Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → KLIMA

POLITIK/506: "Obama-Effekt" auf die Klimapolitik der regionalen Führungsmächte (GIGA Focus Global)


GIGA - German Institute of Global and Area Studies

GIGA Focus Global 8/2009

Der "Obama-Effekt" auf die Klimapolitik der neuen regionalen Führungsmächte

Von Babette Never und Dennis Eucker


Die jüngste Wende in der klimapolitischen Position der USA hat direkten Einfluss auf das Verhalten einer Reihe von Regierungen aus der Gruppe der neuen regionalen Führungsmächte, während sich andere bislang recht unbeeindruckt zeigen.


Analyse:
Die klimapolitische Position der USA hat sich seit der Übernahme des Präsidentenamtes durch Barack Obama grundlegend gewandelt. Dies betrifft sowohl innenpolitische Entwicklungen als auch den außenpolitischen Auftritt in zwischenstaatlichen und internationalen Klimaverhandlungen. Die veränderte Haltung hat einen direkten Einfluss auf Verhandlungspositionen der neuen regionalen Führungsmächte, insbesondere der beiden großen CO2-Emittenten China und Indien. Aber auch andere regionale Führungsmächte bleiben von dieser neuen Linie nicht unberührt: Brasilien, Südafrika und Venezuela ändern ihr Verhalten. Noch ist unklar, ob die neue Klimapolitik der USA einen entscheidenden Beitrag zum Beschluss eines neuen internationalen Klimaschutzabkommens im Dezember in Kopenhagen leisten wird. Für die neuen regionalen Führungsmächte lassen sich vorläufig folgende Aussagen im Hinblick auf ihre Bereitschaft zur Reduzierung ihres CO2-Ausstoßes treffen:

Chinas Klimapolitik ist in Bewegung geraten, ist aber eng an entsprechende Zusagen der USA geknüpft .
Indien verweist nach wie vor stark auf die finanzielle Verantwortung der Industrieländer und damit auch der USA und ist zu keinen festen Zusagen bereit.
Brasilien zeigt sich als Land mit weitreichenden Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien und ist einem Kyoto-Nachfolgeabkommen gegenüber aufgeschlossen.
Südafrika nimmt eine konstruktive, proaktive Rolle ein und strebt verbindliche nationale Reduktionsziele an.
Venezuela ist in seiner Rolle als OPEC-Land weitgehend isoliert und hält sich in seiner Position bedeckt.
Abbildung 1: Zuwachsraten der CO2-Emissionen der USA und der neuen regionalen Führungsmächte - Quelle: World Resources Institute, CAIT Tool (2009).

Abbildung 1: Zuwachsraten der CO2-Emissionen der USA und der neuen regionalen Führungsmächte
Quelle: World Resources Institute, CAIT Tool (2009).

1. Einleitung

Der Regierungswechsel im Januar 2009 hat zu einer späten Einbindung und zu einer aktiven Rolle der USA in die globalen klimapolitischen Verhandlungen geführt. Unter dem neuen Präsidenten Barack Obama haben sich die USA der Einbindung in ein Post-2012-Klimaabkommen verschrieben und erwarten eine solche Haltung gleichermaßen vonseiten der neuen regionalen Führungsmächte, allen voran von China und Indien. Die drei Länder sind zusammen bereits heute für fast 50 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich und verzeichnen große Zuwachsraten seit dem Jahr 1990 (s. Abb. 1).

Innenpolitisch befindet sich die Debatte um die Formulierung und Erstellung eines Klimagesetzes in den USA noch in einem frühen Stadium. Sowohl innen- als auch außenpolitisch zeichnen sich jedoch seit der Amtsübernahme durch die Regierung Obama neue Grundlinien der Klimapolitik ab. Diese umfassen

die Planung einer drastischen Reduzierung der Treibhausgasemissionen;
die Förderung neuer, sauberer Technologien bei gleichzeitiger Reduzierung der Abhängigkeit von ausländischem Erdöl und
den Auf- und Ausbau einer Führungsrolle der USA bei den internationalen Verhandlungen zur Bekämpfung des Klimawandels.

