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LANDWIRTSCHAFT/095: Argentinien - Wein aus Mendoza, gerüstet für den Klimawandel (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Oktober 2015

Argentinien: Wein aus Mendoza - Gerüstet für den Klimawandel

von Fabiana Frayssinet


Bild: © Fabiana Frayssinet/IPS

Weinberge des Familienunternehmens Dominio del Plata in der argentinischen Provinz Mendoza
Bild: © Fabiana Frayssinet/IPS

LUJÁN DE CUYO/Argentinien (IPS) - Im Glas schimmert der Malbec noch immer genauso tief rot wie immer. Auch der Geschmack ist unverändert gut. Der Wein aus Argentiniens beliebtester Anbauregion Cuyo in der Provinz Mendoza wird seit ein paar Jahren allerdings wesentlich umweltschonender produziert. Ziel ist es, in einer Region, die besonders der wiederkehrenden Dürre ausgesetzt ist, Wasser zu sparen.

Nur 4,8 Prozent der Fläche Mendozas im Westen Argentiniens ist grün. Auf 3,5 Prozent der Gesamtfläche wird Landwirtschaft betrieben. Dabei wird 90 Prozent des gesamten Wasserkonsums der Provinz verbraucht. Der Rest sind trockene Wüste und Städte.

Insbesondere Wein wird hier angebaut. Malbec ist nicht nur im Land selbst beliebt, sondern auch ein populäres Exportprodukt. Doch der Klimawandel macht sich in Mendoza besonders bemerkbar. Nicht nur lässt er den Schnee auf den Bergspitzen schmelzen. Vor allem sorgt er für ausgedehnte Trockenzeiten. Zwar braucht der Wein viel Sonne, aber ohne Bewässerung trocknen die Pflanzen aus.

Die lokalen Winzer haben sich daher vor vier Jahren einen wassersparenden Produktionsprozess ausgedacht. "Unser Ziel ist es, genauso viel Wein zu produzieren wie nach dem alten Verfahren. Gleichzeitig wollen wir weniger Wasser und weniger Energie verbrauchen, weniger Abfall produzieren, weniger Schadstoffe erzeugen und möglichst alle Reststoffe wiederverwerten", erzählt Germán Micic gegenüber IPS. Er ist der lokale Programmkoordinator des 'Bundesprojekts für saubere Produktion'.


Rat und Geld fürs Wassersparen

Die Initiative ist am staatlichen Sekretariat für Umwelt und nachhaltige Entwicklung angesiedelt und unterstützt rund 1.250 kleine und mittelständische Unternehmen in Argentinien. Gelder und Know-how kommen vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP und der Interamerikanischen Entwicklungsbank. In Mendoza nehmen 210 Unternehmen teil - davon 60 Weingüter. Sie können umgerechnet bis zu 28.000 US-Dollar für ihre Umstrukturierung erhalten und vor allem: Rat.

"Wir produzieren den gleichen Wein wie zuvor. Neu ist nur die Herstellungsweise", sagt Luis Romito, Vorsitzender der Nachhaltigkeitskommission der Weinkellereien Argentiniens.

Auch das Weingut Dominio del Plata in der Stadt Agrelo am Fuße der Anden hat einige der neuen Praktiken übernommen. Das kleine Familienunternehmen hat seine Ausrüstung zum Teil ausgetauscht und Produktionsverfahren geändert. So konnte die Familie einen Großteil des bisher verbrauchten Wassers einsparen.


