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LANDWIRTSCHAFT/117: Zellstoffproduktion statt Nahrungssicherheit - Eukalyptusplantagen in Mosambik (ARA Magazin)


ARA Magazin 22, 2016/17 - Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.

Zellstoffproduktion statt Nahrungssicherheit
Eukalyptusplantagen in Mosambik


Die weltweite Nachfrage nach schnellwachsendem Holz für Papier, andere Zelluloseprodukte und in zunehmendem Maß auch zur Energiegewinnung nimmt ständig zu. Damit steigen die Flächen der Forst-Monokulturen rasant an. So auch in Mosambik - einem der ärmsten Länder der Erde. Clemente Ntauazi von der mosambikanischen Organisation ADECRU berichtete über die Auswirkungen auf einer Tagung in den Niederlanden, zu der ARA und das Environmental Paper Network eingeladen hatten.


Nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO haben Holzplantagen im globalen Süden zwischen 1990 und 2012 von 95 Mio. ha auf 153 Mio. ha zugenommen, eine Steigerung von mehr als 50 Prozent. Dieser Trend hat vor ungefähr 10 Jahren auch Mosambik erreicht. Da die Regierung besonders auf Großinvestoren für die Land- und Forstwirtschaft setzt und Zentral- und Nordmosambik bei ausländischen InvestorInnen als besonders geeignet für Forstplantagen anpreist, werden in den nächsten Jahren noch Millionen Hektar dazu kommen.

Investor aus Europa: Zellstoffgigant Portucel

Zu den wichtigsten Investoren gehört das portugiesische Unternehmen Portucel, mittlerweile umbenannt in "The Navigator Company", einer der größten Papier- und Zellstoffproduzenten in Europa. Bei einem Staatsbesuch im Juli 2015 hat der mosambikanische Präsident Filipe Nyusi das Werk von Portucel im Süden Portugals besucht und für den Bau einer Zellstofffabrik in Mosambik geworben.

Portucel Mozambique, die 100%ige Tochtergesellschaft von Portucel, pflanzt bereits in großem Umfang Eukalyptus auf 365.000 ha in den Provinzen Manica und Zambezia an. Damit soll die im Distrikt Mocuba, Zambezia, geplante Papierfabrik beliefert werden, die bis 2023 betriebsbereit sein soll. Mit einer geplanten Produktionskapazität von 1,5 Mio. Tonnen Zellulose pro Jahr wird Portucel damit seine derzeitige Jahresproduktion von 1,4 Mio. t verdoppeln.

Nach Firmenangaben handelt es sich in Mosambik um ein integriertes Forstprojekt mit Forstplantagen, Zellulose- und Papierproduktion sowie Biomasse-Kraftwerken mit einer Kapazität von je 50 Megawatt. Das geplante Investitionsvolumen liegt bei 2,1 Mrd. Euro und es sollen bis zu 7.000 ArbeiterInnen beschäftigt werden. Der künftig produzierte Zellstoff ist allerdings in erster Linie für den Export bestimmt.

Im September 2015 wurde von Portucel Moçambique die größte Baumschule Afrikas in Betrieb genommen, deren vorläufigen Kapazität bei 12 Mio. Setzlingen pro Jahr liegt. Die Kapazität könnte bis 2016 auf das Doppelte gesteigert werden. Dies zeigt den enormen Expansionsbedarf der Plantagen, für die zum großen Teil traditionell genutztes Farmland, aber auch noch bestehende Naturwälder vernichtet werden.

Die zur Weltbankgruppe gehörende International Finance Corporation (IFC) ist seit Dezember 2014 mit einem Anteil von 20 Prozent an Portucel Moçambique beteiligt und wird die Projektkomponente "Gemeindeentwicklung" mit 40 Mio. USD und einem internationalen Expertenteam unterstützen. Laut IFC sind die zukünftigen Produkte (Zellulose und Biomasse) ausschließlich für den Export bestimmt und sollen bis 2023 ein Verkaufsvolumen von jährlich 1 Mrd. US-Dollar erreichen.