Die neuen energiepolitischen Leitlinien sollen auch der nationalen Sicherheit dienen, da es zunehmend wichtiger werde, die USA in ihrer Energieversorgung von anderen Ländern unabhängiger zu machen. Auf diese Weise gelingt es der Regierung - das gewachsene Bewusstsein der US-amerikanischen Bevölkerung für globale Umweltfragen fest im Blick -, das Thema innenpolitisch zu verankern und einen breiten grundsätzlichen Zuspruch zur neuen Klimapolitik zu erhalten. Hierbei ist auch eine Umkehr in wirtschaftlichen Fragen zu verzeichnen. Vorherige Regierungen sahen die Wirtschaft durch steigende Ausgaben zum Klimaschutz bedroht. Die neue Regierung unter Obama hingegen rückt die Schaffung neuer, grüner Arbeitsplätze durch eine Förderung

sauberer Technologien in den Vordergrund. Das sah vor einigen Jahren noch ganz anders aus: Die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls wurde im Jahr 1997 einstimmig vom US-Senat abgelehnt, und unter der Präsidentschaft von George W. Bush waren die USA an ernsthafter Klimapolitik gerade aus vornehmlich wirtschaftlichen Gründen nicht interessiert. Innenpolitische Widerstände gegen weitreichende Vorgaben zum Klimaschutz gibt es jedoch auch unter Obama noch zuhauf. Der außenpolitische Erfolg einer neuen Klimadoktrin wird somit stark von den innenpolitischen Fortschritten in den USA abhängen - und umgekehrt (vgl. Korppoo u.a. 2009). In dieser Position konnte das Papier United States Input to the Negotiating Text auf den Klimaverhandlungen in Bonn im Juni dieses Jahres zwar international Aufsehen erregen, doch zu Recht wurde darauf verwiesen, dass die USA zu keiner Festlegung von Reduktionszielen bereit waren. Hiervon jedoch wird im Wesentlichen der Erfolg der Klimaverhandlungen im Dezember in Kopenhagen abhängen. Im Folgenden wird der aktuelle Stand der Debatte vorgestellt, vor dessen Hintergrund sodann die Position der neuen regionalen Führungsmächte und Änderungen in ihrer Haltung als Reaktion auf die neue Position der USA analysiert werden.


2. Stand der Debatte

Mehr als eineinhalb Jahre sind seit der Verabschiedung der letzten großen Vereinbarung in den internationalen Klimaverhandlungen, dem Bali Action Plan (BAP), vergangen. Nach wie vor sind jedoch in keiner der vier Säulen des BAP - Emissionsminderung, Anpassung, Finanzierung, Technologietransfer - wirkliche Durchbrüche zu verzeichnen. Daran änderte auch die grundsätzliche Einigung auf das 2°C-Ziel der G8+5 beim L'Aquila-Gipfel im Juli nichts. Es ist noch nicht klar, ob in Kopenhagen überhaupt ein zusammenhängendes, rechtlich verbindliches Folgeabkommen entstehen kann. Alternativ könnten dem alten und im Jahr 2012 auslaufenden Kyoto-Abkommen nur einzelne Zusatzentscheidungen beigefügt werden, wie es bei den bisherigen jährlichen Verhandlungen der Fall war. Die Chancen für ein genuines Folgeabkommen sinken, je mehr Zeit vergeht. Denn einerseits sieht der bestehende Klimavertrag eine Vorlaufzeit von sechs Monaten für seine Änderung vor. Andererseits erschwert die reine Fülle umkämpfter Details, dass zügig eine für alle akzeptable Lösung gefunden wird.