Bild: © Fabiana Frayssinet/IPS

Weintanks bekommen Jacken, damit die Temperaturen des Getränks stabil bleiben
Bild: © Fabiana Frayssinet/IPS

Wasser wird in der Herstellung von Wein für das Waschen der Trauben benötigt, aber auch zum Erhitzen und zum Kühlen. Im Weingut Dominio del Plata wurden die Trauben wie fast überall in der Gegend per Hand gewaschen. Nun haben die Besitzer dafür eine Maschine gekauft. Der Vorgang dauert jetzt nicht mehr 20, sondern nur noch fünf Minuten. Doch das ist nicht alles. "Wir sparen pro Monat 60.000 Liter Wasser ein. In den drei Erntemonaten sind das zusammen 180.000 Liter", erzählt Marcelo del Popolo, der das Familienunternehmen in Sachen Umweltverantwortung berät. "Und das Abwasser bereiten wir selbst wieder auf und bewässern damit die Weinberge."


Klimamodelle sagen Schneeschmelze voraus

"Wir haben ein großes Wasserproblem", sagt Ricardo Villalba, Geoökologe und ehemaliger Direktor des in Mendoza ansässigen Instituts für Schnee- und Gletscherwissenschaften. "Vom Wasser hängt der Grad der regionalen Entwicklung ab." Wie viel Wasser die Provinz zur Verfügung hat, hängt davon ab, wie viel Schnee die Berghänge tragen. "Alle globalen Zukunftsmodelle weisen darauf hin, dass die Schneemengen immer mehr abnehmen werden", so Villalba, der Mitglied des Weltklimarates IPCC ist.

Die Weinindustrie trägt zu sechs Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Provinz Mendoza bei und zu 1,3 Prozent zum nationalen Bruttoinlandsprodukt. Weil 43 Prozent der Treibhausgase Argentiniens durch den Energieverbrauch entstehen, soll in den Weinkellereien neben Wasser auch Energie eingespart werden. Energie wird hier zum Heizen und Kühlen sowie für Pumpen und die Beleuchtung benötigt.

"Man kann in jedem Produktionsschritt mit kleinen Veränderungen große Mengen an Energie einsparen", sagt Micic. "Wir packen die Tanks in Jacken ein, damit die Temperaturen stabil bleiben", nennt er ein Beispiel. Effizientere Pumpen sollen alte ersetzen - auch das spart Energie. Im Weingut Dominio del Plata konnten bisher 15 Prozent der Heizenergie eingespart werden.

Von den Maßnahmen profitiert nicht nur die Umwelt, sondern letztlich auch der Geldbeutel der Firmeninhaber. "Viele Menschen denken, dass die Investition in nachhaltige Produktionstechniken teuer ist und zusätzliche Kosten verursacht. Aber das stimmt so nicht", sagt René Mauricio Valdés, Vertreter der UNDP in Argentinien, beim Besuch des Weinguts Dominio Del Plata.

Neben Weinkellern nehmen auch andere Unternehmen am Programm teil. Eines davon ist Fincas Patagónicas Tapiz, das sich auf Olivenbäume und -öl spezialisiert hat. Die Tanks, in denen das Olivenöl gelagert wird, werden nun mit sonnenerhitztem Wasser umspült. "Die Temperatur des Öls darf nicht unter 14 oder 15 Grad sinken", erklärt Unternehmenschef Sebastián Correas gegenüber IPS. "Es wird sonst zu fest, und ich kann es nicht mehr filtern." Deshalb muss er das Öl den Winter über heizen, bis es die wärmeren Temperaturen im Frühjahr ermöglichen, das Öl in Flaschen abzufüllen.

Argentinien ist bei weitem nicht das Land mit den höchsten Treibhausgasemissionen. Lediglich 0,88 Prozent der globalen Treibhausgase stammen aus Argentinien. Damit ist das Land auf Rang 22 aller Länder der Welt. Trotzdem müsse auch sein Land seinen Teil zur Rettung des Klimas beitragen, meint Villalba. "Wenn wir weiterhin führend in der Produktion von Malbec sein wollen, müssen wir uns auf den Klimawandel einstellen." (Ende/IPS/jk/26.10.2015)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2015/10/vinos-argentinos-para-brindar-por-un-planeta-mas-sostenible/
http://www.ipsnews.net/2015/10/argentine-wine-to-toast-for-a-more-sustainable-planet/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2015

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