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WASSER/042: Lesotho - Wasser für Südafrika, Probleme für Einheimische, Bau von Talsperre umstritten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 16. November 2011

Lesotho: Wasser für Südafrika, Probleme für Einheimische - Bau von Talsperre umstritten

von Grit Porsch


Berlin, 16. November (IPS) - Noch wird an den Blaupausen für den zweiten Bauabschnitt eines ehrgeizigen Wasserkraftprojektes in Lesotho gearbeitet, da melden einheimische und internationale Aktivisten erhebliche Bedenken gegen den Bau des Polihali-Staudamms an. Sie fordern die Regierung der kleinen Monarchie im südlichen Afrika auf, vor Errichtung der neuen Talsperre die Probleme zu lösen, die der Bevölkerung durch die beiden Vorläuferprojekte entstanden sind.

Der Katse- und der Mohale-Damm sind bereits in Betrieb und beliefern über eine kilometerlange Tunnelröhre, durch die pro Sekunde 30 Kubikmeter Wasser ins Tal stürzen, Südafrikas rasch expandierende Industriegebiete mit Wasser. So brachten die beiden Stauseen Lesotho im vergangenen Jahr 64 Millionen Dollar Gewinn ein. Das auf 30 Jahre angelegte und 16 Milliarden Dollar teure bilaterale Entwicklungsprojekt untersteht der 'Lesotho Highlands Development Authority' (LHDA).

Im August dieses Jahres hatte das Königreich mit Südafrika den Bau des Polihali-Staudamms vertraglich besiegelt. "Lesothos Regierung bleibt dabei, Naturressourcen zu verkaufen, die die eigene Bevölkerung benötigt", kritisierte Mabusetsa Lenka Thomae von der in der Hauptstadt Maseru ansässigen zivilen Organisation 'Transformation Resource Centre'. Zusammen mit der Afrika-Expertin Lori Pottinger von der US-amerikanischen Umweltorganisation 'International Rivers' hat der Aktivist einen Bericht über die Auswirkungen des Projektes ('Lessons Learned from the Lesotho Highlands Water Project' veröffentlicht.

"Wasser und Land waren die Lebensgrundlage für diese Menschen, bis die LHDA es ihnen wegnahm und sie mit etwas Geld entschädigte. Jetzt müssen sie ohne die ihnen für ihre Dörfer versprochene Strom- und Wasserversorgung auskommen. Sie dürfen nicht einmal das Wasser aus den nahe gelegenen Stauseen nutzen."


Verlust von Agrarland und Weidefläche

Im gebirgigen Süden Lesothos sind zahlreiche Orte in den Katse- und Mohale-Stauseen am Senqunyane-Fluss versunken. 467 Haushalte wurden in höher gelegene Gebiete umgesiedelt, doch weit mehr Bauern verloren wertvolle Felder und Weiden. Betroffene, die bis zu fünf Kilometer von den Talsperren entfernt gelebt hatten, konnten in neue Häuser mit eigenen Plumpsklos und einer kommunalen Wasserleitung umziehen und sollen 50 Jahre lang eine jährliche Kompensationszahlung von umgerechnet etwa 650 Dollar erhalten.

Doch als Reporter des UN-Nachrichtendienstes IRIN mit Umsiedlern sprachen, bekamen sie vielerlei Klagen zu hören. Die Bauern kritisierten die geringere Größe und Ergiebigkeit des ihnen zugewiesenen Landes. Zudem könne man von 650 Dollar jährlich nicht leben, klagten sie.

Diesen Vorwurf wies Peter Makuta, Leiter der LHDA, zurück. "Wir haben diese Menschen ungewöhnlich großzügig entschädigt", versicherte er gegenüber IRIN. "Doch mit unserem Vorgehen, ihnen ihr Land und ihr Vieh einfach abzukaufen, haben wir sie zu Geldempfängern gemacht und ihnen eine völlig neue Lebenssituation zugemutet, mit der sie nicht zurecht kommen", räumte der Verwaltungsbeamte ein.


Lieber Bauer als Almosenempfänger

Phakiso Hlotsi würde lieber weiterhin seinen Lebensunterhalt als Bauer auf einem ausreichend großen Stück Land bestreiten als von Almosen zu leben. Der 34-Jährige, dessen Dorf Haralifate jetzt am Grund des Mohale-Stausees liegt, sagte: "Früher konnte ich meine Familie mit dem Anbau von Mais, Weizen und Gemüse ernähren, denn mein Land war dreimal so groß wie mein neues Feld, und einen Teil der Ernte konnte ich verkaufen. Doch von 5.000 Maloti (650 Dollar) kann ich mit meiner Frau und fünf zu versorgenden Kindern nicht leben", berichtete Hlotsi. Seit 1996 lebt er im Bergdorf Ha-Tsiu.

Angaben der Talsperrenbehörde über die gesamten Entschädigungsleistungen liegen nicht vor. In ihrem bislang letzten Jahresbericht von 2006 ist die Rede von 859.000 Dollar, die als Entschädigung an 2.237 Haushalte ausbezahlt wurden. Der Verlust von Agrarland wurde mit insgesamt 950.000 Dollar kompensiert.

Die darüber hinaus geleisteten Entschädigungszahlungen an umgesiedelte Dörfer sorgen inzwischen für zusätzliche Probleme und Konflikte. Eigentlich sollten gewählte Gemeindekomitees das Geld in neue Projekte investieren, doch immer häufiger gibt es Klagen über Veruntreuung und Korruption.

Eine 2010 in den 'African Study Monographs' veröffentlichte Untersuchung hat die wegen des Mohale-Damms erforderliche Umsiedlung der Anwohner als "gut gemeint, aber wenig effizient" kritisiert. "Den meisten Betroffenen geht es schlechter als früher", schreiben die Verfasser.

Im Rahmen der jetzt geplanten zweiten Phase des Lesotho Higlands Water Project, die 1,9 Milliarden Dollar kostet und bis 2018 abgeschlossen sein soll, ist die Umsiedlung von 17 Dörfern vorgesehen. Weitere 72 Dörfer werden viel Weideland verlieren, so dass insgesamt rund 4.000 Haushalte sich mit neuen Lebensverhältnissen abfinden müssen.

Die Vorarbeiten für den Bau des 163,5 Meter hohen Polihali-Staudamms haben bereits begonnen. Dazu gehören neue Straßen, 38 Kilometer lange Tunnel für den Wassertransport sowie neue Telekommunikationsnetze.

Wasserexperten und Menschenrechtsaktivisten bezweifeln, ob man aus den Erfahrungen der vorangegangenen Talsperren gelernt hat und stellen die Frage, ob das Projekt Lesothos wirtschaftliche Entwicklung tatsächlich voranbringt. Die zuständige Kommission verspricht den Dörfern der Umgebung tausende neuer Arbeitsplätze. Überdies soll ihnen der Tourismus zusätzliche Einnahmen bringen. (Ende/IPS/mp/2011)


Links
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http://www.internationalrivers.org/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94169

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 17. November 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2011