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FORSCHUNG/352: Natürliche Treibhausgassenke kleiner als bisher gedacht (UU)


Universität Uppsala - 7. Januar 2011

Neue wissenschaftliche Erkenntnis

Einfluß von Flüssen und Seen wurde im Treibhausgas-Budget bisher unterbewertet


Eine Internationale Gruppe von Wissenschaftlern konnte eine wichtige Komponente des globalen Treibhausgas-Budgets enthüllen. Ihre jüngste Analyse weist darauf hin, daß die Aufnahmekapazität der Kontinente für Treibhausgase wesentlich weniger optimistisch bewertet werden muß, als ursprünglich angenommen. Aus dem Verhältnis von Kohlenstoffabsorption durch die Landflächen und ihrer Treibhausgas-Abgabe läßt sich ausrechnen, welche Menge Land erforderlich wäre, um die vom Menschen erzeugten und in die Atmosphäre entlassenen CO2-Emissionen zu kompensieren.

In bisherigen Analysen des Kohlenstoff-Treibhausgas-Austausches auf den Kontinenten hatte man den Einfluß von Seen, stillen und fließenden Gewässern nicht berücksichtigt. Die jüngste Studie, die am 7. Januar 2011 im Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlicht wurde, zeigt nun, daß das stark wirksame Treibhausgas Methan aus diesen Binnengewässern in sehr viel größerem Maße freigesetzt wird, als man bisher glaubte. Nach Abzug dieser Menge ist die Netto-Aufnahme von Treibhausgasen in natürliche Festland-Senken wie Wäldern mindestens 25% kleiner, als bisher gedacht.

Diese Schlußfolgerung ziehen David Bastviken von der Universität Linköping, Lars Tranvik von der Universität Uppsala, John Downing von der Iowa State University, Patrick Crill von der Universität Stockholm sowie Alex Enrich-Prast von der Universität Rio de Janeiro in ihrer Studie.

Der zunehmende Treibhaus-Effekt entsteht durch die Freisetzung von Treibhausgasen durch den Menschen. Manche Ökosysteme, Wälder beispielsweise, können Kohlenstoffdioxid absorbieren und stellen somit Treibhausgas-Senken dar, die für den Ausgleich der Treibhausgase und das Klima wichtig sind. Die Rolle der Süßwasser-Ökosysteme, die wiederum in die kontinentalen Ökosysteme eingebunden sind, war bislang nicht klar, weil das Ausmaß der Binnengewässer unterschätzt wurde und die Daten über Treibhausgasemissionen nicht ausreichten.

Das Entweichen von Methan aus Teichen und Fließgewässern ist ein natürlicher Vorgang und sollte daher nicht als Bedrohung betrachtet werden. Der zusätzliche Gaseintrag in die Umwelt ist allerdings schwer zu messen und noch wenig erforscht.

- Kleinere Mengen an Methan treten ständig an der Oberfläche von Wasserläufen aus, meinte David Bastviken, aber weitaus größere Mengen würden spontan und zeitlich unkalkulierbar freigesetzt, sobald Methanblasen aus den Sedimenten aufsteigen und in die Atmosphäre gelangen. Dieser plötzliche Zustrom sei analytisch sehr schwer zu erfassen.

Die Autoren kamen auf insgesamt 474 Süßwasserquellen, aus denen Methanströme austreten können. Darüber hinaus aktualisierten sie die Einschätzung der Gesamtfläche der Binnengewässer weltweit. Auf dieser Grundlage konnten sie berechnen, daß die Emission des gesamten Methans aus allen Süßwasserflächen etwa 25 Prozent der Menge aufwiegt, die von natürlichen Festland-Senken absorbiert wird. Dieser starke Effekt, den die Methanfreisetzung aus Binnengewässern für die Klimaerwärmung hat, hängt zum einen von der großen Menge des freigesetzten Gases ab, zum anderen aber auch von der stärkeren, wärmereflektierenden Wirkung, die Methanmoleküle im Vergleich zu Kohlenstoffdioxid besitzen. Aus dieser neuen Rechnung ergibt sich zwangsläufig, daß die Treibhausgas-Senken, die Wälder und andere Ökosysteme darstellen, tatsächlich wesentlich kleiner sind, als man ursprünglich glaubte.

Die Aufnahmekapazität der Senken könne weltweit sogar noch sehr viel geringer sein, als bisher berechnet, meinte David Bastviken. Da es schon schwer sei, den Gaszustrom aus Methanblasen zu bestimmen und das Ausmaß der weltweiten Süßwasserflächen vermutlich immer noch unterschätzt würde, habe man wohl den Gesamteintrag von Methan in die Umwelt insgesamt unterschätzt.

Solange wir nicht in der Lage sind, den Einfluß natürlicher Treibhausgas-Senken und die Gesamtmenge der Emissionen exakt zu berechnen, werden wir nie verstehen, warum die Reduktion anthropogener Einflüsse so dringend notwendig geworden ist. An der kleineren Kapazität der kontinentalen Senke für Treibhausgase läßt sich aber auch erkennen, wie wertvoll diese natürlichen Absorbtionssysteme ist.

Wir sollten deshalb Wälder und andere natürliche Treibhausgas-Senken sorgfältig schützen, denn ihre Flächen wurden bereits durch Abholzungs- und andere Landnutzungsmaßnahmen stark reduziert, erklärte David Bastviken weiter. Eine exakte Aufstellung aller beteiligten Komponenten am kontinentalen Treibhausgas-Haushalt, einschließlich der der Binnengewässer sollte uns jedoch helfen, die Treibhausgas-Aufnahmekapazität durch die Ökosysteme im Verhältnis zu den von der menschlichen Gesellschaft induzierten Emissionen genauer zu bestimmen.

Anneli Waara



Für Rückfragen:

Professor Lars Tranvik
Tel.: 0046 73 322 58 30,
E-Mail: lars.tranvik@ebc.uu.se

oder

David Bastviken
Tel.: 0046 73 414 49 70
E-Mail: david.bastviken@liu.se

Link zum Originalartikel:
http://www.uu.se/press/pm.php?id=1259


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Quelle:
Pressemitteilung, 07.01.2011
Universität Uppsala
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mit freundlicher Genehmigung der Universität Uppsala
in einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Januar 2011