Für die neuen regionalen Führungsmächte ist vor allem die Debatte um Emissionsminderungen und Finanzierungsfragen wichtig. Hier besteht der direkte Zusammenhang zum Wirtschaftswachstum - in fast allen Staaten oberste Priorität. Dies ist auch nach der neuen Strategie der USA noch der Fall. Relativ wahrscheinlich ist die zukünftige Einbindung von zwei Instrumenten: Emissionsminderung durch vermiedene Entwaldung und nachhaltige Forstwirtschaft [1] und Nationally Appropriate Mitigation Actions (NAMAs) der Entwicklungsländer. Ob die NAMAs auch verpflichtende Minderungsziele für die großen Emittenten unter den Entwicklungsländern enthalten werden, ist noch nicht abzusehen. Dies hängt nicht zuletzt von dem Verhalten der USA und weiterer Industrieländer ab. Die regionalen Führungsmächte warten nach wie vor darauf, dass die Industrieländer ihrer globalen "Leadership"-Rolle gerecht werden. Bisher konnten sich weder der Vorschlag länderspezifisch verbindlicher Reduktionsziele noch alternative Forderungen sektoraler Minderungsverpflichtungen wie im Flug- und Schiffsverkehr durchsetzen. Es gibt also nach wie vor viele offene Fragen und wenig konkrete Zahlen. Zunehmend setzen auch die Verhandlungsführer auf die politische Signalwirkung von high level events (vgl. IISD 2009). In der Tat könnte die Deklaration des Major Economies Forum von einem Lippenbekenntnis zu einem historischen Meilenstein werden. Und das anstehende UN-High-Level-Event am 22. September 2009 in New York könnte einen weiteren bilden. Weshalb ist die veränderte Haltung der Regierung Obama so wichtig? Und welche Tragweite hat der Effekt auf regionale Führungsmächte? Das wird beim Blick auf einzelne Führungsmächte deutlich.


2.1 China

Die chinesische Klimapolitik ist in den vergangenen Monaten offensichtlich in Bewegung geraten. Dabei muss jedoch zwischen innenpolitischen Aktivitäten und der internationalen Verhandlungsposition unterschieden werden. Noch Anfang 2007 versuchte die chinesische Regierung, den neu erschienenen Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) abzuschwächen, um die eigene Verantwortung herunterzuspielen (vgl. Süddeutsche Zeitung 4.5.2007). Außenpolitisch befanden sich China und die USA während der Regierung Bush- in einer "Schwarze-Peter-Logik": Jeder schob dem anderen die Verantwortung für den ersten Schritt zu und konnte so die eigene Untätigkeit und Unnachgiebigkeit begründen. Innerstaatlich gewinnt die Klimapolitik jedoch zunehmend an Relevanz in China. Inzwischen besteht de facto eine vergleichsweise ehrgeizige, umfangreiche Klimapolitik, auch auf der Ebene der Provinzen. So soll zum Beispiel bis zum Jahr 2010 eine Erhöhung der Energieeffizienz um 20 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 erreicht werden.

Hier verfolgen die USA ähnliche Pläne. Die chinesische Delegation gilt heute als konstruktiv und sehr aktiv in den Klimaverhandlungen (vgl. Korppo et al. 2009). China lehnt Beiträge zur Emissionsminderung im Rahmen der NAMAs nicht mehr ab. Damit vertritt das Land eine ähnliche Position wie die G77; die "Schwarze-Peter-Logik" ist also zu einem gewissen Grad aufgehoben. Bilaterale Verhandlungen zwischen China und den USA in den vergangenen Wochen haben hier zu einem Fortschritt im Vorgehen beider Länder führen können, die laut US-Außenministerin Clinton den "Ausgangspunkt einer engeren klimapolitischen Zusammenarbeit in der Zukunft" bilde (Hasselmann 2009). Die Betonung des Verursacherprinzips (polluter pays) und der Priorität des eigenen Wirtschaftswachstums scheint in der diplomatischen Rhetorik etwas nachzulassen. Sollte Obama sein neues Klimagesetz noch vor der Kopenhagener Konferenz im US-Kongress durchsetzen, stiege der Druck auf China massiv. Es geht hier um mehr als reine Klimapolitik: Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft auf dem Weg in eine low carbon society steht auf dem Spiel. Zudem wird der Anspruch einer führenden politischen Macht des 21. Jahrhunderts nicht zuletzt am Umgang mit globalen Problemen wie dem Klimawandel gemessen werden.


