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WALD/095: Peru - Edelhölzer für die USA, Zwangsarbeit und sexueller Missbrauch in Holzfällercamps (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. April 2012

Peru: Edelhölzer für die USA - Zwangsarbeit und sexueller Missbrauch in Holzfällercamps

von Charundi Panagoda

Die offenen Wunden Amazoniens - Bild: © Rolly Valdivia/IPS

Die offenen Wunden Amazoniens
Bild: © Rolly Valdivia/IPS


Washington, 11. April (IPS) - Seit 2008 haben mehr als 20 US-amerikanische Unternehmen illegal Holz aus dem peruanischen Amazonasgebiet eingeführt. Zu diesem Ergebnis kommt die Umweltorganisation 'Environmental Investigation Agency' (EIA) in einer neuen investigativen Untersuchung.

Peruanische Exporteure und Importeure in den USA und anderen Ländern der Welt sind demnach am weltweiten Handel mit geschützten Hölzern aus dem peruanischen Regenwald beteiligt. Alle involvierten Akteure und Institutionen halten somit "wissentlich oder aus schierer Nachlässigkeit" eine Zerstörungsmaschinerie in Gang, die zudem die von den Wäldern abhängigen Menschen um Einnahmen und Rechte prellt.

Die Untersuchung fand ferner heraus, dass zwischen 2008 und 2011 mindestens 112 Schiffslieferungen mit geschützten Zedern- und Mahagonistämmen an Bord dank gefälschter Papiere in die USA ausgeführt werden konnten. Der EIA-Bericht unterstreicht die Schwierigkeit, die Transportrouten vom Amazonasgebiet in die US-amerikanischen Warenhäuser nachzuzeichnen, da fast der gesamte Holzhandel mit Peru im Verborgenen abgewickelt wird.

Diese Schiffslieferungen hätten mehr als 35 Prozent des gesamten illegalen US-peruanischen Handels mit diesen Edelhölzern ausgemacht, heißt es in dem Report. Zwischen 2008 und 2011 habe sich Perus größter Exporteur 'Maderera Bozovich' 152 Genehmigungen für Holztransporte an seine US-Niederlassung 'Bozovich Timber Products' in Alabama verschafft. EIA zufolge könnte die Fracht zu 45 Prozent aus illegal gefällten Bäumen bestanden haben.


Allgemein bekannter Betrug

In Peru profitiert der illegale Holzeinschlag von einem weit verzweigten Korruptionsnetz. Der Export der Hölzer, die oft aus Schutzgebieten inklusive Nationalparks und indigenen Territorien stammen, wird häufig mit Hilfe von Falschangaben 'legitimiert'. Um an die offiziellen Einschlaggenehmigungen, so genannte GTS, zu kommen, geben Waldbesitzer in ihren jährlichen Holzeinschlagsplänen 'fiktive' Bäume an. Die Genehmigungen werden dann auf dem Schwarzmarkt verkauft, um den illegalen Holzeinschlag zu legalisieren. Die Behörden billigen diese kriminellen Praktiken, die oftmals von 'Holzbaronen' finanziert werden, die dem organisierten Verbrechen nahe stehen.

In den USA verpflichtet das Lacey-Gesetz Holzeinkäufer zu einer gebührenden Sorgfalt, um sicherzustellen, dass keine illegal geschlagenen Hölzer eingeführt werden. Die EIA-Kampagnenleiterin für den Schutz der Wälder, Andrea Johnson, bemängelt jedoch, dass sich US-Importeure peruanischer Hölzer nach wie vor auf die GTS-Genehmigungen beriefen, obwohl sie über das Ausmaß der Korruption bei der Vergabe dieser Lizenzen seit Jahren im Bilde seien.

Bozovich USA wies die EIA-Vorwürfe gegen das Unternehmen zurück. "Die Exporte von Bozovich in die USA erfolgen in Übereinstimmung mit dem Lacey-Gesetz und dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen", erklärte ein Firmensprecher gegenüber IPS.

Da ein Großteil des in dem EIA-Bericht dokumentierten Holzhandels nach Verabschiedung des Lacey-Gesetzes stattfand, beharrt Johnson darauf, dass den Unternehmen die Risiken bekannt gewesen sein müssten, die mit dem Handel peruanischer Hölzer verbunden sind.

"Es wird zunehmend klar, dass die Standardgenehmigungen in Peru unzureichend sind, um die wahre Herkunft der gehandelten Hölzer zu offenbaren. Wir glauben, dass Unternehmen, die 2012 Holz aus Peru einführen, ohne andere Fragen zu stellen als 'Können Sie mir ein mit einem offiziellen Stempel versehenes Dokument vorlegen?', ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen", sagte Johnson. "Das könnte ein Verstoß gegen das Lacey-Gesetz sein."

EIA mit Sitz in Washington und London hatte Holzexporteure und -importeure in Fragebögen nach konkreten Vorkehrungen befragt, die sie unternehmen, um den Handel mit illegalen Hölzern auszuschließen. Kein einziges US-Importunternehmen war dazu bereit, den Fragebogen zu beantworten. Auskunftswillige Firmen beriefen sich lediglich auf die GTS-Zertifikate und die Nachhaltigkeitssiegel des 'Forest Stewardship Council' (FSC).

"Doch Käufer müssen sich im Klaren sein, dass die FSC-Zertifizierung eines Unternehmens keinesfalls bedeutet, dass dieses ausschließlich legal erworbene Hölzer verkauft", warnte Johnson. "Das Siegel besagt lediglich, dass das Unternehmen zwischen FSC-zertifiziertem und anderem Holz zu unterscheiden weiß. Es scheint, als ob einige Firmen die FSC-Zertifizierung nutzen, um den Eindruck zu erwecken, dass sie alle ihre Hölzer aus bekannten Quellen beziehen, auch wenn das nicht stimmt."


Immenser Schaden

Der illegale Holzeinschlag geht mit massiven menschlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Kosten einher. Die Holzfäller selbst arbeiten oftmals unter unerträglichen Bedingungen und werden schamlos ausgebeutet. "EIA hat die Aussagen von Männern und Frauen, die in den Holzfällerlagern Zwangsarbeit und sexuellem Missbrauch ausgesetzt waren, und von schwer verletzten Teenagern, die ohne Lohn und ganz allein zu einer Klinik geschickt wurden, aufgenommen", heißt es in dem Bericht.

"Der illegale Holzeinschlag ist zudem ein Anschlag auf die Artenvielfalt des peruanischen Regenwaldes und trägt zum Klimawandel bei. Er begünstigt einen unfairen Wettbewerb, der zu Arbeitsplatzverlusten und wirtschaftlichen Einbußen im legalen Holzsektor Perus, der USA und anderer Länder führt", erklärte EIA in einer Pressemitteilung.

Im letzten Jahr hatte die peruanische Regierung und die legale Holzindustrie von Loreto, der größten Region des südamerikanischen Landes, die jährlichen Verluste durch den illegalen Holzeinschlag mit mindestens 250 Millionen US-Dollar angegeben. Weltweit belaufen sich die jährlichen Einbußen auf zehn bis 15 Milliarden Dollar. (Ende/IPS/kb/2012)

Links:
http://www.eia-global.org/PDF/PeruReportEnglish2.pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107383

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2012