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FORSCHUNG/609: Ethangaskonzentrationen steigen wieder (idw)


Max-Planck-Institut für Chemie - 23.06.2016
(Meldung der University of Colorado Boulder mit Ergänzungen des Max-Planck-Instituts für Chemie)

Ethangaskonzentrationen steigen wieder

Weltweite Emissionen des Luftschadstoffes und Treibhausgases Ethan steigen seit 2010 wieder an - stärkste Anstiege über den zentralen und östlichen Vereinigten Staaten


Wissenschaftler der Universität von Colorado in Boulder (CU-Bolder), USA haben mit Unterstützung von Andrea Pozzer vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz die neuesten Ethanemissionen veröffentlicht. Das Team fand heraus, dass der stetige Rückgang der weltweiten Ethangasemissionen in der nördlichen Erdhalbkugel zwischen 2005 und 2010 aufhörte und sich seitdem ins Gegenteil gekehrt hat. Zwischen 2009 und 2014 stiegen die Ethangasemissionen in der nördlichen Hemisphäre jährlich um etwa 400.000 Tonnen, wobei der Großteil durch die Öl- und Gasförderung in Nordamerika bedingt ist. Der Hauptbestandteil von Erdgas ist zwar Methan. Es kann jedoch bis zu 15 Prozent Ethan enthalten.


Weltkarte - Grafik: © Andrea Pozzer, MPI für Chemie

Modellierung des jährlichen Ozon-Anstiegs: Die erhöhten Ozonwerte im Sommer entstehen durch die ansteigenden NMHC-Emissionen über den USA.
Grafik: © Andrea Pozzer, MPI für Chemie

Der Rückgang von Ethan und anderer Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffe (NMHC) begann nach einem Spitzenwert um 1970. Er ist laut dem Hauptautor der Studie Detlev Helmig, einem Mitarbeiter am Institute of Arctic and Alpine Research (INSTAAR) an der CU-Boulder, in erster Linie auf bessere Emissionskontrollen zurückzuführen. Die Kontrollen führten zu reduzierten Emissionen bei der Förderung, Lagerung und Verteilung von Öl und Gas, sowie durch verminderte Abgase von Automobilen und Lkws.

"Etwa 60 Prozent des Rückgangs, den wir in den vergangenen 40 Jahren bei den Ethanpegeln beobachtet haben, wurden in den letzten fünf Jahren bereits aufgehoben", sagte Helmig. "Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, erreichen wir etwa in den nächsten drei Jahren wieder die maximalen Ethanpegel, die wir in den 1970ern verzeichnet haben. Wir beobachten selten so schnelle und dramatische Veränderungen bei Gasen in der Atmosphäre."


Foto: By Loadmaster (David R. Tribble) (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

Quelle für Ethan? Eine Gasförderplattform bei Alvarado in Texas.
Foto: By Loadmaster (David R. Tribble) (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], via Wikimedia Commons

"Diese Veränderungen der NMHC-Emissionen können möglicherweise Emissionskontrollen aufheben, die eingeführt wurden, um die fotochemische Ozonbildung zu bremsen. Das kann sich negativ auf die Einhaltung der Luftqualitätsstandards in Bezug auf Ozon auswirken", so Mitautor Andrea Pozzer, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie. Obwohl Nicht-Methan-Kohlenwasserstoffe (NMHCs) eine geringe Rolle als Treibhausgase spielen, sind sie bei der fotochemischen Bildung von Ozon (O3) entscheidend.

Die Höhe der NMHC-Emissionen ist daher für die Vorhersage von Veränderungen der Luftqualität wichtig. "Wir haben ein numerisches Modell verwendet, um den Einfluss solcher gegenläufigen Entwicklungen bei NMHCs zu beurteilen. Dabei zeigte sich, dass die gegenwärtige Entwicklung all die Mühen zur Reduktion von Ozonbildung über der nördlichen Hemisphäre im Allgemeinen und in den USA im Besonderen zu Nichte machen kann", schätzt Andrea Pozzer. Er entwickelt und verwendet mit seiner Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Chemie numerische Modelle, um Beobachtungsdaten von Feldmesskampagnen und Fernerkundungsinstrumenten auf Satelliten zu analysieren und zu interpretieren.


Höchster Anstieg von Ethan über Gegenden mit intensiver Öl- und Gasförderung in den Vereinigten Staaten

Ethan, Propan und eine Reihe anderer NMHCs werden natürlicherweise von offenen Erdöl- und gasquellen, bei vulkanischer Aktivität und Flächenbränden freigesetzt. Menschen verursachen heute aber etwa drei Viertel des Ethangases in der Atmosphäre, das freigesetzt wird.

Die Luftproben, die für die Studie gesammelt wurden, stammen von mehr als 40 Orten in der ganzen Welt, von Colorado und Grönland bis hin zu Deutschland, der Schweiz, Neuseeland und den Polarregionen. Mehr als 30.000 Luftbehälter wurden im Laufe der letzten zehn Jahre am Earth Systems Research Laboratory der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Boulder untersucht.

Die Studie zeigte laut Helmig auch, dass von allen Entnahmestellen für Luftproben in der ganzen Welt die stärksten Anstiege von Ethan und dem leichter flüchtigen Propan über Gebieten mit intensiver Öl- und Gasförderung in den zentralen und östlichen Vereinigten Staaten festgestellt wurden. "Wir schließen daraus, dass zusätzliche Emissionen bei der Öl- und Gasförderung in den USA die Hauptursache für die Trendwende bezüglich Ethan in der Atmosphäre waren", sagte er.

Die Studie zeigte auch, dass die Emissionen aller NMHCs in der nördlichen Hemisphäre derzeit jährlich um etwa 1,2 Millionen Tonnen steigen.

Die Ergebnisse des Luft-Entnahmenetzwerks, das INSTAAR und NOAA seit über zehn Jahren betreiben, wurden durch weitere Messungen untermauert, die an einigen weltweiten festen Messstellen sehr ähnliche Ethanpegel zeigten.

Als Bestandteil von Erdgas spielt Ethan eine wichtige Rolle in der Atmosphäre des Planeten Erde. Da es nahe der Erdoberfläche zersetzt wird, kann dadurch eine bodennahe Verschmutzung mit Ozon entstehen, welche besonders in den Sommermonaten ein Gesundheits- und Umweltrisiko darstellt. "Ethan ist nach Methan der zweiwichtigste Kohlenwasserstoff, der aus Öl und Gas freigesetzt wird", sagte Helmig. "Andere Studien zeigen im Durchschnitt, dass von der Öl- und Gasindustrie zehnmal so viel Methan freigesetzt wird wie Ethan."

Da Methan ein starkes Treibhausgas ist, haben Wissenschaftler seit je her ein großes Interesse an seiner Erforschung, so Helmig. Diese neue Studie zeige aber, dass verstärkt nun auch auf dem Gebiet der mit Methan zusammenhängenden Emissionen geforscht werden sollte.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mpic.de/aktuelles/pressemeldungen/news/ethangaskonzentrationen-steigen-wieder.html

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news654984

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution274

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Chemie, Dr. Susanne Benner, 23.06.2016

WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2016

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