2.2 Indien

Die indische Regierung nimmt eine reaktive, bremsende Haltung in den Klimaverhandlungen ein. Daran hat auch die Regierung Obama bisher nichts grundlegend ändern können. Indien weist immer wieder auf die Verantwortung der Industrieländer als Verursacher des Problems hin und zieht sich auf die eigenen, niedrigen Pro-Kopf-Emissionen zurück. Außerdem werden schon seit den 1970er Jahren Umweltpolitik und sozio-ökonomische Entwicklung als Gegensätze verstanden und dargestellt (vgl. Korppoo et al. 2009). Das ungebremste Wachstum der Wirtschaft ist für die indische Regierung sehr wichtig. Deswegen setzt sich die indische Delegation in den Klimaverhandlungen immer wieder verstärkt für kostenlosen Technologietransfer ein. Mit der Regierung Obama hat Indien jüngst eine Partnerschaft in Forschung & Entwicklung für clean coal technology und erneuerbare Energien vereinbart. Schon jetzt gehört der indische Konzern Suzlon zu den größten Windkraftunternehmen der Welt. Der Regierungswechsel in den USA hat also zumindest eine Verstärkung der bilateralen Beziehungen nach sich gezogen. Die Zustimmung von Premierminister Singh zur Erklärung von L'Aquila könnte auf multilateraler Ebene einen vorsichtigen Schritt nach vorn bedeuten - auch wenn dies primär aus Interesse an einer gemeinsamen Verhandlungsposition der Entwicklungsländer geschah (vgl. Bagchi 2009). Im Szenario des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung für Umweltfragen (WBGU) könnte Indien sogar als großer Gewinner aus Kopenhagen nach Hause gehen. Der WBGU schlägt eine Umgestaltung des Emissionshandels anhand eines vom 2°C-Ziel rückwärts zu berechnenden Klimabudgets für jedes Land vor. Indien könnte aufgrund seiner geringen Pro-Kopf-Emissionen und gleichzeitig hoher Attraktivität für Investoren Nutznießer einer Art Klimadividende werden (vgl. Leggewie 2009). Doch für einen wirklichen Umschwung werden sowohl die USA als auch China durch eigenes progressives Verhalten und diplomatisches Geschick noch mehr Druck auf die indische Regierung ausüben müssen.


2.3 Brasilien

Brasilien nimmt aufgrund seines großen Regenwaldes eine besondere Rolle in den Klimaverhandlungen ein. In den Klimaverhandlungen der 1990er Jahre war Brasilien sehr aktiv. Der sogenannte brasilianische Vorschlag führte zum Kyoto-Protokoll in seiner jetzigen Form. Insgesamt vertrat Brasilien in den vergangenen Jahren eine ähnliche Position des Verursacherprinzips, der gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung und des Rechts auf wirtschaftliche Entwicklung wie die anderen neuen regionalen Führungsmächte, nahm jedoch stets eine vergleichsweise progressivere Stellung ein. In Bezug auf die Vermeidung von Entwaldung hat insbesondere in den letzten beiden Jahren eine positive Entwicklung stattgefunden. Die Belange der indigenen Bevölkerung sollen stärker berücksichtigt werden. Und Ende 2008 stellte die Regierung einen Plan vor, der die Abholzungsrate des Regenwaldes in der nächsten Dekade um 70 Prozent senken soll. Auch durch seinen hohen Anteil an erneuerbaren Energien und Bioenergie hat das Land das Potenzial zur klimapolitischen Führungsmacht. Wenn das Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung beachtet werde, würde sich Brasilien auf festgelegte Reduktionsziele einlassen, so der stellvertretende Umweltminister.[2] Brasilien versperrt sich einen eigenen, evtl. ambitionierteren Weg durch das Festhalten an der gemeinsamen Position der Entwicklungsländer. Die finale Position Brasiliens hängt folglich von konkreten Zusagen der Industrieländer ab - der Einfluss der USA auf Brasilien wird hierbei von wesentlicher Bedeutung sein.


