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WALD/001: Gunns-Konzern am Ende? - Hoffnung für Tasmaniens Wälder (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

Gunns am Ende?
Hoffnung für Tasmaniens Wälder

Von Rudolf Fenner, Hamburg


Über fünf Jahre ist es her, dass der Konzern Gunns, einer der größten im australischen Forstund Holzbusiness, den Bau einer Zellstofffabrik auf Tasmanien ankündigte. Der Bau dieser riesigen Anlage wurde vor drei Jahren genehmigt. Auch die Betriebsgenehmigung durch die australische Regierung liegt längst vor - allerdings mit der Auflage, bei der Schmutzwassereinleitung ins Meer noch nachzubessern. Doch gebaut ist diese Fabrik - vor allem dank weltweiter Proteste und Aktionen von Umweltschützern - noch immer nicht


Das Waldstück am Tamar River im Norden Tasmaniens, wo Gunns seine riesige Zellstoffmühle hinstellen will, ist bereits seit August letzten Jahres gerodet - illegal, wenn man's genau nimmt, denn die Baugenehmigung galt nur für zwei Jahre, und die waren zu diesem Zeitpunkt längst vorbei.

Aber so genau hat es dieser Konzern in den letzten zwanzig Jahren noch nie nehmen müssen. Der Aufstieg zum größten Unternehmen und Abholzmonopolisten im australischen Bundesstaat Tasmanien ist garniert mit zahllosen Geschichten um Seilschaften, politische Einflussnahme und Korruption. Und auch hier im Fall der Bauplatzrodung gab's problemlos ein nachträgliches OK vom tasmanischen Parlament. (Siehe auch: ROBIN WOOD-Magazin 4/2009, Kapitel "Die 'wahren' tasmanischen Teufel" im Beitrag "Der Kampf um Tasmaniens Urwälder".)

Doch das Projekt mit der 1,3 Milliarden Euro teuren Zellstoffmühle scheint nun das Ende dieses rasanten Firmen aufstiegs zu markieren. Potentielle Investoren winken reihenweise ab - zum Teil verschreckt durch die fragwürdige Art und Weise, wie der Konzern auf der wirtschaftspolitischen Bühne agiert, vor allem aber durch die anhaltenden, weltweiten Proteste. Und weil diese Produktionsanlage erhebliche Anteile der eh schon stark reduzierten Primärwälder Tasmaniens zu Papierzellstoff zermalmen würde. Selbst die eigene Hausbank von Gunns, die ANZ, will sich an diesem Vorhaben nicht beteiligen.

Lediglich der schwedische Forst- und Zellstoffkonzern Södra signalisiert noch Interesse an einer Beteiligung. Doch dessen Bedingungen klingen fast schon wie Forderungen von Umweltorganisationen: Kein Holz aus Urwäldern! Nur Plantagenholz, aber auch nur, wenn es das FSC-Zertifikat trägt! Und: total chlorfreie Bleiche des Zellstoffs! Die Kooperation mit den Schweden wird so schnell nichts werden können. Denn nichts von den Forderungen Södras ist bislang in den Gunns'schen Planungen vorgesehen.

Erstens: Gebleicht werden soll mit Chlordioxid, und zwar mit unvorstellbar hohen Grenzwertfestlegungen für Dioxin-Emissionen. Zweitens: Die Wälder und Plantagen, in denen Gunns als Eigner bzw. als Lizenznehmer holzt, tragen lediglich das Siegel des PEFC, also jenes nichtssagende Zertifikat der Forstindustrie, das jede Form einer halbwegs legal agierenden Forstwirtschaft - und sei sie noch so destruktiv und unsozial - lauthals gleich für ökologisch erklärt. Ein FSC-Siegel - da müsste noch viel passieren in der derzeitigen Forstpraxis mit ihren Kahlschlägen in Urwäldern, den Brandräumungen auf den Schlagflächen und der anschließenden Aufforstung zu plantagenartigen Holzäckern. Und drittens: Die Abholzung von Urwäldern ist noch über Jahrzehnte hin Programm. Denn Gunns hat sich, um die Rohstoffversorgung seiner Zellstofffabrik sicherzustellen, vom Staatsunternehmen Forestry Tasmania den Einschlag von bis zu eine Million Tonnen Urwaldholz jährlich vertraglich zusichern lassen - und das für die nächsten zwei Jahrzehnte.

