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USA/011: Forscher warnen vor wachsender Hurrikan-Gefahr an der Nordostküste der USA (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 24.11.2016

Forscher warnen vor wachsender Hurrikan-Gefahr an der Nordostküste der USA


Die bevölkerungsreiche Nordostküste der USA wird in Zukunft wohl immer häufiger von zunehmend stärkeren Hurrikanen heimgesucht werden - eine Folge der Industrialisierung. So lautet das Fazit einer Studie, die Wissenschaftler der Durham University in Großbritannien leiteten und an der Dr. Sebastian Breitenbach von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beteiligt war.


Sebastian Breitenbach sitzt am Tisch in einem Büro mit einem Stalagmiten in der Hand - Foto: © RUB, Marquard

Stalagmiten verraten Sebastian Breitenbach und seinen Kollegen etwas über die Klimavariationen der vergangenen Jahrhunderte.
Foto: © RUB, Marquard

Seit einigen Jahrhunderten wandert die Hurrikan-Sturmbahn allmählich in nördliche Richtung, aus der westlichen Karibik in den Nordosten Nordamerikas. Das berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Scientific Reports". Sie vermuten folgende Ursache für die veränderten Bahnen: Die atmosphärischen Zirkulationszonen dehnen sich aus, weil der CO2-Ausstoß zugenommen hat und gleichzeitig die Emission kühlender Aerosole abgenommen hat. New York und andere Großstädte entlang der Nordostküste der USA würden somit immer häufiger von extremen Stürmen heimgesucht werden. "Sie sollten auf mögliche Folgen besser vorbereitet sein", empfehlen die Wissenschaftler.

Niederschlagsmengen rekonstruiert

Das Forscherteam rekonstruierte die Niederschlagsmenge, die Hurrikane in der westlichen Karibik in den vergangenen 450 Jahren mit sich brachten, und dokumentierte, wie diese im Lauf der Zeit variierte. Dazu analysierten sie die chemische Zusammensetzung von Stalagmiten aus der Höhle Yok Balum im südlichen Belize in Zentralamerika.

Das Forscherteam fand heraus, dass die durchschnittliche Anzahl der Hurrikane in Belize im Laufe der Zeit zurückgegangen ist - allerdings nicht, weil ihre Zahl im Nordatlantik insgesamt abnimmt, sondern aufgrund der verschobenen Sturmbahnen. Zusammen mit Daten von anderen Standorten, wie Bermuda und Florida, wiesen die Forscher nach, dass sich immer stärkere Hurrikane zunehmend in Richtung Norden bewegen.

Industrialisierung als Ursache

Hurrikan-Bahnen verändern sich seit Jahrhunderten durch natürliche Temperaturschwankungen. Allerdings trifft ein auffälliger Rückgang der Zahl von Hurrikanen in der westlichen Karibik mit dem Höhepunkt der Industrialisierung im späten 19. Jahrhundert zusammen. Die Ergebnisse der neuen Studie weisen darauf hin, dass die von Menschen verursachten Emissionen seit dem späten 19. Jahrhundert die Hauptursache dafür sind, dass sich die Hurrikan-Bahnen verschieben.

Falls sich der Ausstoß von CO2 und Aerosol in der Industrie wie prognostiziert entwickelt, ist es wahrscheinlich, dass sich Hurrikane immer weiter nach Nordosten verlagern. Damit erhöht sich das Sturmrisiko für die Nordostküste der USA drastisch, warnen die Forscher. Eine Verschiebung der Hurrikan-Sturmbahnen nach Nordosten bedeute zudem nicht zwangsläufig, dass die Gefahr von tropischen Wirbelstürmen in der Karibik sinke.

Stärkere Stürme in der Karibik

Die steigenden Temperaturen der Meeresoberfläche könnten die Bildung von Wirbelstürmen in der westlichen Karibik begünstigen. So vermuten die Autoren der Studie, dass die Aktivität tropischer Wirbelstürme in der gesamten westlichen Karibik im 21. Jahrhundert konstant bleiben wird. Die hohen Meerestemperaturen liefern allerdings zusätzliche Energie, die extremere Wirbelstürme speisen könnte.

Sebastian Breitenbach vom RUB-Lehrstuhl für Sediment- und Isotopengeologie ist seit fast zehn Jahren an Klimastudien in Belize beteiligt. Er arbeitet in einem großen interdisziplinären Team. "Anders ist es nicht möglich, die komplexen Zusammenhänge zu lösen", sagt er. "Die Arbeit mit so unterschiedlichen Forschern - Klimaforschern, Modellierern, Archäologen, Ethnologen und Geochemikern - macht enorm viel Spaß." Einerseits sei es hochspannend, den Einfluss des Klimas auf den Menschen zu entschlüsseln. Andererseits werde der Einfluss des Menschen auf das Klima zunehmend sichtbar. "Unsere Forschung liefert grundlegende Erkenntnisse, die die Relevanz dieser Interaktion zwischen Mensch und Natur aufzeigen", so Breitenbach. Noch vor vier bis sechs Jahren sei es nicht möglich gewesen, mit so hoher raumzeitlicher Auflösung wie heute die Zugbahnen vergangener Hurrikane zu bestimmen.

Förderung

Finanzielle Förderung für das Forschungsprojekt kam vom Europäischen Forschungsrat, der National Science Foundation, der Alphawood Foundation, dem Schweizer National Fund Sinergia und dem Inter-American Institute for Global Change Research.

Originalveröffentlichung
Lisa M. Baldini et al.: Persistent northward North Atlantic tropical cyclone track migration over the past five centuries, in: Scientific Reports, 2016, DOI: 10.1038/srep37522


Angeklickt
Was Stalagmiten über das Klima vergangener Jahrhunderte verraten (frühere Presseinformation zum indischen Monsun):
http://news.rub.de/presseinformationen/wissenschaft/2016-04-13-umstrittene-theorie-widerlegt-dynamik-des-indischen-monsuns-weiter-entschluesselt

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news663967

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution2

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Julia Weiler, 24.11.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. November 2016

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