2.4 Südafrika

Südafrika nimmt seit einigen Jahren eine konstruktive, proaktive Rolle in den Klimaverhandlungen ein. Zusammen mit Mexiko war das Land das erste der "Nicht-Annex-I-Staaten"[3], das eigene Verpflichtungen zur Emissionsreduktion nicht mehr strikt ablehnte (vgl. Ochs 2007). Als einzige der regionalen Führungsmächte strebt Südafrika verbindliche nationale Reduktionsziele an, die einen Teil der im Jahr 2008 erstellten Long Term Mitigation Strategy bilden. Auf dem nationalen Klimagipfel im März 2009 wurde die Wahl Obamas ausdrücklich begrüßt und die Hoffnung geäußert, dass seinen Worten bald Taten folgen und damit andere große Emittenten wie Japan und Russland mit ins Boot geholt werden. Auch mit der neuen Umweltministerin Sonjica - seit der Wahl Jacob Zumas zum Präsidenten im Frühjahr 2009 im Amt - ist auf der internationalen Ebene kein Wechsel in der Position Südafrikas zu erwarten. Als Sprecher der Afrika-Gruppe hat Südafrika eine zusätzliche Führungsfunktion. Beim Treffen der Umweltminister von mehr als 30 Staaten im Mai 2009 wurde eine gemeinsame Position der Gruppe für die Verhandlungen in Kopenhagen verabschiedet (AMCEN Declaration), die den Schwerpunkt auf das Thema Anpassung an die Folgen des Klimawandels legt. Insgesamt hat die Amtsübernahme Obamas die progressive Position Südafrikas nicht nennenswert verändert, wohl aber Hoffnungen und Erwartungen geschürt.


2.5 Venezuela

Der erdölreiche Staat Venezuela tritt in den internationalen Klimaverhandlungen meist als Mitglied der OPEC-Gruppe auf. Das Land verweist auf die historische Verantwortung der Industrienationen, zu denen es sich selbst nicht zählt. Im Gegensatz zum OPEC-Staat Saudi Arabien versucht Venezuela aber nicht, systematisch ein Klimaabkommen oder den Emissionshandel im Rahmen des Clean Development Mechanisms (Kyoto Protokoll) zu sabotieren. Hier dürften vor allem die Interessen und Aussichten des Landes im Bereich der Emissionsminderung durch vermiedene Entwaldung und nachhaltige Forstwirtschaft (REDD plus) eine gewichtige Rolle spielen. Festzustellen ist, dass sich Venezuela in den Bereichen Anpassung an die Folgen des Klimawandels, Finanzierungsmechanismen und Technologietransfer verstärkt und spürbar in die internationalen Verhandlungen einbringt. Hier besteht ein direkter Zusammenhang zur Ankündigung der USA, sich langfristig unabhängiger von Erdölimporten machen zu wollen. Heute ist Venezuela einer der größten Erdöllieferanten der USA. Somit hält sich Venezuela in seiner Position weitgehend bedeckt, dürfte aber von der neuen Klimapolitik der USA nur bedingt begeistert sein, da eine aktive Umsetzung der neuen energiepolitischen Richtlinien der USA zu einem Rückgang der eigenen Erdölexporte führen dürfte. Ein weitreichendes Umdenken in der eigenen Klimapolitik ist aufgrund der festen Zugehörigkeit zu den OPEC-Staaten nicht zu erwarten.