Auch aus Japan, das achtzig Prozent des tasmanischen Holzeinschlags nutzt und zu Papier verarbeitet, bekommt Gunns immer mehr Druck. Die zunehmend umweltbewusstere japanische Bevölkerung will Papier mit dem Siegel des von zahlreichen Umweltorganisationen akzeptierten FSC. Die japanischen Papierproduzenten schauen sich daher längst nach anderen Rohstofflieferanten um. Und Gunns musste genau aus diesem Grund bereits alle vier für den Export produzierenden Hackschnitzelwerke für mehrere Wochen dicht machen.

Gunns wird zunehmend nervös: Im November kündigte das Unternehmen an, seine Holzquellen nun doch auch FSC zertifizieren lassen zu wollen. Im Januar dann folgte die Meldung, der Konzern würde sich umstrukturieren und so sicherstellen, dass die künftige Zellstoffmühle ausschließlich mit Plantagenholz gefüttert werden kann. Ende April wurde dann der für die Zellstoffproduktion vorgesehene Konzernteil als angeblich neues Unternehmen mit dem Namen Southern Star Corporation gegründet - mit einem Gunns'schen Mehrheitsanteil und unter Leitung von Teilen der alten Gunns'schen Führungsriege. Gunns hat aber - bei aller Umstrukturiererei - seinen langfristigen Vertrag über den Bezug von Urwaldholz mit Forestry Tasmania nicht gekündigt. Der Konzern bleibt also Urwaldzerstörer Nr.1 auf Tasmanien. Und das mit der Ankündigung einer FSC-Zertifizierung, das wird solange substanzloses Gerede bleiben, solange Gunns glaubt, dass er an seinem bisherigen Umgang mit den Wäldern nicht wirklich etwas ändern muss.

Ist Gunns noch zu retten? Bereits in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres ging der Konzerngewinn gegen Null. Die Aktien verloren die Hälfte an Wert. Inzwischen verlieren auch die Aktionäre zunehmend das Vertrauen in den Konzernvorstand und fordern ein komplett neues Management. Und die Hausbank ANZ hat - hartnäckigen Gerüchten zufolge - längst die Kontrolle über alle finanziellen Transaktionen von Gunns übernommen. Gunns also ganz am Ende? Vielleicht. Wären die einzigartigen Wälder Tasmaniens damit gerettet? Nein, gerettet sind die Waldgebiete auf dieser australischen Insel erst, wenn sie unter Schutz gestellt sind. Und dazu ist der Eigentümer, der Bundessaat Tasmanien bzw. die Regierung dieses Bundesstaates, bislang nicht bereit. Aber auch hier tut sich etwas. Am 20. März wurde auf Tasmanien gewählt. Die regierende Labor Party, die das Projekt mit der Gunns'schen Zellstoffmühle mit zu verantworten hat, verlor deutlich. Die oppositionellen konservativen Liberalen, ebenfalls eher pro-Gunns gestimmt, konnten nichts hinzugewinnen. Einzige Gewinner dieser Wahl - wenn auch nicht Sieger - sind die im Waldschutz sehr engagierten Grünen, die nun künftig im Labor-Minderheitskabinett mitregieren werden.

Einer der führenden Akteure im Kampf für den Schutz der tasmanischen Urwälder - die Wilderness Society - ist zuversichtlich, dass das Gunns'sche Projekt mit der Zellstoffmühle noch dieses Jahr endgültig zu Grabe getragen wird.

Rudolf Fenner, Hamburg, wald@robinwood.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• 18.02.10, Kängurus im Schnee: ROBIN WOOD übergibt dem australischen Botschafter Peter Tesch in Berlin Protestbriefe mit 6.425 Unterschriften. Kevin Rudd, der australische Premierminister, wird mit dieser Protestaktion aufgefordert, die einzigartigen Wälder Tasmaniens zu schützen und sie nicht Gunns und anderen Holzkonzerne zu opfern. Bislang hat der australische Regierungschef nicht reagiert. ROBIN WOOD hat daher die nach der Aktion noch eingegangenen Protestschreiben - insgesamt sind es inzwischen 6.745 - per Post an Rudd weitergeleitet und eine Antwort angemahnt

• Es brennt! Jetzt - im australischen Herbst - bis in den Mai hinein lodern wieder überall in Tasmanien die Brände, um die Kahlschlagflächen von den großen Mengen an ungenutztem Holz zu befreien


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 105/2.2010, S. 40-41
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2010