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ÖKOSYSTEME/020: Mexiko - Oasen in Gefahr, Experten fordern Schutzmaßnahmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. April 2012

Mexiko: Oasen in Gefahr - Experten fordern Schutzmaßnahmen

von Emilio Godoy



Mexiko-Stadt, 26. April (IPS) - In Mexiko gibt es rund 200 Oasen. Doch fast alle befinden sich in einem beklagenswerten Zustand. Experten drängen die Behörden deshalb dazu, die besonderen Ökosysteme zu erfassen und zu schützen.

Die meisten dieser Vegetationsflecken in Trockengebieten konzentrieren sich auf die nordwestlichen Bundesstaaten Baja California Sur und Sonora. "Dort ist keine Oase wie die andere. Sie alle haben unterschiedliche Probleme, die mit der größten Sorgfalt behandelt werden müssen", meint dazu Micheline Cariño von der staatlichen Autonomen Universität von Baja California Sur (UABCS).

Oasen sind komplexe und artenreiche Ökosysteme, die auch für landwirtschaftliche Zwecke geeignet sind: für den Anbau von Gemüse und der Zucht von Ziegen und Rindern. Die meist keine zwei Quadratkilometer großen Areale spielen zudem als Klimasenken und als Zwischenstationen für Zugvögel eine wichtige Rolle. In einem 2003 in den Annalen des Biologischen Instituts der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) erschienenen Bericht wird die Bedeutung der Oasen für 60 Vogelarten thematisiert, die in den Oasen endemisch sind oder dort zwischenlanden.


Ein Erbe von Missionaren und Ranchern

Oasen und die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die sie den Bewohnern von Trockengebieten einräumen, werden historisch mit der arabischen und der Amazigh-Kultur (Berber) in Verbindung gebracht. In Mexiko sind sie eine Hinterlassenschaft jesuitischer Missionare und Landbesitzer, die das Wissen um die Oasen seit dem 17. Jahrhundert aus Spanien mitbrachten.

Cariño hat 2006 zusammen mit Wissenschaftlern der UABC, dem Zentrum für biologische Forschung des Nordwestens, der US-Universität von San Diego und den spanischen Universitäten in Miguel Hernández de Elche und Granada das Interdisziplinarische Netz zur integralen und nachhaltigen Entwicklung der Oasen Südkaliforniens (RIDISOS) gegründet. Ziel des Zusammenschlusses ist es, die besonderen ökologischen, kulturellen und sozialen Merkmale der Ökosysteme zu erforschen.

Der Bundesstaat Baja California Sur hat seit letztem Jahr etwa 45 Millionen US-Dollar zum Schutz der Habitate bereitgestellt. Doch wie Gerardo Rodríguez vom Institut für Ökologie der UNAM kritisiert, sind die Oasen kaum identifiziert. Dabei sind sie als Wasserlieferanten von unschätzbarem Wert.

Wenn es regnet, werden die tieferliegenden Gebiete überschwemmt. Sobald sich das Wasser zurückzieht, entstehen Oasen mit Pflanzengesellschaften, die einen Teil des Wassers halten. Hier finden sich dann Fische, Krustentiere und Wirbellose ein. "Die Oasen sind am Ende die einzigen Orte, in denen bestimmte Arten bis zu nächsten Regenzeit überleben", erklärt Rodríguez, der sich auf die Tiefland-Ökosysteme der Halbinsel Yucatán im Südosten Mexikos spezialisiert hat.

Die Oasen haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Während die Anwohner in Ermangelung wirtschaftlicher Möglichkeiten wegziehen, kommen Investoren der Tourismusbranche und Immobilienunternehmen. Die Süßwasserreserven werden übernutzt, die Bäume gefällt und Fisch- und Pflanzenarten eingeführt, die die endemischen Arten in ihrer Existenz bedrohen.


Wasser übernutzt

Die größte Bedrohung ist nach Ansicht von Rodríguez der planlose Umgang mit Wasser. "Es gibt einen unerhörten Verbrauch, doch fehlt es an Maßnahmen zur Regenerierung und Säuberung."

RIDISOS untersucht derzeit die Oasen von Comondú in Baja California Sur. Die Region wurde als eines von 55 Arealen von der Ramsar-Konvention zum Schutz der Feuchtgebiete anerkannt. Sie beheimatet sieben Vogel- und 18 Reptilienarten.

Cariño zufolge haben es die Behörden versäumt, sich intensiv und nachhaltig mit den Gefahren auseinander zu setzen, mit denen sich die Oasen konfrontiert sehen. "Man hat sich keine Zeit gelassen, um die Probleme jeder einzelnen Oase zu beleuchten und nachhaltige Lösungsstrategien zu entwickeln. Den Experten zufolge müssten die Oasen zunächst typisiert und dann inventarisiert werden. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. April 2012