3. Ausblick

Die USA haben seit der Amtsübernahme von Barack Obama für einen erheblichen Fortschritt in der internationalen Klimadebatte gesorgt. Der große Durchbruch auf dem Weg zu einem neuen weltweiten Klimaabkommen ist jedoch ausgeblieben. Trotz der grundsätzlichen Wende in der Position der USA wird Washington von vielen Regierungen nach wie vor fehlender politischer Wille und fehlende Entschlossenheit zu einer "echten" Klimapolitik attestiert. Diese Kritik ist zwar berechtigt, berücksichtigt aber nur unzureichend die derzeitige Situation, in denen sich die USA zwischen innenpolitischer Anstrengung und außenpolitischer Orientierung befinden. Ziel der Regierung Obama ist nun ein neues Abkommen, das endgültig mit dem Kyoto-Protokoll bricht und, bei einem Ziel der Verringerung der Ausstöße um 80 Prozent, langfristig bis zum Jahr 2050 orientiert ist. Konkrete Vorschläge für mittelfristige Reduktionsziele wurden dabei bislang nicht vorgelegt. Zudem erscheint die Verabschiedung eines Klimagesetzes in den USA noch in diesem Jahr unwahrscheinlich. Festzuhalten ist, dass durch die neue Politik der USA viel Bewegung in die Diskussion gekommen ist. Der Obama-Effekt lässt sich in einer veränderten Haltung zumindest einiger der großen neuen regionalen Führungsmächte wie China ausmachen, während sich andere Länder wie Indien bislang recht unbeeindruckt gezeigt haben. Weitere Länder wie Brasilien und Südafrika geben sich hoffnungsvoll optimistisch, während sich Venezuela weitgehend bedeckt hält. Die weitere innenpolitische Auseinandersetzung mit dem Klimawandel wird auch die außenpolitische Agenda der USA bestimmen und Rückkopplungseffekte auf die Politiken der hier analysierten Länder haben. Die zunehmende Einsicht in den USA, dass Zeitverzögerungen die Wirtschaft schon bald mehr kosten werden als eine baldige massive Investition in klimafreundliche Energien, wird zwangsläufig auch zu einem anderen Marktverhalten der großen Emittenten China und Indien führen. Weitere Länder werden folgen bzw. leiten bereits heute entsprechende Gesetzesinitiativen ein. Fraglich bleibt, ob diese Dynamik noch vor der anstehenden Klimakonferenz in Kopenhagen zu den notwendigen Durchbrüchen führen wird.


Anmerkungen

[1] Im Rahmen des "United Nations Collaborative Programme on Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation in Developing countries (REDD-plus).

[2] Joao Paulo Capobianco, 21.05.2009, vgl. Osava (2009)

[3] Während es sich bei den Industrieländern, die zu Reduktionen verpflichtet sein sollen bzw. sich eigenständig dazu verpflichten, um "Annex-I-Staaten" handelt, werden Schwellen- und Entwicklungsländer als "Nicht-Annex-I-Staaten" bezeichnet. Diese sind nicht nur zu Reduktionen verpflichtet, können jedoch im Rahmen des "Clean Development Mechanism" (CDM) zur weltweiten Reduktion von CO2-Ausstößen aktiv beitragen.


Die Autoren

Babette Never ist Diplom-Politologin, Doktorandin an der Universität Hamburg und Teilnehmerin des GIGA-Doktorandenprogramms.
Dennis Eucker ist Diplom-Politologe, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am GIGA Institut für Asien-Studien.
E-Mail: never@giga-hamburg.de, eucker@giga-hamburg.de.


Literatur

Bagchi, Indrani (2009), Climbdown on 2°C clause done as last resort?, in: The Times of India, 17.07.2009, online:
http://timesofindia.indiatimes.com/NEWS/Environment/GlobalWarming/ Climbdown-on-2C-clause-done-as-a-last-resort-/articleshow/4787408.cms (27.07.2009).

Earth Negotiations Bulletin, various years and issues, online http://www.iisd.ca (27.07.2009).

Hasselmann, Silke, Schwieriger Dialog der Klimasünder, online: www.tagesschau.de (29.07.2009).

IISD, Institute for International Sustainable Development (2009), Earth Negotiations Bulletin, 12, 241: 15.06.2009.

