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KLIMA/413: Viele Worte, keine Zusagen auf Konferenz in Alaska (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. September 2015

Klima: Viele Worte, keine Zusagen auf Konferenz in Alaska

von Leehi Yona



Foto: © Leehi Yona/IPS

Teilnehmer der Konferenz 'Global Leadership in the Arctic - Cooperation, Innovation, Engagement, and Resilience' (GLACIER) am 31. August in Anchorage, Alaska
Foto: © Leehi Yona/IPS

ANCHORAGE, ALASKA[ ](IPS) - Zum Abschluss einer eintägigen Konferenz in Anchorage, der größten Stadt in der US-amerikanischen Arktisregion Alaska, haben die politischen Entscheidungsträger der Staaten der nördlichen Hemisphäre zwar die verheerenden Folgen des Klimawandels für das arktische Ökosystem anerkannt. Doch zu konkreten Gegenmaßnahmen wollten sie sich nicht verpflichten.

An der vom US-Außenministerium organisierten Tagung 'Global Leadership in the Arctic - Cooperation, Innovation, Engagement and Resilience' (GLACIER) nahmen hochrangige Vertreter von 20 Ländern teil, darunter auch die der acht arktischen Staaten Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und USA.

Staats- und Regierungsvertreter wie US-Präsident Barack Obama forderten die arktischen Länder zum Handeln auf und demonstrierten Entschlossenheit. Konkrete Maßnahmen seien nicht beschlossen worden, bemängelten Wissenschaftler und Sprecher der Zivilgesellschaft. Umwelt- und Indigenenverbände wiesen darauf hin, dass sich Obamas Einsatz für den Klimaschutz nicht mit der Tatsache vereinbaren lasse, dass er Offshore-Ölbohrungen in der Arktis gestattet habe.

Zivilgesellschaftliche Organisationen versuchen seit Monaten durch Proteste und friedlichen Widerstand den Ölmulti Shell an weiteren Bohrungen vor der Küste Alaskas zu hindern. "Die kürzlich erfolgte Billigung der Shell-Ölförderpläne in der Arktis sind ein Paradebeispiel dafür, wie weit Obamas markige Worte und die Politik seiner Regierung, fossile Brennstoffe zu fördern, auseinanderklaffen", meinte David Turnbull, Kampagnenleiter bei 'Oil Change International'.

Alle an dem Treffen teilnehmenden Länder unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung zum Klimawandel und seinen Auswirkungen auf die Arktis. Auch Kanada und Russland schlossen sich nach anfänglichem Zögern an. "Wir nehmen die Warnungen der Wissenschaftler ernst. Die Temperaturen in der Arktis steigen mehr als doppelt so rasch an wie im globalen Durchschnitt", heißt es in dem Dokument, das die vielfältigen Auswirkungen der Klimaveränderungen auf Mensch und Natur in den betreffenden Ländern aufführt.

"Da der Wandel in der Arktis in einer nicht absehbaren Geschwindigkeit fortschreitet und damit den Druck auf die Bevölkerung und Ökosysteme in einer an sich schon rauen Umgebung weiter verstärkt, sind wir mehr denn je dazu verpflichtet, Land- und Meeresgebiete in dieser einzigartigen Region für kommende Generationen zu schützen."

In der Erklärung finden sich jedoch keine konkreten Zugeständnisse - selbst nicht zu der wichtigen Frage der Förderung fossiler Energieträger in der Arktis.

Ellie Johnston von der Umweltorganisation 'Climate Interactive' hob positiv hervor, dass wenigstens das Ausmaß der Klimakrise auf der Konferenz erkannt worden sei. Dennoch werde die Bedrohung durch die Förderung und Verbrennung fossiler Energieträger in der Erklärung nicht vollständig anerkannt, kritisierte sie. Dies sei insofern relevant, als Regierungen und Unternehmen miteinander um Bohrrechte in der Region konkurrierten.

"In den arktischen Meeren können aufgrund der Klimaerwärmung leichter Bohrungen durchgeführt werden", sagte Johnston. "Je mehr Ölbohrungen durchgeführt werden, desto stärker steigen die Wassertemperaturen, was wiederum mehr Bohrungen mit sich bringt. Das ist eine Rückkopplungsschleife, die wir stoppen können."

Erdöl- und -gasunternehmen wurden auf der Konferenz dazu eingeladen, sich freiwillig der Öl- und Methangaspartnerschaft der 'Climate and Clean Air Coalition' anzuschließen. Diese Initiative soll Konzernen dabei helfen, ihre Schadstoffemissionen zu drosseln.

"Die Arktis ist in vielerlei Hinsicht ein Thermostat. Wir erkennen ihren tiefgreifenden Einfluss auf den Rest der Welt", sagte US-Außenminister John Kerry zur Eröffnung der Konferenz vor Staats- und Regierungsvertretern, indigenen Gemeinschaften und unabhängigen Organisationen. Er forderte außerdem mit Blick auf den im Dezember in Paris geplanten UN-Klimagipfel die Regierungen dringend zum Handeln auf. Es werde ein ehrgeiziges und globales Klimaabkommen benötigt, erklärte er. Der Gipfel in Paris sei noch nicht das Ende der Wegstrecke.

Obama betonte in Anchorage mehrmals, dass nicht genug getan werde. "Wir verurteilen unsere Kinder dazu, auf einem Planeten zu leben, den sie nicht mehr instandsetzen können", sagte er. Doch weder der Präsident noch der Außenminister äußerten sich dazu, dass die USA ihren internationalen Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen nicht einmal annähernd nachkommt. Das in Paris abermals diskutierte Ziel der Weltgemeinschaft, den Anstieg der globalen Temperaturen auf höchstens zwei Grad Celsius zu begrenzen, liegt für Washington in weiter Ferne. (Ende/IPS/ck/03.09.2015)


Leehi Yona studiert als Senior Fellow arktische Klimawissenschaften am 'Dartmouth College' in New Hamsphire, USA.


Link:
http://www.ipsnews.net/2015/09/strong-words-but-little-action-at-arctic-summit/

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IPS-Tagesdienst vom 3. September 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2015

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