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LANDWIRTSCHAFT/087: Schokolade - Warum sich der Kakaoanbau ändern muss (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 185 - April/Mai 2015
Die Berliner Umweltzeitung

Schokolade
Warum sich der Kakaoanbau ändern muss

von Dana Jestel


Der Kakaobaum stammt ursprünglich aus Südamerika. Ungesüßter Kakao war bei den Azteken ein Kultgetränk. Vielleicht wegen seines blutähnlichen Aussehens. Die spanischen Eroberer brachten den Kakao mit nach Europa. Sie mischten Zucker in das Getränk, und von Spanien aus verbreitete sich das Schokolade trinken als Luxus für Adlige und Reiche in ganz Europa. Die Europäer begannen damit, auf den Plantagen ihrer Kolonien Kakaobäume anzubauen und mit Kakaobohnen weltweit Handel zu treiben.

Heute ist Schokolade kein Luxus mehr, sondern geradezu alltäglich. Der Verzehr von Kakao, vor allem in Kombination mit Zucker als Süßigkeit, ist in allen Alters- und Einkommensklassen verbreitet. Die Europäer sind Weltspitze im Verspeisen von Schokoladentafeln (die beliebte Milchschokolade wurde Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt). Im Durchschnitt verzehrt jeder Deutsche elf Kilogramm Schokolade jedes Jahr.

Das Essen von Schokolade ist bei den meisten Menschen mit positiven Gefühlen verbunden. Schokolade essen macht glücklich. Aber leider, wie so oft in unserer ungerechten Welt, gilt das vor allem für die Konsumenten in den Industrieländern und nicht für die Produzenten des Rohstoffs.

Kakaobäume gedeihen nur in einem sehr speziellen Klima. Sie mögen es warm, feucht, schattig und windgeschützt. Pro Jahr trägt ein Kakaobaum 20 bis 30 Früchte, unter sehr guten Bedingungen auch 50 (die Samen einer Frucht ergeben Kakao für durchschnittlich eine Tafel Schokolade). Kakao anzubauen ist sehr arbeitsintensiv. Angebaut wird Kakao zu neunzig Prozent durch Kleinbauern. Geerntet wird kontinuierlich, da die Früchte nicht zur gleichen Zeit, sondern das ganze Jahr über reifen.

Die Hauptanbaugebiete für Kakao liegen heute in Westafrika. Der größte Teil des Kakaos, den wir verzehren stammt aus der Elfenbeinküste und aus Ghana. Die Elfenbeinküste, der weltweit größte Produzent von Kakao, hat circa 20 Millionen Einwohner. Jeder vierte lebt vom Kakaoanbau. Viele der Kleinbauern leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Sie sind direkt abhängig von schwankenden Weltmarktpreisen, Spekulation mit Kakaopreisen und dem Preisdiktat der Händler. Die Folge der Armut sind schlecht gepflegte Plantagen, ausbeuterische Kinderarbeit und eine nicht nachhaltige Landwirtschaft. Dabei braucht es nicht viel, um die Verhältnisse zu verbessern: Eine gerechte Bezahlung und faire Handelsbedingungen würde es den Bauern ermöglichen, ihre Kinder in die Schule zu schicken und in den Erhalt der Plantagen zu investieren.

Hauptprofiteur des Kakaohandels ist die Schokoladenindustrie. Die Konzerne haben mit ihrer Unternehmenspolitik direkten Einfluss auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kakaobauern. Sie kommen ihrer Verantwortung aber nicht nach und stehen zu Recht immer wieder in der Kritik, wenn es um Armut und Kinderarbeit im Kakaoanbau geht.


Kostenanteil des Rohkakaos an einer Tafel Vollmilchschockolade (100g, Preis 0.79)

35 % Supermärkte
33 % Schokoladenerzeuger. Incl. Produktions- und Marketingkosten
12 % staatliche Behörden
7 % Zwischenhändler
7 % verarbeitende Industrie (Kakaomühlen)
6 % Kakaobauern und -bäuerinnen (1980: 16 %)

Prozentzahlen lautQuelle: G. Christopher (2008): Value chain analysis and market power in commodity prossesing with application to the cocoa and coffee sectors. In: Commodity market review, 2007-2008, S. 8.