Korppoo, Anna, u.a. ( 2009), Towards a new climate regime?: View of China, India, Japan, Russia, and the United States on the road to Copenhagen. (FIIA Report), Helsinki.

Leggewie, Claus (2009), Von der Kohlenstoffinsolvenz zur Klimadividende. Manuskript zum Vortrag "Last Exit Kopenhagen?", Klima-Exzellenznetzwerk Clisap, Hamburg, 15.07.2009.

Ochs, Alexander (2007), Auf der Suche nach neuen Verbündeten: Führungsmächte des Südens als Partner deutscher Klimapolitik, Diskussionspapier FG 8, Dezember, Berlin.

Osava, Mario (2009), Climate Change - Brazil: Once and Future Environmental Leader?, IPS News, online:
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=37827 (27.07.2009).

Süddeutsche Zeitung (2007), Acht Jahre, um die Katastrophe abzuwenden, 04.05.2007, online:
http://www.sueddeutsche.de/wissen/629/324495/text/?page=2 (27.07.2009)


GIGA-Publikationen zum Thema:

Betz, Joachim (2008), Weltwirtschaftliche Schwerpunktverschiebung nach Asien?, GIGA Focus Global, 2.

Fuhr, Harald, Markus Lederer und Miriam Schröder (2008), Neue Formen des Regierens und Klimaschutz durch private Unternehmen?, GIGA Focus Global, 7.

Horta, Korinna und Madeleine Gereke (2009): Weltklimapolitik im Kongobecken: Neue Chance oder Ökorente für die Eliten?, GIGA Focus Afrika, 3.

Fritz Carrapatoso, Astrid (2009), Die WTO und der globale Umweltschutz - ein Beitrag zum Green New Deal?, GIGA Focus Global, 3.

Fritz Carrapatoso, Astrid (2008), Ein Klima der Veränderung? Ergebnisse des Weltklimagipfels in Bali 2007, GIGA Focus Global, 3.

Schüller, Margot und Marcus Conlé (2007), China und Indien auf der technologischen Überholspur?, in: Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, 3, 61-67.

Unmüßig, Barbara und Stefan Cramer (2008), Afrika im Klimawandel GIGA Focus Afrika, 2 (englische Fassung: Climate Change in Africa, GIGA Focus Afrika, 2).


*


Der GIGA Focus ist eine Open-Access-Publikation. Sie kann kostenfrei im Netz gelesen und heruntergeladen werden unter www.giga-hamburg.de/giga-focus und darf gemäß den Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz Attribution-No Derivative Works 3.0 http://creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/de/deed.en frei vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies umfasst insbesondere: korrekte Angabe der Erstveröffentlichung als GIGA Focus, keine Bearbeitung oder Kürzung.

Das GIGA German Institute of Global and Area Studies - Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost und zu globalen Fragen heraus, die jeweils monatlich erscheinen. Der GIGA Focus Nahost wird vom GIGA Institut für Nahost-Studien redaktionell gestaltet. Die vertretenen Auffassungen stellen die der Autoren und nicht unbedingt die des Instituts dar. Die Autoren sind für den Inhalt ihrer Beiträge verantwortlich. Irrtümer und Auslassungen bleiben vorbehalten. Das GIGA und die Autoren haften nicht für Richtigkeit und Vollständigkeit oder für Konsequenzen, die sich aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen ergeben. Wurde in den Texten für Personen und Funktionen die männliche Form gewählt, ist die weibliche Form stets mitgedacht.

Redaktion: Martin Beck
Gesamtverantwortlicher der Reihe: Andreas Mehler
Lektorat: Silvia Bücke


*


Quelle:
GIGA Focus Global 8/2009 - www.giga-hamburg.de/giga-focus
German Institute of Global and Area Studies
Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien
Adresse: GIGA, Neuer Jungfernstieg 21, 20354 Hamburg
Telefon: 040 / 428 25 - 548, Fax: 040 / 428 25 - 547
E-Mail: giga-focus@giga-hamburg.de
Internet: www.giga-hamburg.de/giga-focus


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2009