch bayerische Imker in sein Forschungsprojekt einbezogen. Seine Forschungen an Honigbienen haben gezeigt, dass nicht nur die hochgiftigen Insektenvernichtungsmittel aus der Gruppe der Neonicotinoide, sondern auch Glyphosat Gehirnprozesse der Bienen stört. "Unsere Laborversuche zeigen, dass Thiacloprid die Gedächtnisbildung sowie den Gedächtnisabruf der Bienen beeinträchtigt und bereits bei sehr niedrigen Dosen zu massiven Verhaltensstörungen führt. Auf ihren Sammelflügen zur Futterquelle finden die mit Thiacloprid behandelten Tiere deutlich seltener zu ihrem Bienenstock zurück. Auch ihre Sammelmotivation und Tanzaktivität verringert sich messbar, was die Nahrungsversorgung der Bienenvölker und deren Entwicklung gefährdet", so Menzel, und weiter: "Auch bei der Glyphosatanwendung in für die Landwirtschaft üblichen Anwendungsmengen wurden Störungen des Orientierungssinns nachgewiesen."

ZULASSUNG VON VIER NEONIKOTINOIDWIRKSTOFFEN IM FREILAND BEENDET

Menzels Forschungsergebnisse waren mitentscheidend für das auf europäischer Ebene inzwischen erreichte Zulassungsende von drei Insektengiften aus der Wirkstoffgruppe der Neonikotionoide ( Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam) zumindest im Freiland seit Dezember 2018. Die Zulassung von Thiacloprid läuft nach Angaben der EU-Kommission vom 22.10.2019 voraussichtlich im April 2020 aus. Noch zugelassen ist jetzt der Neonikotinoidwirkstoff Acetamiprid.

LAND BAYERN BRAUCHT KONKRETE ZIELE ZUR PESTIZIDREDUKTION IN DER LANDWIRTSCHAFT

"Um den Einsatz giftiger, umwelt-und gesundheitsschädlicher Pestizide in der Landwirtschaft zu minimieren, muss Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber endlich konkret werden und einen Handlungsplan vorlegen", fordert der BN Vorsitzende Richard Mergner. "Ziel muss sein, den Herbizideinsatz bis 2025 zu beenden, und für die weitere Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes einen Maßnahmenkatalog zu formulieren und umzusetzen", so Mergner.

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MATERIALIEN

PROFESSOR MENZEL BERICHTET

https://passau.bund-naturschutz.de/presse-und-neues/aktuell/vortrag-prof-dr-randolf-menzel-freie-universitaet-berlin.html

Was für die Imker nur ein Traum bleiben wird, ihre Honigbienen einmal auf der Suche zu den verschiedensten Nahrungsquellen zu begleiten, machte das Forscherteam um Prof. Menzel zur Wirklichkeit. Die Wissenschaftler bestückten einzelne Honigbienen mit einem Transponder, um mit einem Radargerät deren Flugverhalten über eine größere Distanz zu beobachten. Auf diese Weise konnten sie beweisen, dass die Bienen, ähnlich wie Menschen, bei der Navigation eine innere Landkarte benutzen, die sie sich erst durch Orientierungsflüge einprägen müssen. Anfangs ging Prof. Menzel noch davon aus, dass die Honigbienen bei ihren Navigationsflügen überwiegend ein angeborenes Verhaltensmuster zeigen und sie wegen ihres kleinen Gehirns, das nicht größer als ein Stecknadelkopf ist, auch nicht besonders klug sein können. Weitere Experimente machten jedoch deutlich, dass sich die Bienen durchaus veränderter Situationen schnell anpassen können, indem sie Regeln erkennen, sie anwenden und kombinieren und letztlich Entscheidungen treffen.

SCHADWIRKUNG VON NEONIKOTINOIDEN

Neonikotinoide gehören zu den meistgenutzten Pestiziden der Welt. Die Mittel töten aber nicht nur Blattläuse, Holzwürmer und andere Schädlinge, sondern setzen auch Bienen und Hummeln schwer zu: Sie schwächen ihr Immunsystem, stören die Orientierung und beeinträchtigen die Fortpflanzung.

Thiacloprid gilt als endokriner Disruptor und ist somit erwiesenermaßen schädlich für den Hormonhaushalt von Mensch und Tier. Die nationalen Behörden der EU-Länder waren deshalb bereits zuvor verpflichtet, den Einsatz alternativer Mitteln nach Möglichkeit vorzuschreiben. Im Januar wies die EuropäischeLebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) auf eine "bedenkliche" Konzentration des Giftes im Grundwasser hin. Die Behörde bemängelte zudem, dass sie eine vollständige Risikobewertung des Giftes für Menschen und Tiere, vor allem für Bienen, wegen mangelnder Daten nicht habe abschließen können.

https://www.efsa.europa.eu/de/press/news/180228

https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungen/2013/2013_07_12_Fa_Aenderung_Neonicotinoide.html;jsessionid=54F76F32926705E76CF39F9AD9F799BB.1_cid350?nn=1400938


BN POSITION LANDWIRTSCHAFT, FORDERUNGEN ZUR PESTIZIDMINIMIERUNG
https://www.bund-naturschutz.de/fileadmin/Bilder_und_Dokumente/Themen/Landwirtschaft/BN_Position_Landwirtschaft_Aufl2_Juni2017-kl.pdf
Seite 58-59

FORSCHUNGSBERICHT ZUM PROJEKT BIENEN-SCHWÄNZELTANZ
https://www.dfg.de/dfg_magazin/veranstaltungen/ausstellungen/idee_erkenntnis/robobee/index.html

AUSZÜGE AUS DEM ECKPUNKTEPAPIER DER BADEN-WÜRTTEMBERGISCHEN LANDESREGIERUNG ZUM GESTARTETEN VOLKSBEGEHREN "RETTET DIE BIENEN"
https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/PDF/191022_Eckpunktepapier_MLR_UM_Insektenschutz_und_mehr_Artenvielfalt.pdf

• den Aufbau landesweiter Musterbetriebe, die als Anschauungsbetriebe und best practice-Beispiele für die Funktionsfähigkeit der Reduzierung und zur Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes dienen.

• ein Coaching-Programm zur Vermittlung der Reduktionsmaßnahmen in der Fläche und Handlungsempfehlungen für die unterschiedlichen Kulturen

• verbesserte Prognosesysteme

• Pflanzenschutzreduktion soll größere Zeitanteile in der Ausbildung der landwirtschaftlichen Berufe sowie bei den Fortbildungsangeboten des Landes (insbesondere den für den Pflanzenschutzmitteleinsatz nötigen Sachkundenachweis) erhalten.

ARTIKEL IN BIENE UND NATUR 10/2018: "WIE BIENEN LERNEN"
https://www.bcp.fu-berlin.de/biologie/arbeitsgruppen/neurobiologie/ag_menzel/publications/Res/Menzel-Lernen-neu_final.pdf

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Quelle:
Presseinformation, 29.10.2019
Herausgeber:
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Landesgeschäftsstelle
Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg
Tel. 0941/297 20-0, Fax 0941/297 20-30
E-Mail: info@bund-naturschutz.de
Internet: www.bund-naturschutz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2019

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