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WASSER/156: Argentinien - Aquifere blindlings ausgebeutet, umfassende Daten fehlen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Oktober 2013

Argentinien: Aquifere blindlings ausgebeutet - Umfassende Daten fehlen

von Marcela Valente


Bild: © Juan Moseinco/IPS

In Dürreregionen wie dem argentinischen Tilcarain in der Schlucht von Humahuaca im argentinischen Jujuy ist die Abhängigkeit von den unterirdischen Wasserquellen besonders groß
Bild: © Juan Moseinco/IPS

Buenos Aires, 14. Oktober (IPS) - Halb Argentinien bezieht sein Wasser aus Aquiferen, die laut Experten insbesondere in den trockenen und semi-ariden Gebieten des Landes lebenswichtig sind. Dennoch hat es die Regierung bisher versäumt, die wichtigen Grundwasserleiter wissenschaftlich zu untersuchen.

Der riesige Guaraní-Aquifer, das sich über Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay erstreckt, ist der einzige, über den ausführlichere Informationen vorliegen. Erfasst werden konnte er dank der finanziellen Hilfe der Globalen Umweltfazilität GEF. Argentinien ist an sich ein sehr wasserreiches Land. Dafür sorgen der Rio de la Plata und seine vielen Nebenflüsse, die Iguazú-Fälle und die majestätischen Gletscher von Patagonien.

Wie die Geologin Ofelia Tujchneider von der Nationalen Küstenuniversität erläutert, gibt es außer dem Guaraní noch viele andere Aquifere, die viel stärker genutzt werden und ganze Wirtschaftszweige am Leben erhalten. Als Beispiel nennt sie den Puelches, der sich unterhalb der Provinz Buenos Aires im Osten des Landes, Córdoba im Westen und Santa Fe im Nordosten befindet.


Reich an Aquiferen

Dem Umweltatlas von Buenos Aires zufolge erreicht der Puelches eine Tiefe von 40 bis 120 Metern und liefert täglich rund 9.900 Kubikmeter Wasser. Es verläuft zwischen dem weniger tiefen Pampeano- und dem tiefer liegenden Paraná-Aquifer. Da das Wasser in diesen Gesteinsschichten salzhaltig ist, wird es vor allem von Industriebetrieben verwendet.

Im Osten Argentiniens finden sich die Aquifere Ituzaingó, Salto und Salto Chico. In der Provinz Neuquén, im Westen der südlichen Region Patagonien, werden die unterirdischen Wasservorkommen von der Erdöl-, -gas- und Bergbauindustrie ausgebeutet, wie der Hydrogeologe Mario Hernández von der Nationalen Universität von La Plata erklärt.

Auch in der südlichen Provinz Santa Cruz sind die unterirdischen Wasserleiter zu finden. Im Nordwesten, wo wenig Regen fällt, werden sie durch Flüsse aufgefüllt, in den westlichen Provinzen Mendoza und San Juan durch unterirdische Quellen. Dort ist man sich ihres Werts bewusst und führt Untersuchungen zu ihrem Schutz durch. Auch die Winzer sind auf sie angewiesen.

"Grundwasservorkommen spielen eine wichtige Rolle in ariden und semi-ariden Regionen. Gäbe es sie nicht, wären größere Bauarbeiten erforderlich, um Wasser für Privathaushalte und die Landwirtschaft bereitzustellen", sagt Tujchneider. Sie sind in großer Menge und guter Qualität vorhanden, lassen sich besser vor Verschmutzung schützen und sind sogar in Wüstenregionen reichlich zu finden.

Im Mündungsgebiet des Rio de La Plata sind 85 Prozent der oberflächlichen Wasservorkommen des Landes anzutreffen, ist dem Buch 'Wasser - Ein allgemeiner Überblick in Argentinien' der Umweltorganisation 'Grünes Kreuz' zu entnehmen. Dieses Flusssystem im Nordosten des Landes erstreckt sich jedoch nur über 33 Prozent Argentiniens. Der Rest des Landes ist trocken oder halbtrocken. In manchen Gebieten sind pro Person und Jahr weniger als 1.000 Kubikmeter Wasser verfügbar. Nach der Definition des UN-Entwicklungsprogramms UNDP herrscht in einer Region unterhalb dieser Grenze Wassermangel.

Im Jahr 2010 hatten etwa 82 Prozent der derzeit 41 Millionen Argentinier Zugang zu sauberem Trinkwasser. Laut Hernández bedient sich etwa die Hälfte der Bevölkerung aus Aquiferen, die auch der Agrarsektor und Industriebetriebe anzapfen. Über den genauen Stand der Grundwasserreserven liegen aber keine genauen Daten vor.


Weltbank-Bericht von 2000 einzige Datenquelle

Die einzigen Informationen finden sich in einem Bericht der Weltbank von 2000, dem zufolge Aquifere etwa 35 Prozent des privat und gewerblich genutzten Wassers in Argentinien liefern. Tujchneider zufolge liegt jedoch die derzeitige Wasserentnahme bei über 35 Prozent. In den vergangenen Jahren ist der Bedarf an Wasser in der Landwirtschaft gewachsen, da der Reisanbau in der Region deutlich zugenommen hat.

Die Geologin kritisiert, dass der immense Wert der Ressource unterschätzt wird. Deshalb sei die Gefahr groß, dass die Grundwasservorkommen mit Agrochemikalien, Industriemüll und Abwässern belastet oder übernutzt werden könnten.

Der Föderale Nationale Grundwasserplan soll diesen Missstand beseitigen. Vorgesehen ist die Erstellung einer umfassenden Datenbank zu den argentinischen Aquiferen, um deren Nutzung besser steuern zu können. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.gef.org.uy/agi
http://www.atlasdebuenosaires.gov.ar/aaba/index.php?option=com_content&task=view&id=203&Itemid=79&lang=es
http://www.gcint.org/sites/default/files/publication/document/Agua-Panorama-General-En-Argentina.pdf
http://materias.fi.uba.ar/6911/anexo_gw.pdf
http://www.ipsnews.net/2013/10/argentina-blindly-exploiting-groundwater-scientists-warn/
http://www.ipsnoticias.net/2013/10/argentina-explota-a-ciegas-sus-acuiferos/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. Oktober 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2013