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PROTEST/145: Mexiko - Deponiebrand in Industrieregion gefährdet indigene Gemeinden (Philipp Gerber)


Mexiko: Deponiebrand in Industrieregion gefährdet indigene Gemeinden

Von Philipp Gerber, 17. Mai 2022


Tehuacán. Der anhaltende Großbrand der Mülldeponie bei Tehuacán bedroht die Bevölkerung und das Biosphärenreservat Tehuacán-Cuicatlán im Südosten Mexikos. Davor warnten lokale Aktivist:innen auf einer Pressekonferenz in Puebla, der Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates.

Das Feuer auf der offenen Mülldeponie in Santa Maria Coapan außerhalb der Industriestadt Tehuacán brach am 6. Mai aus. Die lokalen Behörden gaben bekannt, dass sie diesen Brand mitten in der Hitzesaison bisher zwar eingrenzen konnten, doch die Feuerwehr rechnet damit, dass das Feuer auf dem Abfallberg bis Ende des Monats weiter schwelt.

Über mögliche gesundheitsschädliche Auswirkungen der giftigen Wolke über dem Tal von Tehuacán ist nichts bekannt. Die Stadtbehörden entgegnete auf die Forderung nach einer Gesundheitswarnung an die Bevölkerung, dass sie über keine Instrumente zur Messung der Luftverschmutzung verfügen. Die Bevölkerung solle einen Mundschutz tragen und Aktivitäten im Freien vermeiden.

Das lokale indigene Komitee der Gemeindeländereien von Santa Maria Coapan verurteilte die Untätigkeit der Behörden von Tehuacán, die von der sozialdemokratischen Morena-Partei gestellt werden, als vorsätzliche Umweltverschmutzung. Das Komitee fordert, dass die im 2021 gerichtlich verordnete Schließung des Müllbergs endlich umgesetzt und das zu diesem Zweck enteignete Territorium der Nahua-Gemeinde zurückgeben wird.

Zudem wiesen die Gemeindemitglieder darauf hin, dass die giftigen chemischen Abfälle aus der Textilindustrie von Unternehmen wie der spanischen Gruppe Navarra seit bald 30 Jahren auf dieser Deponie landeten und die Umwelt vergiften. Die Gruppe produziert in Tehuacán Jeans für globale Marken wie Levis, Gap und Calvin Klein.

Unterstützt wird der indigene Widerstand gegen die Mülldeponie von Menschenrechtsorganisationen wie dem Nationalen Zentrum zur Unterstützung indigener Missionen (Cenami). Lizy Peralta Mercado von Cenami erinnerte auf einer Pressekonferenz daran, dass der Müllberg seit Jahrzehnten ohne offizielle Genehmigungen in Betrieb ist. Zudem blieben auch die zuständigen Bundesbehörden zum Schutz der Umwelt absolut untätig.

Der Konflikt um die Mülldeponie in Tehuacán ist eine der zahlreichen sozialen Brennpunkte im teilweise stark industrialisierten Bundesstaat Puebla, wo auch die Autoindustrie mit Werken von Volkswagen und Audi präsent ist. Neben der Umweltverschmutzung ist die immer größere Wasserknappheit ein zentrales Thema, wobei die Privatisierung und Plünderung der Wasserressourcen durch Industrieunternehmen auf Widerstand der sozialen Bewegungen stößt (amerika21 berichtete [1]).


Anmerkung:
[1] https://amerika21.de/2022/04/257475/karawane-wasser-leben-bedroht

Quellen:
https://www.lajornadadeoriente.com.mx/puebla/relleno-sin-permisos-toxico/
https://www.lajornadadeoriente.com.mx/puebla/controlado-parcialmente-el-incendio-en-el-relleno-sanitario-de-tehuacan/


Erstveröffentlicht auf amerika21:
https://amerika21.de/2022/05/258072/mexiko-deponiebrand-gefaehrdet-gesundheit

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Quelle:
© 2022 by Philipp Gerber
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 21. Mai 2022

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