Falsche Versprechungen

Obwohl bisher nur ein geringer Teil der geplanten Forstplantagen angelegt wurde, sind Konflikte um Landnutzung zwischen den InvestorInnen und der lokaler Bevölkerung bereits an der Tagesordnung, wie mehrere Studien und Filmdokumentationen belegen. Die versprochenen Arbeitsplätze und der Bau von sozialer Infrastruktur wie Brunnen, Krankenstationen und Schulen lässt auf sich warten. Die Bevölkerung, die keine Unterstützung bei der Vertretung ihrer Interessen von der lokalen Distriktverwaltung oder der Provinzregierung erhält, da die Plantagen meist "von ganz oben" genehmigt und politisch durchgesetzt werden, fühlt sich verraten und hintergangen. Zwar ist es für die lokalen Gemeinden schwierig und oft auch gefährlich, gegen die Interessen der politischen Eliten ihr Land zu verteidigen. Trotzdem gingen bereits Plantagen in Flammen auf und es kam mehrfach zu offenem Widerstand und Protesten, die von der Polizei gewaltsam niedergeschlagen wurden.

Die nach mosambikanischem Landrecht vorgeschriebenen Gemeindekonsultationen werden nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Vereinbarungen zwischen traditionellen Machthabern (régulos) und Investoren über die Begrenzung der Plantagen auf marginale Flächen werden nicht eingehalten. Die Konflikte spitzen sich immer dann zu, wenn fruchtbares Land in der Nähe der Dörfer unrechtmäßig beschlagnahmt wird. Mittlerweile gibt es Gemeinden, die vollständig von Eukalyptusplantagen umschlossen sind.

Nahrungssicherheit in Gefahr

Da in den ländlich geprägten Provinzen in Zentral- und Nordmosambik mehr als 80 Prozent der Bevölkerung von der Subsistenzlandwirtschaft leben, wird die Nahrungssicherheit der Familien durch den Verlust landwirtschaftlicher Flächen und Weiden akut bedroht. Die Lage der Kleinbäuerinnen und -bauern, die von staatlicher Seite keinerlei Unterstützung erhalten, ist durch witterungsbedingte Katastrophen wie Überschwemmungen und Dürreperioden ohnehin prekär. Wenn der Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen immer schwieriger wird, ist auch die Nahrungsmittelversorgung lokaler Märkte in Gefahr.

Ernüchterung macht sich breit, wenn nach einem oder zwei Jahren klar wird, dass die meisten der versprochenen Arbeitsplätze nur befristetet sind. In der Phase der Landvorbereitung und Pflanzung wird eine große Zahl von SaisonarbeiterInnen beschäftigt, die Arbeitsplätze werden aber drastisch gekürzt, sobald eine Plantage etabliert ist. Es kommt dann immer wieder zu Protesten entlassener ArbeiterInnen, die von der Polizei niedergeschlagen werden. Wie viele dauerhafte Arbeitsplätze tatsächlich in den Forstplantagen geschaffen wurden, lässt sich nicht feststellen, da sehr unterschiedliche Angaben über Beschäftigungszahlen existieren.

Weitere Auswirkungen

Im Gegensatz zu anderen Regionen mit großflächigen Forst-Monokulturenen, wie z.B. Südafrika, sind in Mosambik noch keine Klagen über einen sinkenden Grundwasserspiegel zu hören. Da bei Eukalyptus die Spitze des Wasserverbrauchs erst nach etwa 15 Jahren erreicht wird, werden diese Probleme und andere negative ökologische Folgen, wie der Verlust der Biodiversität, die Degradierung von Böden, Erosionsanfälligkeit und Kontaminierung des Trinkwassers durch den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden erst in einigen Jahren in Erscheinung treten.

ARA wird gemeinsam mit dem Environmental Paper Network im kommenden Jahr eine Studie zu den Auswirkungen des geplanten Zellstoffwerks in Mosambik herausgeben.


Weitere Informationen finden sich auch in der Studie "Auf dem Holzweg - Forstplantagen in Mosambik" des Koordinierungskreises Mosambik (KKM)
kkmosambik.de/content/wpcontent/uploads/2016/01/KKM_AufDemHolzweg.pdf


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Eukalyptus-Plantagen sollen nur auf "ungenutztem" Land entstehen, ... aber immer häufiger wird auch fruchtbares Ackerland beschlagnahmt.

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Quelle:
ARA Magazin 22, 2016/17, Seite 12 - 13
Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz e.V.
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Redaktion: Wolfgang Kuhlmann, Jürgen Wolters
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2017

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