Ludwig-Maximilians-Universität München - 26.09.2022
Klimawandel:
Neues Modell ermöglicht bessere Einschätzung des Beitrags der
Landnutzung zum Klimaschutz
• LMU-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, die es ermöglicht, aus Erdbeobachtungsdaten direkte Einflüsse menschlicher Landnutzung auf den Kohlenstoffkreislauf zu ermitteln
• Die CO2-Speicherfähigkeit von Wäldern und Strauchlandschaften schwankt stark und reagiert sensibel auf Umweltfaktoren
• Mit dem Modell kann besser eingeschätzt werden, welchen Beitrag die Landnutzung zum Klimaschutz leisten kann
Vegetation und Böden nehmen als wichtigste Kohlenstoffspeicher an Land
momentan knapp ein Drittel der Kohlendioxidemissionen auf, die von
Menschen verursacht werden. Daher spielt die Landnutzung für die
globale Bilanz des menschengemachten CO2-Ausstoßes eine sehr große
Rolle. Doch Wälder und Strauchlandschaften sind längst nicht so
verlässlich wie bisher angenommen: Ihre Funktion als Kohlenstoffsenke
unterliegt großen jährlichen Schwankungen und sie reagieren sensibel
auf verschiedene Umwelteinflüsse. Dies legen Ergebnisse eines neuen
Modellierungsansatzes nahe, den ein Team um die LMU-Geographin Prof.
Julia Pongratz entwickelt hat.
"Wir integrieren Erdbeobachtungsdaten in ein Modell zur Simulation von CO2-Flüssen aus der Landnutzung. Dabei stellten uns Kollegen von der NASA neue globale Vegetationsdaten aus den letzten zwanzig Jahren zur Verfügung", erklärt Selma Bultan, LMU-Forscherin und Hauptautorin der Studie.
Das innovative Modell ermöglicht es, direkte Auswirkungen der menschlichen Landnutzung (Rodung und Wiederaufforstung) auf globale CO2-Flüsse von denen natürlicher Umweltfaktoren (Waldbrände, Extremwetterereignisse oder die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre) zu unterscheiden.
"Diese Differenzierung ist wichtig, weil die Isolierung der anthropogenen Effekte den wahren Fortschritt bei Klimaschutzmaßnahmen zeigt. Die Umwelteffekte verdeutlichen hingegen, wie verlässlich die Biosphäre an Land CO2 aus der Atmosphäre aufnimmt und speichert", sagt Pongratz, Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU. "Unser neues Modell kann helfen, den Erfolg von Klimaschutzmaßnahmen zu kontrollieren - vor allem die Umsetzung der internationalen Abkommen zur Reduktion von CO2-Emissionen durch Landnutzungswandel wie etwa die Rodung von Wäldern. Dies ermöglicht eine objektive Bewertung, inwiefern Länder ihre Klimaziele erreichen."
In der Studie geht es auch um die Frage, wie sich der Klimawandel auf die Fähigkeit der Vegetation auswirkt, Kohlenstoff zu speichern. "Unsere Ergebnisse zeigen: Der CO2-Speicher in Wäldern und Strauchlandschaften weist stärkere jährliche Schwankungen auf und reagiert sensibler auf Extremereignisse wie Dürren als bisher angenommen", so Bultan weiter. "Dank dieser Erkenntnisse können wir besser einschätzen, welchen Beitrag die Landnutzung zum Klimaschutz leisten kann."
Beide LMU-Wissenschaftlerinnen tragen auch zum Global Carbon Project
(GCP) bei. Der weltweite Zusammenschluss von Forschenden beschäftigt
sich mit der Entwicklung der globalen CO2-Emissionen und
veröffentlicht jährlich einen Bericht dazu. Er zeigt: Die Landnutzung
verursacht momentan etwa neun Prozent aller anthropogenen Emissionen.
Wie der Mensch mit Ökosystemen an Land umgeht, spielt daher auch im
Hinblick auf die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens eine
entscheidende Rolle.
Publikation:
Selma Bultan, Julia E.M.S. Nabel, Kerstin Hartung, Raphael
Ganzenmüller, Liang Xu, Sassan Saatchi and Julia Pongratz: Tracking
21st century anthropogenic and natural carbon fluxes through
model-data integration, Nature Communications, 2022.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München - 26.09.2022
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 27. September 2022
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