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WASSER/154: Kenia - Reiche Süßwasservorräte unter Turkana-Trockengebiet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. September 2013

Kenia: Reiche Süßwasservorräte unter Turkana-Trockengebiet - Nomaden hoffen auf Beteiligung

von Miriam Gathigah


Bild: © GNR8R/CC by 2.0

In Kenias trockenem Landkreis Turkana wurden 200 Milliarden Kubikmeter Süßwasser entdeckt
Bild: © GNR8R/CC by 2.0

Nairobi, 18. September (IPS) - So wie schon sein Vater vor langer Zeit zieht auch Zakayo Ekeno mit seiner Herde durch Turkana. Doch nie wäre er auf die Idee gekommen, dass unter seinen Füßen Süßwasserreserven schlummern, die Kenias ärmsten und trockensten Verwaltungsbezirk 70 Jahre lang mit Wasser versorgen könnten.

"Ich habe mich viele Male gefragt, ob dieser gottverlassene Teil des Landes überhaupt irgendwann etwas hervorbringen wird", sagt Ekeno. 2011 hatten hier fast 9,5 Millionen Menschen der mehrheitlich nomadischen Gemeinschaft unter einer schweren Dürre zu leiden gehabt.

Am 11. September gaben Regierung und Weltkulturorganisation UNESCO die Entdeckung von 200 Milliarden Kubikmeter Süßwasser im Lotikipi-Becken in Turkana bekannt, einem von insgesamt 47 Verwaltungsbezirken des ostafrikanischen Landes.

"Jedes Jahr verdurstet Vieh und verdorren Weiden. Wir leben zudem in der ständigen Angst vor Viehdieben, die mit unseren Rindern ihre verendeten Tiere ersetzen wollen", berichtet Ekeno, der selbst bei solchen Streitigkeiten verletzt wurde. "Das neu entdeckte Wasser könnte das Problem lösen."

Bisher hatten die Vereinten Nationen Kenia als chronisch wasserarmes Land eingestuft. Nach Erkenntnissen der UNESCO sind 17 Millionen der 41,6 Millionen Kenianer ohne Zugang zu sauberem Wasser. Der nationale Wasserverbrauch beträgt etwa drei Milliarden Kubikmeter im Jahr.


Ruf nach nachhaltigem Nutzungsplan

Experten wie die Wissenschaftlerin Judith Gicharu fordern eine umsichtige Wasserpolitik. "Bisher fehlten dem ostafrikanischen Land die Kapazitäten, um das Wasser nachhaltig zu verwalten", warnt sie. "Wir haben das Wassergesetz von 2002 und das Gesetz für Umweltmanagement und -koordination. Doch geben diese keinen rechtlichen Rahmen für den verantwortungsvollen Umgang mit dem Grundwasser vor."

Gicharu zufolge sollte der Umgang mit dem Grundwasser genau geregelt und überprüft werden. Bisher sei es so, dass selbst in Fällen, in denen Leitlinien vorhanden seien, diese nicht befolgt würden. Hinzu komme, dass es keinen integralen und ressortübergreifenden Strategieplan gebe, der ein Überlappen der Aktivitäten der für Wasser und Umwelt zuständigen Regierungsbehörden verhindere. In Kenia gehören alle Wasserressourcen dem Staat.

Die Behörden müssen jeder Nutzung der Ressource zustimmen. Doch einer 2011 von der Weltbank veröffentlichten Fallstudie ist zu entnehmen, dass die unterschiedlichen Stellen ihre Strategien nicht miteinander absprechen. Ein Bewusstsein für die Bedeutung einer nachhaltigen strategischen Planung sei nicht vorhanden, lautet die Kritik.

Ikal Ang'elei von den Freunden des Turkana-Sees, einer lokalen Umweltorganisation, warnt vor den Folgen, die die Abwesenheit starker Gesetze zum Schutz der Wasserreserven nach sich ziehen könnte. Im Interesse der Nachhaltigkeit und Fairness gelte es rechtlich festzulegen, wer, wie und in welchem Umfang von dem neu entdeckten Grundwasser profitieren werde. Ohne einen solchen Rahmen sei es eher unwahrscheinlich, dass der natürliche Reichtum zum Wohl des Landes verwendet werde.

"Schon jetzt werden die Menschen in Turkana am Wasserdialog nicht beteiligt", bemängelt Ang'elei. "Die Regierung ergeht sich bereits in Plänen, das gesamte Land mit Wasser zu versorgen. Doch was ist mit den Menschen in Turkana?"


Fehler wie bei Erdölfund vermeiden

Der Wasserfund ist die zweite größere Entdeckung in Turkana seit März letzten Jahres. Damals hatte das Erdölexplorationsunternehmen 'Tullow Oil' Millionen Barrel Öl im Lokichar-Becken aufgespürt. "Wir dürfen nicht den gleichen Fehler machen wie bei der Ölausbeutung. Seit das schwarze Gold in Turkana gefunden worden ist, interessieren sich die Investoren brennend dafür, wann das Öl endlich fließen wird. Doch vom Nutzen für die Bevölkerung will niemand etwas wissen", sagt Ang'elei.

Der Wirtschaftswissenschaftler Arthur Kimani kann dem nur beipflichten. "Die Regierung muss den Gemeinden erklären, dass sich mit dem Süßwasser nicht nur der Durst löschen lässt, sondern es auch gewinnbringend für die Landwirtschaft verwendet werden kann."

Doch wie aus dem Ministerium für Umwelt, Wasser und natürliche Ressourcen zu erfahren war, sind die Befürchtungen unbegründet. "Die Menschen in Turkana werden bereits innerhalb der nächsten zwei Wochen mit Wasser versorgt", erklärte ein Sprecher. "Wir wollen auch den Privatsektor zu bezahlbaren Partnerschaften mit der lokalen Gemeinde bewegen."

Doch Samuel Kimeu, Exekutivdirektor des Kenia-Büros von 'Transparency International' ist der Meinung, dass die Regierung die Kontrolle über die Süßwasserreserven nicht aus der Hand geben sollte. "Viele Unternehmen neigen dazu, mit einer kleinen Clique gut vernetzter Akteure zusammenzuarbeiten, um dann ein undurchsichtiges Zahlenspiel zu präsentieren. Es sollte jedoch gewährleistet sein, dass die Öffentlichkeit und insbesondere die Gemeinschaften in nächster Nähe der Wasserlagerstätte an den Entscheidungen über die Wasserverwendung beteiligt werden. Das wirkt sich auch korruptionsbereinigend aus."

Samuel Kimeu rät zu Transparenz im Verlauf des gesamten Extraktionsprozesses. Geschehe dies nicht, würden Lizenzen vergeben, von denen die Öffentlichkeit nichts hätte. Die Menschen würden zudem über die möglichen Einnahmen belogen. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://documents.worldbank.org/curated/en/2011/06/16583819/kenya-groundwater-governance-case-study
http://www.friendsoflaketurkana.org/
http://www.ipsnews.net/2013/09/scarcity-reveals-an-inaccessible-excess/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. September 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. September 2013