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URBAN/018: Nachhaltige Mobilitätspläne für indische Städte (DGVN)


DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
Energiefragen & Treibhausgase - 09.01.2014

Breitere Fußwege und mehr Fahrradwege für indische Städte
UN-Umweltprogramm und lokale Partner entwickeln nachhaltige Mobilitätspläne

von Frank Kürschner-Pelkmann [1]



Die klimaschädlichen CO2-Emissionen pro Kopf der indischen Bevölkerung haben sich von 2000 bis 2010 um ein Drittel erhöht. Dazu hat der Verkehrssektor ganz wesentlich beigetragen. Wenn keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden, muss mit einem Anstieg der durch den Verkehr verursachten klimaschädlichen Emissionen auf das Neunfache von 2000 bis 2050 gerechnet werden. Immer mehr Pkws stauen sich in den engen Straßen der Städte, und die Motorisierung nimmt mit dem steigenden Wohlstand der indischen Mittelschicht rasch zu. Deshalb hat sich das indische Ministerium für urbane Entwicklung [2] zum Ziel gesetzt, nachhaltige Formen städtischer Mobilität zu fördern. Das Programm "The Future of Low Carbon Transport in India" (CO2-armer Transport in Indien)[3] wird vom UN-Umweltprogramm UNEP [4] unterstützt.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Verkehrssektor war Ende 2013 die Veröffentlichung des Berichts "Toolkits for Urban Transport Development - Comprehensive Mobility Plans" (Werkzeuge für die Entwicklung des städtischen Transportbereichs - umfassende Mobilitätspläne)[5]. Der Bericht wendet sich an Fachleute in Bereichen wie Stadt- und Verkehrsplanung, soll aber zahlreiche praktische Auswirkungen auf das gesamte urbane Leben haben.

Erfahrungen in drei Städten

Der Bericht konnte auf den Erfahrungen in drei indischen Städten aufbauen, die bereits mit Unterstützung von UNEP und lokaler Fachleute exemplarisch eigene klimafreundliche Mobilitätsstrategien entwickeln.

In Visakhapatnam [6] an der Südostküste des Subkontinents wurde diagnostiziert, dass die 686 Slumgebiete im Stadtgebiet bei der bisherigen Verkehrsplanung kaum berücksichtigt wurden, obwohl hier 44 Prozent aller Haushalte angesiedelt sind. In Zukunft soll der Bedarf dieser Bevölkerung sehr viel stärker in eine nachhaltige Verkehrsplanung einbezogen werden.

In der Industriestadt Rajkot [7] im Westen Indiens wurden gravierende Defizite beim öffentlichen Bussystem vor allem in den rasch wachsenden Vorstädten festgestellt, die in den nächsten Jahren überwunden werden sollen. Damit die Busse nicht schon im Innenstadtverkehr stecken bleiben, ist mit der Einrichtung von Busspuren begonnen worden.

Im Tourismuszentrum Udaipur (der "Stadt der Seen")[8] in Rajasthan werden bisher nur drei Prozent aller Wege mit Bussen zurückgelegt, und nur an vier Prozent aller Straßen gibt es Fußwege. Die Stadt hat also noch einen langen Weg zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Mobilität zurückzulegen. Aber die Stadtverwaltung hat sich angesichts solcher Fakten zu einer grundlegenden Neuausrichtung der Verkehrsplanung entschlossen.

Zahlreiche aufeinander abgestimmte Maßnahmen erlauben eine nachhaltige Mobilität

In dem Bericht werden die Instrumente dargestellt, mit denen als erster Schritt die gegenwärtigen Mobilitätsprobleme in den einzelnen indischen Städten untersucht werden können. Im zweiten Schritt sollen dann Mobilitätspläne erarbeitet werden. Zu den wichtigsten Zielen wird es gehören, die Mobilitätsmöglichkeiten aller Bevölkerungsgruppen zu steigern, die CO2-Emissionen zu reduzieren, die Luftqualität zu verbessern und die Verkehrssicherheit vor allem für Fußgänger und Fahrradfahrer zu erhöhen.

Um das Wachstum des individuellen Autoverkehrs zu begrenzen, sollen das Fußweg- und Fahrradnetz ausgebaut und die öffentlichen Nahverkehrssysteme erweitert und attraktiver gemacht werden. Es wurde zum Beispiel bei einer Untersuchung in der Stadt Rajkot festgestellt, dass es zwar an vielen Innenstadtstraßen Fußwege gibt, diese aber mit einer Breite von weniger als 1,5 Metern dem heutigen Fußgängeraufkommen bei Weitem nicht gerecht werden. Getrennte Fahrradwege fehlen an den meisten Straßen, und das Fahren auf den überfüllten Autostraßen ist sehr gefährlich. Fahrradwege sollen nun für eine Verdoppelung des Fahrradverkehrs in der Stadt sorgen.

In vielen kleineren Städten fehlt ein öffentliches Bussystem, in größeren Städten benötigen die Busse viel Zeit, um sich durch die chronischen Verkehrsstaus einen Weg zu bahnen. Die Stadtverwaltungen und Verkehrsplaner erhalten mit dem Bericht eine konzeptionelle und methodische Grundlage dafür, Mobilitätspläne für die Bedingungen und Bedürfnisse der jeweiligen Stadt zu erarbeiten und umzusetzen. Die zu planenden Veränderungen reichen von der Tarifstruktur für den öffentlichen Nahverkehr bis zur Schaffung von Parkbuchten für Linienbusse.

Dazu gehört zum Beispiel auch, städtische Flächen für Gewerbebetriebe nicht weit entfernt von den Wohngebieten zu planen. Bisher zeichnet sich Indien gegenüber anderen Schwellenländern dadurch aus, dass städtische Arbeits- und Wohnstätten häufig dicht beieinander liegen und lange Fahrten so entfallen. Diesen Vorteil gilt es zu bewahren. Klimaschädliche Emissionen müssen begrenzt werden

Mit einem Bündel von Maßnahmen sollen die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrssektors bis 2050 um etwa 30 Prozent gegenüber den Prognosen für eine nichtnachhaltige Entwicklung dieses Bereichs gesenkt werden. Gleichzeitig soll der Mobilitätsbedarf der armen Bevölkerung und von Frauen stärker in Planung und Verkehrsvorhaben einfließen. So kann der Verkehrsplanung von Indiens rasch wachsenden Städten eine nachhaltige und alle einbeziehende Richtung gegeben werden. Das Programm von UNEP und indischen Partnern wird im Rahmen der Internationale Klimaschutzinitiative [9] des Bundesumweltministeriums gefördert.


Links:
[1] http://klimawandel-bekaempfen.dgvn.de/leitbild-impressum/
[2] http://moud.gov.in/
[3] http://www.unep.org/Transport/lowcarbon/index.asp
[4] http://www.unep.org/
[5] http://unep.org/pdf/CMP%20Report.pdf
[6] http://www.unep.org/transport/lowcarbon/cities.asp
[7] http://www.unep.org/Transport/lowcarbon/Pdf's/Rajkot_lct_mobility.pdf
[8] http://www.unep.org/Transport/lowcarbon/Pdf's/udaipur_lct_mobility.pdf
[9] http://www.international-climate-initiative.com/de/

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Quelle:
DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
http://www.klimawandel-bekaempfen.de
Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Zimmerstraße 26 / 27, 10969 Berlin
Telefon: (030) 25 93 75 - 0, Telefax: (030) 25 93 75 - 29
E-Mail: info@dgvn.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2014