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ÖKOSYSTEME/015: Indien - Mimosenplage im Kaziranga-Park vernichtet Futterpflanzen für Nashörner (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Februar 2012

Indien: Mimosenplage im Kaziranga-Park vernichtet Futterpflanzen für Nashörner

von Ranjita Biswas

Grasendes Nashorn - Bild: © Ranjita Biswas/IPS

Grasendes Nashorn
Bild: © Ranjita Biswas/IPS
Kaziranga, Indien, 21. Februar (IPS) - Im Kaziranga-Nationalpark im ostindischen Bundesstaat Assam sind Wildhüter angehalten, auf Wilderer zu schießen. Die Anordnung hat dazu beigetragen, dass Rhinozerosse hier, in einem ihrer letzten Rückzugsgebiete, weitgehend unbehelligt leben können. Gegen einen Feind jedoch ist bisher noch kein Kraut gewachsen: eine Mimosenart, die ihre Futterpflanzen vernichtet.

Die 'Mimosa diplotricha' wurde eigentlich als Stickstoffbinder in den Teegärten im Umkreis des Naturschutzgebietes angepflanzt. Inzwischen hat sie sich überall in dem 430 Quadratkilometer großen Nationalpark verbreitet. Sie verdrängt die hohen Gräser, von denen sich die einhörnigen asiatischen Nashörner und andere wildlebende Pflanzenfresser ernähren.

"Wenn das Problem nicht gelöst wird, zerstört es die Grasflächen und somit auch den Kaziranga-Nationalpark", warnte der Wildhüter Chinmoy Dhar. "Wie sollen diese Tiere ohne Gras überleben?"

Die Mimose schädigt die in dem Park heimische Flora dadurch, dass sie ihr Wasser und Mineralstoffe entzieht. Dabei ist der Kaziranga-Nationalpark mit seinen Feuchtgebieten und immergrünen tropischen Wäldern bislang so artenreich, dass er von der Weltkulturorganisation UNESCO 1985 in die Liste des Weltnaturerbes aufgenommen wurde.

Zu den zahlreichen Tierarten im Kaziranga Park gehören außer Nashörnern Elefanten, indische Bisons, Zackenhirsche, Schweinshirsche, Lippenbären, Leopardenkatzen, Rohrkatzen, Wildschweine, Pythons, Warane und mehr als 500 Vogelarten.


Weltweit höchste Dichte von Tigern

Aufgrund der hohen Zahl von Beutetieren weist der Nationalpark zudem die weltweit höchste Dichte von Tigern auf: 32 Spezies des bengalischen Tigers auf 100 Quadratkilometern, wie eine 2010 von der Forstbehörde in Assam durchgeführte Studie belegt.

Der bekannteste Bewohner des geschützten Gebietes ist jedoch das Nashorn. Etwa ein Drittel der schätzungsweise rund 3.000 Exemplare Asiens ist hier zu finden. Die übrigen Tiere kommen in Nepal vor, und nur wenige Nashornpaare überleben im Lal-Sunehra-Park in Pakistan.

Der Kaziranga-Nationalpark sorgte lange dadurch für negative Schlagzeilen, dass dort Nashörner gnadenlos wegen ihrer Hörner gejagt wurden. In der chinesischen Medizin wird ihnen eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben.

Eine strengere Überwachung und schärfere Gesetze haben allerdings dazu beigetragen, dass in den vergangenen zehn Jahren weniger Tiere durch Wilddiebe erlegt wurden. Waren es 1992 noch 48 gewesen, konnte die Zahl 2009 auf 14 und im folgenden Jahr auf zehn gesenkt werden.

Die mit einem Schießbefehl ausgestatteten Wildhüter töteten 2010 neun Wilderer und 2011 weitere drei. Die Nachfrage nach den Hörnern ist in China aber so hoch, dass trotz der drakonischen Strafen immer noch Jagd auf die Tiere gemacht wird. Im Januar dieses Jahres wurde im westlichen Teil des Nationalparks ein Rhinozeros erschossen. Die Wilddiebe konnten die Hörner allerdings nicht erbeuten.

"Wir wissen von Wilderern aus benachbarten Bundesstaaten wie Nagaland und Manipur, die mit einheimischen Komplizen zusammenarbeiten", sagte der Direktor des Kaziranga-Parks, Surajit Dutta. "Sie verfügen über hoch entwickelte Waffen, die uns leider fehlen." Er räumte ein, dass in manchen abgelegenen Teilen des Naturschutzgebietes nur jeweils drei bis vier Wildhüter im Einsatz seien. "Wir brauchen aber Gruppen von mindestens sechs bis sieben Personen, um diesen Kriminellen die Stirn bieten zu können."


Durch Gewohnheiten leichte Beute für Wilddiebe

Nach Ansicht des Wildhüters Kanak Chandra Nath tragen die Nashörner außerdem durch ihre Reinlichkeit zu ihrem eigenen Untergang bei. "Sie suchen sich bestimmte Orte für ihre Notdurft aus und werden dadurch zu einer leichten Beute für Wilderer", erläuterte er.

Trotz der andauernden Umtriebe von Wilddieben gilt der Kaziranga-Nationalpark als erfolgreiches Beispiel für Naturschutz in Indien. Dieser gute Ruf könnte nun durch die Mimose gefährdet werden. Mit wissenschaftlicher Unterstützung des Regenwaldforschungsinstituts (RFRI) in der Stadt Jorhat werden verschiedene Methoden zur Unkrautvernichtung erprobt.

Wie RFRI-Direktor N. K. Vasu berichtete, müssen die Mimosen manuell ausgerupft werden. Alle anderen Methoden kämen aus Umweltschutzgründen nicht in Frage. Seiner Meinung nach lässt sich die Verbreitung des Wuchergewächses stoppen, wenn es zwei Mal pro Jahr über einen Zeitraum von zwei bis aufeinanderfolgenden Jahren gejätet wird. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://whc.unesco.org/en/list/337
http://www.kaziranga-national-park.com/
http://rfri.icfre.gov.in/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106803

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. Februar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2012