MAKE CHOCOLATE FAIR! Europäische Kampagne für faire Schokolade

Um eine Verbesserung der Einkommenssituation von Kakaobauern und -bäuerinnen und damit faire Arbeitsbedingungen und ein Ende ausbeuterischer Kinderarbeit zu erreichen, müssen die Rahmenbedingungen deutlich angepasst werden. "Bei Preisgestaltung, Handel, Weiterbildung, Grad der Organisierung und Infrastruktur muss endlich nachgebessert werden", sagt deshalb Evelyn Bahn von der INKOTA-Kampagne Make Chocolate Fair! "Kakao- und Schokoladenunternehmen tragen eine große soziale und ökologische Verantwortung, die sie zu oft wegen Profitinteressen ignorieren."

Make Chocolate Fair! ist eine europäische Kampagne für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit im Kakao- und Schokoladensektor. Die Kampagne setzt sich für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Kakaoproduzent_innen und für das Ende ausbeuterischer Kinderarbeit ein: Darüber hinaus unterstützt sie eine nachhaltige und diversifizierte Land-Wirtschaft, die die Umwelt schützt und gleichzeitig die Einkommenssituation der Bauern und Bäuerinnen verbessert. Make Chocolate Fair! wird von einer wachsenden Zahl von Menschen und Organisationen aus Europa, Afrika und Lateinamerika getragen. INKOTA koordiniert die Kampagne in Deutschland.

Gerechter Lohn und faire Preise

Die Kampagne fordert von den Unternehmen umgehend effektive Maßnahmen, um die Missstände im Kakaoanbau dauerhaft zu beenden. "Die Schokoladenhersteller müssen dazu beitragen, dass die Bauern und ihre Familien ein existenzsicherndes Einkommen aus dem Anbau von Kakao erwirtschaften können. Nur so können Armut und ausbeuterische Kinderarbeit nachhaltig überwunden werden", erklärt Bahn. Zudem sei ein unabhängiges Zertifizierungs- und Kontrollsystem notwendig, um die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards innerhalb der Kakaoproduktion zu gewährleisten. Den Schokoladenunternehmen steht der Faire Handel als wirkungsvolles und einfaches Instrument zur Verfügung, um Handel und Bezahlung fair und gerecht zu gestalten und Kinderarbeit auszuschließen.

Auch die Konsument_innen haben eine entscheidende Rolle: Durch kritisches Konsumbewusstsein und -handeln können sie Einfluss auf Unternehmensentscheidungen haben. Der Griff zur zertifizierten Schokolade oder der Gang in einen Weltladen kann die Schokoladenindustrie zum Umdenken bewegen. Doch nur durch entsprechenden Druck werden die Unternehmen ihr gesamtes Schokoladensortiment fair und nachhaltig produzieren.

Unterzeichnen Sie die Petition von Make Chocolate Fair! Ziel ist es, 100.000 Unterschriften zu sammeln, um sie der Schokoladenindustrie im Dezember 2015 zu überreichen. Je mehr Menschen hinter Make Chocolate Fair! stehen, desto weniger können die Unternehmen die Botschaft ignorieren!


Weitere Informationen

makechocolatefair@inkota.de
www.de.makechocolatefair.org


Forderungen Kampagne MAKE CHOCOLATE FAIR!

  • eine faire Bezahlung von Kakaobauern und -bäuerinnen und ihren Arbeiter_innen
  • die Einhaltung der Menschen- und Arbeitsrechte entlang der gesamten Kakao-Wertschöpfungskette und das Ende ausbeuterischer Kinderarbeit
  • die Unterstützung von Kakaobauern und -bäuerinnen bei der Umsetzung einer nachhaltigen und diversifizierten Landwirtschaft
  • die Anwendung eines unabhängigen Zertifizierungs- und Kontrollsystems

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Quelle:
DER RABE RALF
26. Jahrgang, Nr. 185, Seite 25
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47/-0, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de
 
Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: jährlich, 20 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Mai 2015

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